Samstag, 16. September 2017

[Tarifrunde 2017] ver.di-Kampagne zur Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen im Handel: „Einer für alle – Tarifverträge, die für alle gelten!“



a) Ver.di macht in Klein-Klein. Mäßige Tarifabschlüsse im Einzelhandel

"Gemeinsam kämpfen, gemeinsam siegen. Ein durchschlagendes Argument,  
sich gewerkschaftlich zu organisieren. Doch auf dem Weg dahin, gilt es  
zunehmend Klippen auch innerhalb der Gewerkschaften zu umschiffen.  
Bestätigt wurde dies jetzt durch den Alleingang des Landesverbandes  
Baden-Württemberg der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)  
im Fachbereich Handel. Dieser preschte am 27. Juli vor und schloss  
einen Tarifvertrag ab. Zeitgleich war aus Stuttgart zu hören „mehr sei  
nicht drin gewesen“. Das ursprüngliche Ziel werde in absehbarer Zeit  
mit den zur Verfügung stehenden Arbeitskampfmitteln nicht zu erreichen  
sein, betonte der ver.di Landesfachbereichsleiter Handel und  
Verhandlungsführer Bernhard Franke für den Einzelhandel im  
Schwabenland. Woher kommt dieses plötzliche „Schwächeerkenntnis“? Was  
ist der Hintergrund, den Arbeitskampf nicht weiter zu führen? Etwa  
eine noch stärkere Orientierung auf die viel beschworene  
Sozialpartnerschaft? Ein weiterer Grund dürfte die Bundestagswahl am  
24. s dem Wahlkampf heraus halten. Dies berichten Mitglieder der  
hessischen Tarifkommission und ver.di Sekretäre aus mehreren  
Landesbezirken. Ähnliches erlebten die Erzieherinnen schon einmal.  
Auch damals sollte der Arbeitskampf nicht in den Wahlkampf getragen  
werden..." Kommentar von Herbert Schedlbauer vom 12.9.2017 (pdf)
http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2017/09/eh2017schedlbauer.pdf

b) Tarifkommissionen aller Länder vereinigt euch. Trotz  
Tarifkoordination wurde der Arbeitskampf im Einzelhandel abgewürgt

"In Ver.di wird gerade viel über strukturelle Veränderungen und  
Organisationsumstellungen diskutiert, wobei bisher leider politische  
hinter finanziellen Überlegungen zurückstehen. Am Beispiel des jähen  
Endes der Tarifrunde Einzelhandel mit dem unerwarteten Abschluss in  
Baden-Württemberg wird aber offenkundig, wie wichtig die Einigung auf  
tarifpolitische Grundsätze ist, um zukünftigen Frust und eine unnötige  
eigene Schwächung zu vermeiden. (...) Trotz des eindeutigen  
Meinungsbilds unter den Landesfachbereichsleitern (acht Gegenstimmen,  
eine Abwesenheit, eine Pro-Stimme) kam es am 27.Juli 2017 in  
Baden-Württemberg zu einer erneuten kurzfristigen sechsten  
Verhandlungsrunde, die mit dem Abschluss eben dieses inoffiziellen  
Angebots, ergänzt um 50 Euro Einmalzahlung im ersten Jahr, endete. Die  
Tarifrunde Einzelhandel endete damit faktisch noch bevor aufgrund der  
zeitlich weit auseinanderliegenden Auslauftermine der Tarifverträge  
auch nur alle Bundesländer richtig in die Streikaktivitäten einsteigen  
konnten. (...) Das Tarifergebnis war aber nicht das tatsächliche  
Ergebnis der aktuellen Kräfteverhältnisse, diese wurden vielmehr, wie  
beschrieben, gedeckelt, was zur zweiten, noch wichtigeren Lehre aus  
der Tarifrunde führt: dass es nämlich dringend einer Überarbeitung von  
Qualität und Form tarifpolitischer Absprachen und Koordinierungsarbeit  
im Fachbereich bedarf. Denn der Frust und das Gefühl, passiv gestellt  
worden zu sein, stellt sich vor allem bei denjenigen ein, die die  
Tarifrunde am aktivsten und eigenständigsten gestaltet haben. Den  
aktiven Kolleginnen und Kollegen ist bekannt, dass im Handel aus einer  
Minderheitenposition heraus gekämpft und gestreikt wird. Aus dieser  
Position heraus waren wir in der Vergangenheit nicht nur in der Lage,  
kontinuierlich das Niveau der Entgelte anzuheben, wir konnten auch  
größere Angriffe der Arbeitgeberseite zurückschlagen. Jetzt fühlen  
sich die Kolleginnen und Kollegen um das Ergebnis ihrer eigenen Kraft  
betrogen..." Beitrag von Karin Zennig in der Soz Nr. 09/2017 (Karin  
Zennig ist Gewerkschaftssekretärin bei Ver.di im Fachbereich Handel in  
Frankfurt am Main)
http://www.sozonline.de/2017/09/tarifkommissionen-aller-laender-vereinigt-euch/

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