Samstag, 12. Mai 2018

DGB-Bundeskongress vom 13. bis 17. Mai 2018 in Berlin

a) 21. Ordentlicher Bundeskongress des DGB: Lobbyismus statt Klassenanalyse

"... Unverkennbar in den vorliegenden Leitanträgen ist die Illusion,  
mit der Großen Koalition werde alles besser für die arbeitenden  
Menschen. Praktizierte der Deutsche Gewerkschaftsbund in früheren  
Jahren schon die „konzertierte Aktion“, so setzt der Bundesvorstand  
heute auf einen „gesellschaftlichen Zukunftsdialog“, wie immer der  
aussehen mag. Auf die verschärfte Gangart des Kapitals und die dadurch  
immer stärkeren gesellschaftlichen Klassengegensätze in Deutschland  
und Europa antwortet der DGB unverändert mit Sozialpartnerschaft und  
Lobbyismus. Richtschnur bei den Zukunftsaufgaben der nächsten vier  
Jahre bleibt daher „eine funktionierende Sozialpartnerschaft mit den  
Arbeitgebern“. Aus Sicht des Dachverbandes und seiner  
Mitgliedsgewerkschaften „ist dies eine unverzichtbare Erfolgsbedingung  
für die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und für  
Demokratie in Deutschland und Europa“ (Leitantrag A001). Eine  
Kehrtwende, sich wieder auf die ursprünglichen Aufgaben als  
Organisation der Arbeiter und Angestellten und der Intelligenz zu  
orientieren, findet nicht statt. In allen Anträgen ist nicht einmal  
das Wort „Sozialabbau“ zu finden. (...) Als Gegenmittel gegen die  
„Digitalisierung 4.0“ wird der Wunschvorstellung hinterhergejagt, man  
könne ohne Mobilisierung der Mitglieder an der Basis weitere  
Arbeitsverdichtungen oder Massenentlassungen verhindern. Etwa mit  
Tarifverhandlungen, mit der Bundesregierung oder den  
Unternehmerverbänden. Gleiches zeigt sich ebenso beim Verzicht auf  
eine wirkliche Arbeitszeitverkürzung (AZV) bei vollem Lohn- und  
Personalausgleich für alle Beschäftigten. (...) So ganz scheint es mit  
dem Erfolg der Verschleierung der tiefen Klassengegensätze, der  
Ideologie der Sozialpartnerschaft, dann aber doch nicht zu sein. Der  
DGB beklagt in mehreren Anträgen immer wieder die mangelnde Einsicht  
der „Arbeitgeber“ in Sachen Mitbestimmung und beim  
Betriebsverfassungsgesetz. Erwartungsgemäß bleibt es bei dieser Art  
von Klassenzusammenarbeit beim Appell an die Unternehmerverbände,  
endlich mit der Be- und Verhinderung der Arbeit von Betriebs- und  
Personalräten und mit der gezielten Bekämpfung von Gewerkschaften  
(Union Busting) aufzuhören.  Zu kurz kommt auch die Verschärfung und  
Überwachung von Bürgerinnen und Bürger durch Polizei und Politik..."  
Artikel von Herbert Schedlbauer vom 7.5.2018 (pdf) - wir danken!
http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2018/05/dgb2018schedlbauer.pdf

b) Politik der Ermöglichung, Kurs der Zurückhaltung

"Von »gewaltigen Aufgaben« ist in einem der Leitanträge zum  
DGB-Kongress die Rede: gegen Rechtsruck, Ungleichheit, kapitalistische  
Zumutungen. Wird die Politik des Dachverbandes in den kommenden Jahren  
dem gerecht? Ein Überblick zum »Parteitag« der Gewerkschaften. (...)  
Das Antragsheft umfasst 287 Seiten, größere Konflikte um die Ziele und  
das Selbstverständnis des DGB sind bisher – von der Frage der  
Klimaziele abgesehen – nicht bekannt geworden. Die bisher doch eher  
sehr zurückhaltende mediale Wiederspiegelung des wichtigsten  
politischen Wahltreffens des größten gewerkschaftlichen Dachverbandes  
könnte man auch als Hinweis auf dessen derzeit eher randständige Rolle  
ansehen. Das hat was mit der traditionellen Dominanz starker  
Einzelgewerkschaften zu tun, die im Vordergrund stehen, zumal wichtige  
Tarifrunden gerade erst liefen. Es hat aber wohl auch damit zu tun,  
dass der DGB sich zum Fürsprecher einer Großen Koalition gemacht hat,  
die er zwar nicht als erstrebenswert angesehen hatte, von deren  
Alternativen, vor allem Jamaika, die Gewerkschafter allerdings nicht  
weniger hielten. Ohnehin stand das gesellschaftspolitische Mandat des  
Gewerkschaftsverbandes in den vergangenen Jahren nie ganz vorn im  
Schaufenster. (...) Die Forderung des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen,  
den Mindestlohn auf 13,50 Euro anzuheben,  wird da zu einem Antrag  
zurechgestutzt, die Lohnuntergrenze »mittelfristig« auf »ein  
existenzsicherndes Niveau« zu bringen. (...) Der Begriff  
»Kapitalismus« taucht im ganzen Antragsheft nur fünf Mal auf, das Wort  
»Klasse« lediglich im Zusammenhang mit Schule und Problemen, durch die  
Beschäftigte in solche »erster und zweiter Klasse« geschieden werden.  
(...) Niemand erwartet einen DGB, der sich in revolutionäre Pose  
wirft. Aber ein Gewerkschaftsdachverband, der auf der Höhe der  
gesellschaftlichen Kritik steht – das wäre doch kein Überforderung?"  
Der OXI-Überblick vor dem DGB-Bundeskongress vom 09.05.2018
https://oxiblog.de/politik-der-ermoeglichung-kurs-der-zurueckhaltung-der-oxi-ueberblick-vor-dem-dgb-bundeskongress/

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