Samstag, 8. Juli 2017
Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht
a) Minijob und Null-Stunden-Vertrag: Fast überall in der EU sind
atypische Beschäftigungsverhältnisse auf dem Vormarsch
"Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker empörte sich am
Dienstag in Straßburg über ein weitgehend leeres Europaparlament.
Grund für seinen Wutausbruch: Als er eine Rede zur
EU-Ratspräsidentschaft Maltas im ersten Halbjahr halten wollte, waren
nur 30 von 751 Abgeordneten anwesend. Noch weniger saßen im
Plenarsaal, als spät am Montagabend für 20 Minuten prekäre
Beschäftigungsverhältnisse auf der Tagesordnung standen. Dabei
betrifft das Thema viele Millionen Menschen in Europa, Tendenz
steigend. Denn in einem sind sich alle Akteure einig: Prekäre Arbeit
hat in den letzten 15 Jahren fast überall in der EU erheblich
zugenommen. Gemeint sind niedrig bezahlte Jobs, befristete
Arbeitsverhältnisse, Leiharbeit, Teilzeitverträge, Minijobs oder
Scheinselbstständigkeit. (...) Den Trend zu den auch »atypisch«
genannten Beschäftigungsformen haben eine Reihe von Studien belegt.
Auch die EU-Kommission selbst hat entsprechende Zahlen vorgelegt. So
berichtet das im April von der Kommission veröffentlichte
»Reflexionspapier zur sozialen Dimension der EU« - eines von fünf
Papieren, die zusammen mit dem »Weißbuch zur Zukunft Europas« einen
Reformprozess anstoßen sollen - von einem Anstieg der in Teilzeit
tätigen Europäer von 33 auf 44 Millionen in den vergangenen zehn
Jahren. Die Zahl der befristeten Verträge ist im gleichen Zeitraum von
18,5 auf 22 Millionen gewachsen. Zwar sind auch neue EU-Bürger durch
den Beitritt Kroatiens hinzugekommen. Die Kommission aber macht
»technischen Fortschritt, Globalisierung und das Wachstum des
Dienstleistungssektors« für die »radikale Veränderungen des
Arbeitslebens« verantwortlich. Generell lasse sich »ein Trend hin zu
größerer Flexibilität« feststellen. Was die Kommission nicht schreibt:
Für Arbeitnehmer bedeutet »Flexibilität« oft größere
Unsicherheiten..." Beitrag von Nelli Tügel bei neues Deutschland vom
5. Juli 2017
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1056345.minijob-und-null-stunden-vertrag.html
b) Weiter arm, trotz Arbeit: Die Erwerbsarmut in Europa ist gestiegen.
Grund dafür ist eine Politik, die Arbeitslose dazu zwingt, um jeden
Preis einen Job anzunehmen.
"Immer mehr Menschen in Europa sind arm, obwohl sie arbeiten. Am
stärksten stieg die sogenannte Erwerbsarmut in den vergangenen Jahren
in Deutschland. Das hängt auch damit zusammen, dass Arbeitslose
stärker unter Druck stehen, eine schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Dorothee Spannagel, Daniel
Seikel, Karin Schulze Buschoff und Helge Baumann. Die WSI-Forscher
haben untersucht, wie sich arbeitsmarkt- und sozialpolitische
Maßnahmen, die Menschen schneller in Jobs bringen sollen, auf die
Erwerbsarmut in 18 europäischen Ländern ausgewirkt haben.
Datengrundlagen sind die Europäische Gemeinschaftsstatistik über
Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) und eine OECD-Datenbank. Der
Anteil der Working Poor in der EU betrug im Jahr 2014 rund zehn
Prozent – gemessen an den Erwerbstätigen zwischen 18 und 64 Jahren.
Obwohl sie regelmäßig arbeiten, müssen diese Menschen mit weniger als
60 Prozent des mittleren bedarfsgewichteten Einkommens in ihrem Land
auskommen..." Beitrag aus Böckler Impuls Ausgabe 12/2017
https://www.boeckler.de/109849_109869.htm
Zu Details siehe den WSI-Report und weitere Beiträge
http://www.labournet.de/?p=118512
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