Von Knut Hildebrandt
Poonal v. 6.1.18(Berlin, 6. Januar 2018, npl).- Kurz vor Beginn der Weihnachtsferien wurde in Mexiko das neue „Gesetz zur Inneren Sicherheit“ verabschiedet. In den frühen Morgenstunden des letzten Sitzungstages des Jahres 2017 stimmte der mexikanische Senat dem Gesetzesentwurf zu. Dieser wurde bereits Ende November von der Abgeordnetenkammer mit Stimmen der regierenden PRI und ihrer Koalitionspartner von der PAN und der Grünen Partei (PVEM) abgesegnet. Wenige Stunden nach der Verabschiedung durch den Senat bestätigte die Abgeordnetenkammer im Schnelldurchgang alle vom Senat eingebrachten Änderungen. Anwesend war dabei gerade mal die Hälfte der Abgeordneten.
Das „Gesetz zur Inneren Sicherheit“ wird sowohl von
Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, als auch nationalen und
internationalen Menschenrechtsorganisationen abgelehnt. Sogar aus
dem Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte wurde Bedauern
über die Verabschiedung des Gesetzes geäußert. In einer
Pressekonferenz erklärte die Sprecherin des Büros, dass nach
Auffassung des Hochkommissars Zeid Ra’ad Al Hussein die Polizei
und nicht das Militär für die innere Sicherheit zuständig sei.
„Das Land solle sich auf eine Reform der Polizei konzentrieren und
nicht das Militär zu einem wesentlichen Teil der inneren
Sicherheit machen“, ergänzte sie und erinnerte daran, dass das
UN-Hochkommissariat sich bereits vor seiner Verabschiedung gegen
das „Gesetz zur Inneren Sicherheit“ ausgesprochen hatte.
Übernahme von Polizeiaufgaben durch das Militär
Vor allem die ab jetzt zulässige Übernahme von Aufgaben der
Polizei durch das Militär steht heftig in der Kritik. Damit
legalisiert das neue Gesetz, was seit 2006 bereits gängige Praxis
ist. Seit Beginn des Krieges gegen die Drogen werden zunehmend
Angehörige von Armee und Marine gegen die Kartelle eingesetzt. Oft
kommt es dabei zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen. Und
nicht selten sind auch Akteur*innen zivilgesellschaftlicher
Organisationen Ziel der Einsätze.
Die Kritiker*innen des „Gesetzes zur Inneren Sicherheit“
befürchten unter anderem, dass es zu einem weiteren Anstieg der
Menschenrechtsverletzungen kommen wird. Denn weitreichende
Polizeiaufgaben können dem Gesetz entsprechend nun auf das Militär
übertragen werden. Diese gehen über die Verhaftung von
Straftäter*innen hinaus und schließen die Untersuchung von
Straftaten und sogar geheimdienstliche Aufgaben ein. Und das alles
ohne der zivilen Gerichtsbarkeit zu unterstehen oder von zivilen
Behörden kontrolliert werden zu können. Ausgelöst werden kann der
Einsatz unter anderem durch die alleinige Entscheidung des
Präsidenten.
Der Menschenrechtsaktivist Pater Alejandro Solalinde Guerra sieht
deshalb in der Verabschiedung des Gesetzes auch den Versuch, die
Präsidentschaftswahlen 2018 zu manipulieren. „Die Streitkräfte
sind bereits politisiert. Durch das Oberkommando dienen sie schon
jetzt der PRI-Regierung, dem Regime und der Oligarchie“, sagte er
in einem Interview mit der Zeitung „Noroeste“.
Kritische Stimmen sollen mundtot gemacht werden
Ebenfalls in letzter Minute wurde das sogenannte Ley Mordaza
verabschiedet. Als „Maulkorbgesetz“ wird diese Änderung des
Zivilrechts bezeichnet. Diese erlaubt es denjenigen auf
Schadensersatz zu verklagen, der Informationen in Umlauf bringt,
welche andere in Misskredit bringen können. Das soll auch dann
gelten, wenn besagte Informationen der Wahrheit entsprechen. Das
Recht auf freie Meinungsäußerung darf nach Auffassung der
Gesetzgeber*innen nicht das Recht auf unbeflecktes Ansehen und die
Ehre beeinträchtigen.
Sowohl durch die Militarisierung der Sicherheitsapparates als
auch die weitere Einschränkung der Meinungsfreiheit verabschiedet
sich Mexiko einmal mehr von elementaren demokratischen
Grundwerten. Doch gerade die gemeinsamen Grundwerte werden in
Deutschland stets beschworen, wenn trotz massiver
Menschenrechtsverletzungen die Wirtschaftsbeziehungen zu Mexiko
ausgebaut oder Waffen in das Land exportiert werden sollen.
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