Samstag, 16. September 2017

[Hoppetosse] Newsletter bundesweit (Sept. 2017): Spannende Strafprozesse und Trainings ++

Hallo,
ungewöhnlich viel Zeit ist seit dem letzten Newsletter vergangen. Zwischenzeitlich sind die Sommeraktionscamps durch, das Wetter gestaltet sich herbstlich und es passiert etwas, womit jahrelang niemensch mehr gerechnet hätte: Die www.projektwerkstatt.de soll in den nächsten Tagen auf eine neue Programmierungsplattform gehievt werden. Es wird dann sicherlich noch einige Zeit dauern, bis alles wieder sinnvoll läuft. Aber wir hoffen, dass dann die Internetseiten übersichtlicher und besser handhabbar sind. Neu wird auf jeden Fall ein Verzeichnis aller Bücher in unserem Archiv sein, d.h. Ihr könnt gucken, was wir alles so haben und ob sich das Vorbeikommen lohnt.
Die nächste größere Sache steht in Berlin an: Proteste gegen das Weltpsychiater*innentreffen - und vorher zur Mobilisierung die Doppelpremiere einer neuen Ton-Bilder-Schau made in Projektwerkstatt. Die könnt Ihr auch in Eure Städte und Regionen einladen. Ich hoffe, dass es dadurch endlich gelingt, den Widerstand gegen diese dunkelsten Ecken der Republik ingang zu bekommen. Dass inzwischen zwei führende Psychiater die Frechheit besessen haben, offen zuzugeben, eine Person wie Pippi Langstrumpf am liebsten einzusperren und zwangszubehandeln, könnte eine schöne Pointe unserer Aktionen sein. Ich würde mich freuen, wenn viele nach Berlin kommen - Pippikostüme werden wir dabei haben. Aus Gießen und Umgebung fahren wir damit, mit weiteren Aktionsmaterialien und unseren Soundsystem zu den Protesten, um die zu unterstützen.
Ansonsten stehen eine Reihe spannender Strafprozesse an, die Idee des UmsonstZuges soll nun auch in anderen Städten steigen usw. ... lest einfach die folgenden Absätze.
Gruß, diesmal nicht aus der Projektwerkstatt, sondern von meiner Tour Rügen - Rostock - Hamburg sendet ... Jörg

Welt-Psychiater*innen-Treffen in Berlin - und Proteste dagegen

Am 8. Oktober beginnt in Berlin (CityCube und südliches Messegelände - Eingang durch Messeeingang Süd) das Weltpsychiater*innentreffen. Mehrere Gruppen rufen zu Demonstrationen ab Sonntag, den 8.10. bis mindestens Montagnachmittag auf. Neben der Kritik an den heutigen Bedingungen hinter Mauern und Stacheldraht, bei Fixierungen und Zwangsmedikation sowie an der Willkür von Diagnosen sollen die Finger in die Wunde der Vergangenheit gelegt werden. Psychiatrien erwiesen sich im Dritten Reich als willfährige Mörder, die auf Befehl und aus eigenem Antrieb handelten. Das Morden ging in versteckterer Form auch lange nach 1945 noch weiter.
Beteiligt Euch an den Protesten - und organisiert Euch vor Ort, damit wir es endlich schaffen, diesen dunklen und bislang weitgehend vergessenen Fleck menschenverachtender Umgangsformen zu demaskieren und möglichst schnell zu stoppen.
Zur Mobilisierung gibt es in Berlin zwei Infoabend zur Zwangspsychiatrie - und die haben es in sich. Es sind die Premieren einer neuen Ton-Bilder-Schau im Stile von "Fiese Tricks von Polizei und Justiz", aber diesmal zur Zwangspsychiatrie. Hier die Einladung mit Terminen:
Premiere am 5. Oktober in Berlin, zweite "Aufführung" am 7. in Potsdam - und dann auch bei Euch???
Neue Ton-Bilder-Schau ist fertig - diesmal zum Thema Zwangspsychiatrie!
Ihr könnt Euch noch an "Fiese Tricks von Polizei und Justiz" erinnern? Oder an "Monsanto auf Deutsch" bzw. "Die Mischung macht's"? Dann freut Euch auf die vierte Ton-Bilder-Schau aus der Projektwerkstatt. Die dreht sich um Zwangspsychiatrie, trägt den Titel "" und hat folgende Beschreibung:
240.000 Menschen werden jedes Jahr in Deutschland gegen ihren Willen psychiatrisch zwangsbehandelt. Solche "Behandlungen" haben es in sich. Es sind qualvolle Unterwerfungsrituale, bei denen die eine Seite alle Macht hat und die andere keine. Das geben die Chefs deutscher Kliniken selbst zu. Der Wille des Patienten würde gar nichts zählen, schrieb der Leiter einer forensischen Psychiatrie in einem Brief an die Vorsorgebevollmächtigte eines Gefangenen - und erteilte ihr Hausverbot. Auch andere Verbrechen geben die Täter*innen in Weiß offen zu: Wenn passende Medikamente fehlen, würden halt andere genommen. Die seien dann zwar nicht zugelassen, aber das mache nichts. Disziplinarmaßnahmen würden als Therapie verschleiert. 18 bis 25 Jahre kürzer würden Menschen leben, die über lange Zeit Psychopharmaka nehmen - in der Regel: nehmen müssen. Der Staat hat mit den geschlossenen Psychiatrien Räume geschaffen, in denen die Untergebrachten Freiwild sind. 359 Euro erhalten die Kliniken dafür pro Tag und Person. Die Klinikärzt*innen sitzen selbst vor Gericht und schreiben die Gutachten, die ihnen die Betten füllen. Über Fördervereine organisieren sie ein zusätzliches, undurchsichtiges Umfeld. Die Ton-Bilder-Schau des investigativen Journalisten Jörg Bergstedt gibt einen tiefen Blick hinter die Kulissen der Zwangspsychiatrie, dargestellt vor allem an Unterlagen, die aus den Psychiatrien selbst stammen. Den Abschluss bildet die Frage, wie eine Welt ohne Zwangsbehandlungen aussehen könnte - und was das alles mit Pippi Langstrumpf zu tun hat.
Das gesamte Wochenende vor den Protesten läuft in Berlin das Bundestreffen des Bundesverbandes der Psychiatrie-Erfahrenen (BPE) - siehe bpe-online.de.

Sehr spannend: Braunkohle-Widerstand und ein Schauprozess

Am 23. Oktober steigt der lang erwartete Strafprozess in Sachen Ankettblockade eines Braunkohlezugs. Es war, während des Klimacamps 2012 durchgeführt, die (vermutlich) erste Blockade dieser Art und trug, zusammen mit dem Klimacamps, der Besetzung des Hambacherforstes und anderer spektakulärer Aktivitäten dazu bei, dass aus dem regionalen ein internationaler und großer Widerstand wurde, der das Thema Braunkohle spürbar in den Mittelpunkt politischer Auseinandersetzung gebracht hat. Die richtet sich gegen die Erweiterung von Tagebauflächen, den Abriss von ganzen Orten, das Verfeuern der Kohle, den Massenausstoß von Klimagasen und insgesamt ein Wirtschaftssystem, was all diese Zerstörung bewirkt und braucht. Das Ziel der symbolischen Aktionen wurde erreicht: Inzwischen ist der Braunkohlewiderstand breit und politisch wirksam geworden. Die Durchsetzung des Kohleausstiegs scheint möglich. Damit ist die Grundlage für einen Freispruch nach § 34 StGB geschaffen, denn neben den Rechtfertigungsgründe für die Aktion (Schutz des Klima usw.) war die Aktion auch wirksam und angemessen - zwei wichtige Kriterien des Paragraphen, der regelt, dass mensch Gesetze brechen darf, um höherwertige Ziele zu erreichen. Die Anklage bietet aber noch eine zweite hervorragende Möglichkeit, die Verfeuerung von Kohle und ihre Folgen zu thematisieren. Denn diese ist für die Versorgung der Bevölkerung nicht lebenswichtig. Die Anklage behauptete das aber einfach mal so und bastelte daraus den Vorwurf nach § 316b, Abs. 1 Nr. 2, 2. Variante, also die Behinderung "eines für die Versorgung der Bevölkerung lebenswichtigen Unternehmens". Was aber soll an einer Kohlebahn wichtig sein, die Brennstoff für Exportstrom liefert? Dient die Braunkohle nicht eher der Ent- als der Versorgung der Bevölkerung? Im Prozess müssen also Sinnhaftigkeit und Folgen von Braunkohleabbau und -verstromung geprüft werden - und das bei Frage- und Antragsrecht der Angeklagten und ihrer Verteidiger*innen. Ziel ist ein Freispruch, weil Braunkohle überflüssig und/oder der Widerstand gerechtfertigt ist - 2012 genauso wie heute!!!
Gesucht ist noch eine Person (oder auch mehrere), die als Laienverteidiger*in mitmacht und sich mit den Energiezahlen auskennt, also sauber nachrechnen und entsprechend nachweisen kann, wie überflüssig Braunkohle ist und welche Schäden dadurch entstehen. Es hatte sich schon ein Mensch darauf vorbereitet, kann aber an dem Termin leider nicht. Wer springt ein???

Ebenfalls spannend: Strafprozesse heizen die Schwarzfahr-/Nulltarifsdebatte an

Neue Runden gibt es auch im Kampf um die Frage, ob gekennzeichnetes Schwarzfahren straffrei ist oder nicht - und um Schwarzfahren überhaupt. Los geht es in Hildesheim. Dort ist ein Fahrrad ohne Fahrkarte gefahren. Eigentlich war alles gut und das Fahrrad zusammengeklappt, wie sich das gehört. Da es aber so breiter war und dann ein anderes Fahrrad (mit Fahrkarte) nicht mehr gepasst hätte, wurde es wieder entfaltet. Dem Schaffner aber gefiel das nicht und es folgte eine Strafanzeige ... nein, nicht gegen das Fahrrad, sondern gegen dien Besitzi, dier jedoch für sich eine Fahrkarte hatte. Ort und Zeit: Di, 26.9. um 13:45 Uhr im Amtsgericht Hildesheim (Kaiserstraße 60, Saal 125).
Die zwei weiteren Prozesse haben dann die Frage des gekennzeichneten Schwarzfahrens zum Thema. In beiden Fällen waren die Angeklagten mit einem gut sichtbaren Schild unterwegs. Der Termin im Dezember ist dabei die Wiederholungsveranstaltung aufgrund der Revision beim OLG Frankfurt. Im ersten Durchlauf gab es einen Freispruch. Und diesmal? Die beiden Termine:
  • Do, 19.10. um 11 Uhr in Saal 16 des Amtsgerichts Mainz
  • Mi, 6.12. um 9 Uhr am Landgericht Gießen (Ostanlage15, Raum 227)
Mehr Infos zu all dem unter www.schwarzstrafen.tk. Und noch wichtiger: Mitmachen!

Nachrichten

  • Weiterhin läuft die Unterschriftenaktion zur Entkriminalisierung des Containerns (Infos und Download der Liste über 242.blogsport.de). Wir steuern jetzt wieder auf die heiße Phase zu. Nach Wahl und Konstituierung des Bundestages werden wir das wieder als ePetition einreichen. Bis dahin (also mindestens bis Ende Oktober) lohnt es sich weiter, die Unterschriftenliste in Umlauf zu bringen - per Rundmail, auf Internetseiten, zum Ausschneiden in Rundbriefen und Zeitungen. Direkter Link zu Liste: http://242.blogsport.de/images/Petitionsliste.pdf. Der Strafprozess in Aachen, wegen dem die ganze Sache im Frühjahr ingang kam, ist übrigens kleinlaut eingestellt worden. Es gibt aber schon neue ...
  • Der Taschenkalender für 2018 ist fertig. Fürs nächste Jahr gibt es also den "Direct Action Kalender" geben - zum Schwerpunkt "Offensiver Umgang mit der Justiz" ... viele Aktionstipps, Paragraphen und ihre subversive Umgehung, dazu viel Service und ein attraktives Kalendarium. Wir würden uns freuen, wenn Ihr davon ein paar Stück abnehmt und weiter vertreibt. Die Preise: 4 Euro für 176 Seiten in A6-Format - einschließlich cooler Gimmicks als Beilage. Rabatte: Ab 3 Stück: 3 Euro, ab 10 Stück: 2,50 Euro, ab 50 Stück 2 Euro. Jeweils plus Porto, wenn wir es verschicken (müssen).
  • Eher traurig ist die Nachricht, dass es einer Person gelungen ist, sind innerhalb eines Monats durchaus netter und intensiver Mitarbeit in der Projektwerkstatt und Umfeld soviel Vertrauen zu erwerben, dass er einige Zeit allein in der Projektwerkstatt war und das ausnutzte, durch Entwenden von Bargeld, Plündern und Überziehen von Konten usw. fast 2800 Euro zu erbeuten. Vieles spricht dafür, dass er schon vorher auch andere linke Zusammenhänge ebenso um (kleinere) Geldmengen beklaut hat - und das auch in anderen Städten so gemacht hat. Es ist durchaus möglich bis wahrscheinlich, dass er das in anderen Städten auch so macht, weil er in einer Reaktion auf das Bekanntwerden sich noch selbst als Robin Hood aufgespielt hat, der linke Projekte plündert und das Geld an Arme verteilt. Für Letzteres gibt es allerdings keinerlei Beleg. Diese Info bekommt Ihr, um vielleicht etwas achtsamer zu sein. Die Person nannte sich "Sven" und gab sich als Obdachloser aus. Ein Foto liegt hier vor, ich will das aber nicht breiter treten als nötig - auch wenn die Projektwerkstatt, die ja weitgehend ohne Geld organisiert wird, den finanziellen Schlag von 2.700 Euro nur deshalb verdauen kann, weil eben kein Geld gebraucht wird im Alltag. Das Konto, von dem die Projektwerkstatt hier lebt, ist allerdings erstmal fett überzogen. Neue Buchprojekte kann es erstmal nicht geben - und nur durch den Verkauf von Büchern, dem Direct-Action-Kalender usw. werden wir wieder flüssig werden.
  • Das Umweltmagazin "grünes blatt" ist als offenes Medium geschlossen worden. Das geschah von einer Teilgruppe der Redaktion, die eigenmächtig eine unerwünschte Person auf der internen Mailingliste zensiert hat und dann, nachdem der dadurch zu einem Machtkampf gewandelte Streit um interne Arbeitsstrukturen auch wegen dieses bereits vollzogenen Machtdurchgriffs nicht gelöst werden konnte, einfach die Zeitung für nicht-mehr-offen erklärt und übernommen hat. Wer logisch denken kann, begreift natürlich sofort, dass dann, wenn ein Teil einer Redaktion handstreichartig eine Struktur schließen kann, diese auch nie wirklich offen war. Aber das kann letztlich egal sein. Ich wünsche der neuen Truppe Erfolg bei einer hoffentlich inhaltlich guten Zeitung - aber mit hierarchiefreien Projekten hat das nichts mehr zu tun. Projektwerkstatt und SeitenHieb-Verlag sind ohnehin ja rausgeworfen, aber so sind wir auch nicht mehr scharf drauf ...
  • Es gibt erste Städte, in denen überlegt wird, auch UmsonstZüge zu machen. Das ist eine gute Idee. Unter facebook.com/umsonstzug gibt es Infos zu dieser Aktion in Gießen, ein Film zeigt das Geschehen (https://youtu.be/4sKVS4mtUCU). Gerne kommen wir auch mal vorbei und können Euch beraten bzw. uns austauschen, wie das am besten in Euer Stadt funktioniert (vielleicht auch verbunden mit einer passenden Veranstaltung z.B. zu Konsumkritik-Kritik, wenn mensch denn schon mal kommt).

Kleine bis große Aufgaben ... wer kann helfen?

Hier folgt eine Liste anstehender Aktivitäten, die gerade hilfreich wären für kreative Widerständigkeit. Wer kann was übernehmen?
  • Gerichtsanträge überarbeiten? Auf der Seite www.prozesstipps.tk gibt es einen Downloadbereich sehr vieler Standardanträge. Die sind teilweise schon einige Jahre alt - und sicherlich fehlen auch etliche, die in den letzten Jahren irgendwo verfasst wurden. Allen nützt es, wenn die Anträge vollständig, gut sortiert und aktuell erreichbar sind. Wer hat Lust, die mal alle durchzuchecken?
  • In der Projektwerkstatt sind stets kleine Reparaturen zu machen, darunter auch einige Spezialitäten, in die sich gerne Leute mal einarbeiten könnten, um Geräte wieder instandsetzen und -halten zu können, z.B. unsere Druckergeräte. Eine Liste der anstehenden Tätigkeiten und eine Suchliste für Materialspenden befindet sich auf www.projektwerkstatt.de/gesucht.
  • Und natürlich: Direct-Action-Kalender 2018 vertreiben ... (und am besten auch weitere Bücher - jetzt ausnahmsweise auch mal aus finanziellen Gründen nötig, damit die Projektwerkstatt nicht nur über ein Arbeitskonto im Minusbereich verfügt ...).

Gesamt-Terminübersicht

  • 2.-5.10 im Rheingau bei Mainz/Wiesbaden: Gerichtsprozess-Training - sich selbst verteidigen, und zwar richtig!
    Vom Morgen des 2. bis zum 5. Oktober 2017 wollen wir im Rheingau bei Mainz/Wiesbaden zusammen die Abläufe vom Strafgerichtsverfahrenkennenlernen und einen selbstbestimmten Umgang damit entwickeln. Schwerpunkte des Trainings sind:
    - theoretische Einführung in die Rahmenbedingungen und den Ablauf von Gerichtsverfahren
    - Einbinden von politischer Argumentation in die Verteidigung
    - Aufbauen eines selbstbewussten Umgangs mit Justiz
    - Erproben offensiver, kreativer Prozessführung im Rollenspiel
    - Vorbereiten des anstehenden Gerichtsprozess gegen eine Utopist*in.
    - und die, die dann noch wollen, können das Gelernte dann im realen Gerichtsprozess am 5.10. im Amtsgericht anwenden. Das Training ist selbstorganisiert, das heißt, wenn wir alle zusammen anpacken, kriegen wir´s wuppt. Essen containern und foodsharen, gemeinsam Kochen oder eine Küchencrew finden … Anmeldung und mehr Infos bei Nik von living utopia: incontro@posteo.de
  • Mittwoch, den 4.10 um 20h in Berlin (Systemfehler/Schenkladen, Jessnerstr. 41, 10247 Berlin, Nähe S/U-Frankfurter Allee bzw. M13 Station Scharnweberstr.): Vortrag und Diskussion "Konsumkritik-Kritik ... warum sich die Welt am Ladenregal nicht besser kaufen lässt?"
    Überall dröhnt die Werbung: Ändere Dein Leben und Du änderst die Welt! Nachfrage regelt das Angebot! Ethische Geldanlagen, Kaufen mit gutem Gewissen usw. Warum aber wird die Welt nicht besser, sondern nur der Bio-, Fahrrad- und Solarladen zu einem Kommerztempel? Der Vortrag widerlegt die These von der großen Verbraucher_innenmacht und zeigt, dass die Selbstreduzierung auf's Dasein als Konsument_in vor allem denen dient, die nichts als Profit im Sinn haben. Für Mensch und Umwelt aber geht es um mehr als sich mit der Rolle des Bezahlenden im Kapitalismus zufrieden zu geben.
    Der Referent, Jörg Bergstedt, ist Autor zahlreicher Ökologiebücher (z.B. "Monsanto auf Deutsch") und des Büchleins "Konsumkritik-Kritik". Infoseite: www.konsumkritik-kritik.tk
  • Do, 5.10. um 19 Uhr in Berlin-Kreuzberg (Mehringhof, Gneisenaustr. 2): Wo Pippi eingesperrt, gedemütigt, fixiert und vollgepumpt mit Psychopharmaka 20 Jahre früher sterben würde ... die Ton-Bilder-Schau zu Anspruch und Wirklichkeit hinter psychiatrischen Mauern und ZäunePremiere: Die Schau wird erstmals gezeigt - aus Anlass des am 8.10. in Berlin beginnenden Weltpsychiaterkongresses!!!
    240.000 Menschen werden jedes Jahr in Deutschland gegen ihren Willen psychiatrisch zwangsbehandelt. Solche "Behandlungen" haben es in sich. Es sind qualvolle Unterwerfungsrituale, bei denen die eine Seite alle Macht hat und die andere keine. Das geben die Chefs deutscher Kliniken selbst zu. Der Wille des Patienten würde gar nichts zählen, schrieb der Leiter einer forensischen Psychiatrie in einem Brief an die Vorsorgebevollmächtigte eines Gefangenen - und erteilte ihr Hausverbot. Auch andere Verbrechen geben die Täter*innen in Weiß offen zu: Wenn passende Medikamente fehlen, würden halt andere genommen. Die seien dann zwar nicht zugelassen, aber das mache nichts. Disziplinarmaßnahmen würden als Therapie verschleiert. 18 bis 25 Jahre kürzer würden Menschen leben, die über lange Zeit Psychopharmaka nehmen - in der Regel: nehmen müssen. Der Staat hat mit den geschlossenen Psychiatrien Räume geschaffen, in denen die Untergebrachten Freiwild sind. 359 Euro erhalten die Kliniken dafür pro Tag und Person. Die Klinikärzt*innen sitzen selbst vor Gericht und schreiben die Gutachten, die ihnen die Betten füllen. Über Fördervereine organisieren sie ein zusätzliches, undurchsichtiges Umfeld. Die Ton-Bilder-Schau des investigativen Journalisten Jörg Bergstedt gibt einen tiefen Blick hinter die Kulissen der Zwangspsychiatrie, dargestellt vor allem an Unterlagen, die aus den Psychiatrien selbst stammen. Den Abschluss bildet die Frage, wie eine Welt ohne Zwangsbehandlungen aussehen könnte - und was das alles mit Pippi Langstrumpf zu tun hat.
  • Sa, 7.10. um 16 Uhr in Potsdam (Madia, Lindenstr. 47): Wo Pippi eingesperrt, gedemütigt, fixiert und vollgepumpt mit Psychopharmaka 20 Jahre früher sterben würde ... die Ton-Bilder-Schau zu Anspruch und Wirklichkeit hinter psychiatrischen Mauern und Zäune ... Näheres siehe 5.10.
  • 6.-8.10. in Berlin (Jugendherberge): Jahrestreffen des BPE (Bundesverband Psychatrie-Erfahrener)
  • 8./9.10. in Berlin: Demo zum Weltpsychiater(WPA)-Kongress (Eingang Messe Süd) ++ Einladungsschreiben BPE ++ Aufruf und Programm der BPE-Demo ++ Infoseite von Berliner Initiativen und deren Zeitung "Fake science. Real harm."
  • Do, 19.10. um 11 Uhr in Saal 16 des Amtsgerichts Mainz: Prozess wegen Schwarzfahren mit Kennzeichnung
  • Mo, 23.10. um 9 Uhr am Amtsgericht Kerpen (Nordring 2-8, Saal 110/1. Etage): Strafprozess wegen der Kohlezugblockade 2012 (Hambachbahn)
    Die Kohlezugblockade war neben der Besetzung des Hambacherforstes der Auftakt zu einer intensiven Phase des Widerstandes gegen die Erweiterung von Tagebauflächen, den Abriss von ganzen Orten, dem Verfeuern der Kohle und des Massenausstoßes von Klimagasen. Das Ziel der symbolischen Aktionen wurde erreicht: Inzwischen ist der Braunkohlewiderstand breit und politisch wirksam geworden. Die Durchsetzung des Kohleausstiegs scheint möglich. Die Anklage bietet hervorragende Möglichkeiten, die Verfeuerung von Kohle und ihre Folgen zu thematisieren. Sowohl ist diese für die Versorgung der Bevölkerung nicht lebenswichtig (die Anklage behauptet das einfach mal so und bastelte daraus den Vorwurf nach § 316b, Abs. 1 Nr. 2, 2. Variante) noch als auch gibt es viele Rechtfertigungsgründe für die Aktion, weil viel wichtigere Rechtsgüter auf dem Spiel stehen (daher zieht § 34 StGB). In jeden Fall müssen Sinnhaftigkeit und Folgen von Braunkohleabbau und -verstromung geprüft werden. Ziel ist ein Freispruch, weil Braunkohle überflüssig und der Widerstand gerechtfertigt ist - 2012 genauso wie heute!!! ++ Ladung
  • Sa/So, 28./29.10. in Bochum (LPE-Geschäftsstelle, Wittener Str. 87, 44789 Bochum): Gerichtsprozess-Trainings - sich selbst verteidigen, und zwar richtig!
    Wir wollen die Abläufe am Beispiel von Gerichtsprozessen mit Gefahr der Einweisung in eine forensische Klinik besprechen (§§ 20/21 bzw. 63/64 StGB). Schwerpunkte des Trainings sind:
    - theoretische Einführung in die Rahmenbedingungen und den Ablauf von Gerichtsverfahren
    - Einbindung von politischer Argumentation in der Verteidigung
    - Aufbau eines selbstbewussten Umgangs mit Justiz
    - Erproben offensiver, kreativer Prozessführung im Rollenspiel
    Vorprogramm: Freitag 18 Uhr mit dem Film "Unter den Paragraphen" ++ Training dann Sa/So jeweils 10 bis 17 Uhr
    Teilnahme, Snacks und Getränke sind kostenfrei. Teilnahme ist nur nach Anmeldung bis zum 20.10.2017 beim LPE NRW Doris Thelen unter Tel. 0241/9976831 oder per E-Mail an doris.thelen@psychiatrie-erfahrene-nrw.de möglich! Für eine verbindliche Anmeldung sind vorab 10 € Anmeldegebühr, das sogenannte Reuegeld, auf das LPE NRW Konto zu überweisen, diese 10 € gibt es während des Seminars zurück – sonst nichts. Bankverbindung des LPE NRW: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE98370205000008374900 BIC: BFSWDE33XXX. Die TeilnehmerInnenzahl ist begrenzt. Ein Fahrtkostenzuschuss für Bedürftige - billigste Möglichkeit - kann nur bei der Anmeldung beantragt werden.
  • Mi, 6.12. um 9 Uhr am Landgericht Gießen (Ostanlage15, Raum 227): Wiederholung im Schwarzfahrprozess
    Das Verfahren endete bereits einmal mit einem Freispruch, aber das Oberlandesgericht hob Ende 2016 das Urteil auf. Es geht um die Frage, ob Schwarzfahren mit einem Hinweisschild noch "Erschleichung" ist oder durch die Kennzeichnung die Strafbarkeit aufgehoben wurde. Unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens hat selbst die Staatsanwaltschaft ein Schwarzfahren mit Hinweisschild und Flyerverteilen als ausreichend auffällig anerkannt - so fährt mensch also straffrei ohne Ticket! Infoseite ist www.schwarzfahren.tk!
  • Vorausschau auf Weihnachten/Neujahr ... die traditionellen Archiv- und Theorietage:
    • Fr, 22.12. ab 22 Uhr in und um Gießen (Treffpunkt mit Fahrrädern und möglichst vielen Packtaschen, Fahrradhängern usw. um 22 Uhr vor dem Uni-Hauptgebäude, Ludwigstr. 23): Containern für den Umsonstzug
    • Sa, 23.12. ab 15 Uhr durch Gießen (von Walltorstraße/Ecke Asterweg durch Seltersweg bis E-Klo): UmsonstZug: Nutzen statt wegwerfen! 
    • Ab 24.12. bis ca. Mitte Januar: in der Projektwerkstatt (Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen, Bahnhof: Reiskirchen-Saasen, Übernachtungsplätze vorhanden): Archivieren, Diskutieren und praktische Workshops - die traditionelle Jahreswechselphase in der "Villa Kunterbunt des kreativen Widerstandes"
    • 4. bis 7.1. (Start am Do, 4.1. um 18 Uhr) in der Projektwerkstatt: Seminar zur "Theorie der Herrschaftsfreiheit"
Wer hat Lust auf die neue Ton-Bilder-Schau zu Zwangspsychiatrie oder auf andere Abendveranstaltungen, Trainings oder was auch immer (Themen siehe www.projektwerkstatt.de/referent.html)? Ich würde Veranstaltungen gern zu kleinen Touren zusammenlegen, damit sich die "Reisen" lohnen. Am besten andocken an schon vorhandene Termine:
  • Gerichtsprozesstraining mit Schwerpunkt Psychiatrisierung in Bochum am 27.-29. Oktober - und danach kann gerne noch was im Ruhrpott usw. laufen. Möglicherweise auch in den Wochen danach noch, wenn der Prozess wegen Kohlezugblockade in Kerpen weitergeht (passt dann auch gut zur COP in Bonn).
  • Eventuell danach auch nochmal im Osten (also so Thüringen, Sachsen-Anhalt bis ca. Berlin).

Repressions-Nachrichten

Aufruf des Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener
Zwangsbehandlungen auf der Offenen und im "normalen" Krankenhaus verhindern!

Die Bundesregierung plant die Zwangsbehandlung auszuweiten. Dafür soll die Zwangsbehandlung von der Zwangsunterbringung getrennt werden. Man nennt dies "entkoppeln".
Bisher war völlig klar: Nur wer mit richterlicher Genehmigung zwangsweise in der Psychiatrie untergebracht ist (Geschlossene/Geschützte), der darf - nur in diesem Fall - zwangsbehandelt werden. Wer nicht zwangsweise untergebracht ist, der hat - bis jetzt - auch keine Zwangsbehandlung zu befürchten.
Die Gesetzesänderung im Bürgerlichen Gesetzbuch eröffnet die Möglichkeit für mehr Zwangsbehandlungen:
Wer sich freiwillig im Krankenhaus aufhält, der darf zwangsbehandelt werden! Auch wenn er das nicht möchte! Und zwar völlig ohne Unterbringung in der Psychiatrie.
An dieser Stelle kommt man auf den zufällig entdeckten Krebs zu sprechen. Dieser soll nach ärztlichem Dafürhalten sofort behandelt werden. Die Patientin will das aber nicht. In solch einer Konfliktsituation wird regelmäßig an dem Willen und der Einsichtsfähigkeit der Patientin gezweifelt!
Sehr schnell wird eine Betreuung eingerichtet, falls sie nicht schon besteht. In der Regel folgt der Betreuer und der Richter den Entmündigungswünschen der Ärzte. Die erklärte Dr. Martin Zinkler (Chefarzt psychiatr. Klinik Heidenheim) in der Anhörung des Rechtsausschusses am Mittwoch, 29.4.
Niemand käme auf die Idee einen Patienten zu entmündigen/unter Betreuung zu stellen, wenn dieser der Krebstherapie zustimmt. Dann besteht ja kein Grund ...
Die mit dem neuen Gesetz bestehenden Möglichkeiten betreffen somatische Krankenhäuser und offene psychiatrische Stationen. Die Ausweitung der Zwangsbehandlung wollen wir nicht hinnehmen!
Daher rufen wir alle Mitglieder und Freunde des Bundesverbands Psychiatrie-Erfahrener auf, sich an ihren örtlich zuständigen Bundestagsabgeordneten im Wahlkreis zu wenden. Im September sind Bundestagswahlen!
Weise Deinen Abgeordneten auf dieses entwürdigende Gesetz hin und frage ihn oder sie, ob er/sie das wirklich möchte. Vielleicht kannst du ihm/ihr von eigenen Erfahrungen erzählen oder hast davon gehört wie es Menschen geht, die eine Zwangsbehandlung erlitten haben.
Ein Anschreiben kann handschriftlich oder per Computer oder per E-Mail verfasst werden. Wichtig ist es, um einen Gesprächstermin zu bitten und diesen Termin innerhalb von wenigen Wochen telefonisch einzufordern.
Gerne unterstützen wir in unseren Telefonzeiten auf Bundes- und Landesebene bei offenen Fragen; z.B. wer der Bundestagskandidat in deinem Wahlkreis ist. Auch können wir gerne ausführliche Informationen schicken.  Diese findest Du auch hier:
Montag: 10-13 h (0234 - 68 70 5552), 14:30 h -17:00 h / 19:00 h - 21:30 h (02 12 - 53 641)
Dienstag: 10-13 h & 14-17 h (0234 - 640 51 02)
Mittwoch: 14-19 h (0221 - 964 76 875) und 11-14 h (0234 - 640 51 02)
Donnerstag: 10-13 h (0234 - 68 70 5552)
Vielen Dank für Eure Mitarbeit! Zusammen sind wir stark und haben eine Chance gegen den neuen §1906a!
Unterschriftensammlung gegen Strafen für „Containern“ gestartet
Eine sehr genaue, mit einem konkreten Gesetzesvorschlag verbundene ePetition an den Bundestag wurde leider abgelehnt. Pro Legislaturperiode wird nur eine Petition pro Thema online gestellt und leider hatte es schon eine gegeben, die ungenauer war und wenig unterstützt wurde. Damit sollen die Bemühungen aber nicht zum Ende gelangen, zumal aus verschiedenen Kreisen viel Zustimmung signalisiert wurde. Daher soll, nachdem im September ein neuer Bundestag gewählt wird und somit eine neue Legislaturperiode beginnt, die Petition erneut eingereicht werden. Schon jetzt können auf Papier Unterschriften gesammelt werden, die dann mitgezählt werden! Für die ist es nämlich egal, wann die gesammelt werden (steht ja auch nicht drauf). Sie müssen nur zum Abschluss der Online-Phase dann auch im Bundestag sein. Daher rufen die Initiator*innen aus Aachen und Gießen auf, die Unterschriftenliste in Umlauf zu bringen und kräftig auszufüllen – 50.000 Unterzeichner*innen braucht es, dann müssen sich die Bundestagsabgeordneten mit den Initiator*innen zur Beratung treffen. Die Liste sowie weitere Informationen und den Petitionstext sind unter http://242.blogsport.de zu finden.
Prozesse der Aufarbeitung – ein erstes Fazit zum Ende des NSU-Verfahrens
Unter diesem Titel hat die Gruppe „*andere Zustände ermöglichen“ einen Reader in deutscher und türkischer Fassung herausgebracht. Darin kommen mehrere Beteiligte und Beobachter*innen zu Wort. Das Werk ist für 2 Euro beim SeitenHieb-Verlag (www.seitenhieb.info) zu bestellen (ISBN deutschsprachig 978-3-86747-076-6, ISBN türkischsprachig 978-3-86747-077-3). Mehr Infos aufhttp://aze.blogsport.eu/archives/1496#more-1496.
Gegen das Einsperren – Zeitung, Filmkanal und mehr in Vorbereitung
Eine neue Zeitung, verbunden mit weiteren Medienangeboten, soll die Kritik an Gefängnissen, Zwangspsychiatrie und weiteren stärken. Berichte von Betroffenen, fachliche Abhandlungen, Kommentierung von Urteilen und Gesetzen, Vorschläge von und Erfahrungen mit Alternativen zeigen Unterschiede und Gemeinsamkeiten der verschiedenen Formen der Freiheitsentziehung und Zwangsbehandlung auf – umrahmt von Zahlen, Zitaten, Appellen und Mitmachmöglichkeiten. Neben einer ca. 2x jährlich erscheinenden Zeitung werden Internetseiten, ein Dokufilm-Kanal und Verteilmöglichkeiten für Nachrichten, kritische Filmdokumentationen, Termine und mehr entstehen. Ziel ist es, die wenig beachteten Zonen des Einsperrens an Tageslicht zu zerren und für konkrete Veränderungen zu werben. Zur Mitarbeit sind alle Menschen innerhalb und außerhalb der Mauern aufgerufen, die aufklären und Wege zu einer Welt ohne Strafe und Zwang formulieren wollen. Die Koordinierung wird in der Projektwerkstatt in Saasen liegen. Kontakt über 06401-903283 und gegen-das-einsperren@projektwerkstatt.de.
Gefährderhaftung und unendliche Gewahrsamslänge
Die alte Schutzhaft der Nazis kommt Schritt für Schritt wieder. Nach 1945 wurde sie abgeschafft, weil 1933 genau die Möglichkeit, Menschen präventiv wegzuschließen, zur weitgehenden Auslöschung der Opposition und damit zur weiteren Machtergreifung Hitlers führte. Doch seit den 80er Jahren schleicht sie sich erneut in die politische Praxis ein. In den letzten Monaten nahm die Restaurierung des autoritären Staates nun neue Fahrt auf. Das Land Bayern verlängerte den Vorbeugegewahrsam auf eine unendliche Dauer, d.h. Menschen können nun beliebig lange festgehalten werden, ohne dass sie etwas Verbotenes getan haben. Für Nichtdeutsche wurde auf Bundesebene die Bestrafung von Gefährdern eingeführt – also auch hier gilt das Prinzip: Der Staat bestraft eine mögliche Handlung, keine reale. Der Journalist Franz-Josef Hanke hat auf seinem Blog exakt analysiert, was für Folgen die Definition von "Gefährdern" für Folgen für den Rechtsstaat hat:https://fjhmr.wordpress.com/2017/07/21/gefahrder-hinter-gitter-zugrundeliegender-taterunwert-ist-nazi-ideologie.
Richter in Nienburg sperrt Angeklagten ein, weil dieser Anträge stellen will
Am 27.7.2017 fand im Amtsgericht Nienburg der erste Prozesstag gegen einen Aktivisten statt, dem vorgeworfen wird, an einer Blockade der Schlachtfabrik in Wietzen-Holte beteiligt gewesen zu sein. In seiner Einlassung vor Gericht thematisierte er die Gewalt der Fleischindustrie und der Justiz, wenig später bekam er diese selbst zu spüren. Der Tag hatte bereits mit massiven Kontrollen und Schikanen am Eingang des Gerichtgebäudes, u.a. durch eine mobile Einsatzgruppe, ziviler Kriminalpolizei und anderen Uniformierten. Dann folgte das persönliche Anblaffen der Zuschauer*innen durch Richter Förtsch. Gut die Hälfte des Publikums wurde wegen Kleinigkeiten (Reden, Husten, Kopfbedeckung) aus dem Saal entfernt. Als auch die beantragten Verteidiger nicht zugelassen wurden, wollte der Angeklagte Befangenheitsanträge stellen. Richter Förtsch verhinderte das durch die Anordnung, dieser habe stattdessen den Gerichtssaal zu verlassen. Der Prozess sollte – was in Deutschland nur in extremen Ausnahmen erlaubt ist – ohne den Angeklagten laufen. Kurz danach verhängte er zusätzlich vier Tage Ordnungshaft, die der Angeklagte in der JVA Vechta auch tatsächlich verbüßen musste. Die Willkür in Robe zeigte deutlich, zu welchem Ausmaß an Rechtsbeugung sie in der Lage ist. Mehr Infos auf http://kampagne-gegen-tierfabriken.info.
Anforderungen an Hausdurchsuchungen
In einem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (Az. 2 BvR 2551/12) das Gericht die Maßstäbe bekräftigt, die bei der Durchsuchungsanordnung zu beachten sind:
1. Um den mit einer Durchsuchung verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte räumliche Lebenssphäre des Einzelnen messbar und kontrollierbar zu gestalten, muss der Durchsuchungsbeschluss den Tatvorwurf und die konkreten Beweismittel so beschreiben, dass der äußere Rahmen für die Durchsuchung abgesteckt wird. Der Richter muss die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist.
2. Der Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf juristische Personen des Privatrechts, soweit deren Büro- und Geschäftsräume betroffen sind.
3. Ein Durchsuchungsbeschluss genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, wenn er keine ausreichend konkreten Angaben zum Tatzeitraum enthält. Dies ist der Fall, wenn in dem Beschluss lediglich ausgeführt ist, es beständen Anhaltspunkte für eine „über Jahre hinweg“ betriebene Beihilfe …
Erfahrungen mit Selbst- und Laienverteidigung: Widerstandsverfahren eingestellt
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wurde kürzlich vor dem AG Köln verhandelt. Diesen sollte die Angeklagte im Laufe einer Festnahme und Fast-ID (Identifizierung über Fingerabdrücke) geleistet haben. Die Angeklagte verteidigte sich mit Unterstützung eines Laienverteidigers selbst. Obwohl der Verhandlung eine Anklageschrift vorausging, es also die Entscheidung von Staatsanwaltschaft und Richterin war, es direkt zur Verhandlung kommen zu lassen, vermittelten beide in der Verhandlung von vornherein den Eindruck, wegen dieser Lappalie keinen großen Aufwand betreiben zu wollen. Die Zulassung des Laienverteidigers als Rechtsbeistand ging unkompliziert über die Bühne. Drei von vier geladenen Polizeizeug*innen waren vor Ort. Als Angeklagte und Rechtsbeistand bei der Vernehmung des ersten viele Fragen stellten und auf weitere potentielle Beweismittel zu sprechen kamen, unterbrach die Richterin für ein Rechtsgespräch zwischen Staatsanwältin, Richterin und Rechtsbeistand. Unterbreitet wurde das Angebot, das Verfahren gegen 50 Sozialstunden einzustellen. Alternativ würde ein aufgebauschtes Verfahren drohen mit Beweismitteln, die die Lage für die Angeklagte schlimmer machen würden, und weiten. Nach einer kurzen Pause erklärte die Angeklagte, dass sie sich aufgrund des bei weitem nicht geklärten Tatbestandes auf die Einstellung mit Auflagen nicht einlassen könne. Da stellten sich die Drohungen als leer heraus. die Staatsanwältin sammelte ein paar Gründe zusammen weshalb auch eine Einstellung ohne Auflagen denkbar wäre (und fügte noch hinzu dass es ja wirklich schön gewesen wäre wenn die Angeklagte wenigstens ein bisschen Reue gezeigt hätte), die Richterin schloss sich an und damit war auch die Angeklagte einverstanden. Fazit: Offensive Verteidigung lohnt (www.prozesstipps.tk).
Verbot von linksunten.indymedia
Am 25.8.2017 hat das Bundesministerium die Internetplattform linksunten.indymedia.org nach dem Vereinsrecht verboten. Sie laufe „nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider“, so die Begründung. Bekannt wurde das Verbot durch 5 Hausdurchsuchungen in Freiburg und der Abschaltung der Seite. Das Verbot umfasst die Verwendung des Logos, des Twitter-Accounts und die Verwendung der Mailadresse „linksunten@indymedia.org“. Der konkrete Vorwurf lautet, dass sich die Seite gegen die „verfassungsmäßige Ordnung“ richte, „da die Plattformbetreiber unter Leugnung des staatlichen Gewaltmonopols die Anwendung von Gewalt sowohl gegen Personen, insbesondere Polizeibeamte, und Sachen zur Durchsetzung linksextremistischer Ziele legitimiert und propagiert haben“. (Zitate: Twitter des BMI). Zudem hätte das Betreiberteam Beiträge nicht gelöscht, die zu Gewalt an Polizisten aufgerufen hätten. Das Team soll laut Behörden aus 3 Freiburger*innen bestehen. Obwohl zu keiner Zeit eine Vereinsstruktur für Indymedia bestand, hat die Justiz eine solche um die 3 konstruiert, um das Projekt mit Hilfe des Vereinsgesetzes verbieten zu können. Mehr unter https://de.indymedia.org/node/13595.
Drei Monate Knast wegen Sitzblockade?!
Am 17.8. fiel das Urteil in einem Strafverfahrens wegen § 240 StGB (Nötigung) am Amtsgericht Nienburg. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, mit seinem Körper den Fahrer eines Tiertransporters daran gehindert zu haben, seine Fahrt nach Plan fortzusetzen. Der § 240 erfordert Anwendung von „Gewalt“ oder „Drohung mit einem empfindlichen Übel“. Was davon wie zugetroffen haben sollte, wurde seitens der Staatsanwaltschaft - obwohl die Verteidigung darauf hinwies - in der Hauptverhandlung nicht geklärt. Der Angeklagte hatte vor, sich selbst und mit Hilfe von Laienverteidiger*innen - also nicht formell ausgebildeten Jurist*innen (siehe www.laienverteidigung.tk) -  vor Gericht zu verteidigen. Doch ihm wurde nicht nur der Beistand verwehrt, sondern er selbst nach einigen Anträgen, die das Gericht offenbar störten, aus seinem eigenen Verfahren entfernt. Auch gegen das Publikum ging das Gericht mit autoritären Mitteln vor. Das zeigt, wie schwer es Richter*innen gegen eine gute Selbstverteidigung haben. Regelmäßig werden sie dazu gezwungen, erhebliche Rechtsbrüche zu begehen, um zu einer Verurteilung zu kommen. Das geschah dann auch. Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu 3 Monaten Haft ohne Bewährung und ging damit über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus, die 40 Tagessätze zu je 50 Euro für passend hielt. Rechtsmittel sind eingelegt.
Möglichkeiten und Grenzen der Laienverteidigung
Dass auch ganz „normale“ Menschen in Strafverfahren als Verteidiger*innen tätig sein können, oft schon in Ermittlungsverfahren als Rechtsbeistand zugelassen werden und bei Untersuchungshaft, Straf- oder Maßregelvollzug ohne Kontrolle Gefangene unterstützen können, ist inzwischen weitgehend bekannt. Die damit verbundenen Möglichkeiten werden bislang aber noch wenig genutzt und auch von interessierter Seite der Monopol-Rechtshilfegruppen und Anwaltszusammenhänge verschwiegen. Die Grenze nach oben, also zu einer dann unzulässigen professionellen oder systematischen Rechtsberatung zieht das Rechtsdienstleistungsgesetz. Im Nomos-Verlag ist dazu jetzt die zweite Auflage des Handkommentars erschienen (2017, Baden-Baden, 89 €). Der Herausgeber Michael Krenzler und die weiteren Bearbeiter*innen erläutern auf 633 Seiten umfassend Paragraph für Paragraph, verweisen auf andere Literatur und die Rechtsprechung. Die – teils dunkle – Geschichte der Reglementierung von Rechtsberatung wird leider nur in wenigen Sätzen ganz zu Beginn abgehandelt. Als historischer Hintergrund wäre da mehr drin gewesen, denn die gesamte Debatte ist immer noch von Standesdünkel und Pfründeverteidigung geprägt, bei der auch linke Anwaltsvereinigungen und deren Vorfeldorganisationen kräftig mitmischen. Dass die Nazis solches Denken für ihre Judenverfolgungen nutzen konnten, war daher wenig verwunderlich.
Zur Frage des Errichtens von Schlafzelten
Aus der Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg am 5.7.2017 zum Urteil 4 Bs 148/17: „Einschränkungen seien zum Schutz der Grünanlage möglich. Untersagt werden könnten zudem u.a. solche Zelte und Einrichtungen, die allein der Beherbergung von Personen dienen sollten, welche anderweitig an Versammlungen teilnehmen wollten. Dies bedeute zur Überzeugung des Gerichts, dass für Teilnehmer an den politischen Veranstaltungen des Protestcamps auch Schlafzelte und versorgende Infrastruktureinrichtungen vorsorglich dem Versammlungsrecht zu unterstellen und als Teil der Versammlung zu behandeln seien. ... Die Beschränkung auf zusätzlich bis zu 300 Schlafzelte für 2-3 Personen ergebe sich daraus, dass damit für alle Teilnehmer, die nach den räumlichen Kapazitäten der Veranstaltungszelte an den Veranstaltungen im Protestcamp teilnehmen könnten, auch eine Schlafmöglichkeit bestünde. ... Die Aufstellung von bis zu 300 Schlafzelten könne nicht im Hinblick auf mögliche Gefahren für Rechtsgüter von Dritten untersagt werden. Eine auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützte Gefahrenprognose sei von der Versammlungsbehörde nicht hinreichend dargelegt worden. Insbesondere seien keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorgetragen worden, dass der Elbpark Entenwerder trotz seiner Entfernung zur Innenstadt ein möglicher naheliegender Ausgangspunkt für Blockaden von Protokollstrecken und sonstigen unter Sicherheitsaspekten sensiblen Punkten im Stadtgebiet sei. Die Lage des Protestcamps im Elbpark Entenwerder sei insoweit nicht mit derjenigen eines Protestcamps im Stadtpark zu vergleichen. Auch seien keine konkreten Belege dazu vorgelegt worden, dass bei früheren Versammlungen aus Protestcamps heraus Straftaten begangen worden seien.“
Dokumentation über Rechtsbrüche und Polizeigewalt beim G20 in Hamburg
Die Mediengruppe Montag (MGM), die sich aus verschiedenen Gruppen und Einzelpersonen zusammensetzt,  betreibt seit geraumer Zeit Gegenöffentlichkeit zu den bürgerlichen Medien. Anlässlich der Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg will sie eine Dokumentation aus Text-, Foto- und Videomaterial über die polizeilichen Rechtsbrüche wie Campräumungen, Prügelorgien, Wasserwerfer- und Pfeffersprayeinsätze gegen cornerndes Partyvolk und dem Verprügeln von Journalist_innen zusammenzustellen. Eine Ankündigung der Tätigkeit ist unter https://de.indymedia.org/node/13245 zu finden.
    -- 
    (Bitte bei Antworten lange Mailzitate wegschneiden ... spart Daten, Zeit und Unübersichtlichkeit :-)
    
    Projektwerkstatt Saasen, 06401-903283, Fax 03212-1434654
    Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen-Saasen (20 km östlich Giessen)
    www.projektwerkstatt.de/saasen 
    PGP unter www.projektwerkstatt.de/feedback.html
     - Seminarhaus und politische Aktionswerkstätten
     - Archive, Bibliotheken und Gruppenräume (mit Bahnanschluss)
    
    Spannende Bücher und DVDs unter www.projektwerkstatt.de/materialien!
    Angebote für Aktionstrainings, Workshops und Vorträge: www.projektwerkstatt.de/referent.html und ../termine.
    Die Projektwerkstatt lebt davon, dass woanders Sachen übrig sind: Eine Liste, was gebraucht wird, ist unter www.projektwerkstatt.de/gesucht zu finden, z.B. kleines Audio-Aufnahmegerät, Obstpresse, Ansteckmikrofone (mit Kabel oder per Funk), CanonEF- oder M-Objektive und viele Verbrauchsmaterialien.

    Keine Kommentare:

    Kommentar veröffentlichen