Montag, 27. März 2017

Antidesinformation im Vergleich (Helga Kühn)


Dass Staaten sich mit Pressemitteilungen in ein gutes Licht rücken möchten, ist verständlich. Manche allerdings, teilweise von Privatpersonen unterstützt, streuen mehr oder weniger unauffällig Nachrichten unter die Medien, die konkurrierende Länder schlecht machen sollen – nicht selten durch erfundene skandalöse »Neuigkeiten«. Früher nannte man so etwas Desinformation, neuerdings Fake News. Dagegen sollen Aufklärungsmaßnahmen helfen.

Von der Europäischen Union wurde dazu in Brüssel 2015 die »East StratCom Task Force« ins Leben gerufen. Diese Strategische Kommunikationsgruppe Ost des Auswärtigen Dienstes der EU besteht laut Zeit aus elf Beamten, denen rund 400 Personen in 30 Ländern zuarbeiten, darunter auch eine ukrainische Gruppierung namens »Stopfake«. Im Rahmen einer ausdrücklich gegen russische Desinformation gerichteten Kampagne betreibt die EU-Task-Force neben einem Newsletter und Auftritten in den sogenannten sozialen Medien die englisch- und russischsprachige Website »EU vs Disinformation«. Die wird von »Merkels Mitarbeitern« gern gelesen, wie die Zeit weiß, obwohl sie »so modern daherkommt wie die Homepage der Wildecker Herzbuben«. Im Gegenzug veröffentlicht das russische Außenministerium seit kurzem auf seiner Website Abbildungen von Falschinformationen westlicher (meist englischsprachiger) Medien, markiert mit dem Stempel »Fake« (Schwindel).

Die europäische Antidesinformations-Homepage betont, dass die dort gebotenen Informationen, Ansichten und Beurteilungen keine offiziellen Positionen der EU darstellen. Daneben enthält diese Website mehrere zumindest für eine west-europäische Besucherin überraschende Besonderheiten (Stand 18.2.17):

Die EU-Website hat kein Impressum. Und anders als man von einem durch EU-Beamte betreuten Internetauftritt vielleicht erwarten könnte, verzichtet sie außerdem auf notwendige Datenschutzangaben. Drittens untersagt ihr Website-Code die Indexierung des Inhalts, so dass Suchmaschinen bei Fragen nach Stichwörtern oder Textteilen keine Ergebnisse liefern können – eigentlich ein Unding für eine Website, die die Öffentlichkeit unterrichten will. (Aber möglicherweise hilfreich, wenn man nachträglich unbemerkt etwas am Inhalt ändern muss?) Viertens werden die Internetdaten aller Besucher an einen US-Konzern durchgeleitet: Der Website-Betreiber verwendet heimlich »Google Analytics«. Damit verstößt er höchstwahrscheinlich gegen europäisches Datenschutzrecht. Ironischerweise verletzt er aber auch Googles Nutzungsbedingungen.

Das russische Außenministerium benutzt bei seinem Internetauftritt »Yandex Metrika«. Ob dieser zu einem russisch-niederländischen Unternehmen gehörende recht umfangreiche Analysedienst einschlägige russische Gesetze einhält, mögen Berufenere beurteilen. Wie überall im Internet sollte man beim Besuch der europäischen wie der russischen Website am besten mit Browser-Erweiterungen wie NoScript und Cookie Manager unterwegs sein, um unerwünschte fremde Skripte und Cookies zu unterdrücken.

Wer die eigene Medienkompetenz testen mag, vergleicht die beiden Websites in gewissen Zeitabständen miteinander und erkundet, inwieweit reine Aufklärung oder auch Propaganda zu finden ist. Dazu sind Englisch- und Russischkenntnisse erforderlich. Bei mangelndem Sprachwissen findet man möglicherweise im Bekanntenkreis jemanden, der helfen kann – und könnte später gemeinsam in Ossietzky über gewonnene Erkenntnisse berichten.

https://euvsdisinfo.eu, www.mid.ru/nedostovernie-publikacii

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