Samstag, 17. Dezember 2016

XX. Parteitag der KPdSU Februar 1956 – Grund zum Jubeln für Bourgeoisie und Imperialismus, damals wie heute


 Vielleicht hatten sie manchmal davon geträumt, aber wirklich damit gerechnet hatten Imperialismus und Reaktion nicht, dass in der Sowjetunion, nach den enormen Fortschritten beim Aufbau des Sozialismus, dem Sieg über den Hitlerfaschismus, der Errichtung der Volksdemokratien in Ost- und Südosteuropa, China, der Mongolei und (Nord)korea, eine zwar nicht ganz gewaltlose, aber doch ohne Bürgerkrieg ablaufende Konterrevolution stattfinden und die Diktatur des Proletariats gestürzt werden könnte – und zwar nicht durch imperialistische Intervention und Subversion von außen, sondern von innen, durch den Farbwechsel der KPdSU und der Staatsmacht. Auch die Kommunisten und Revolutionäre der ganzen Welt hatten mit so etwas nicht gerechnet. Nicht dass man eine solche Gefahr nicht grundsätzlich vor Augen gehabt hätte (allerdings eher und seit der 1930er Jahren praktisch nur mehr als Gefahr, die von noch wirkenden Elementen der alten Bourgeoisie im Zusammenspiel mit imperialistischer Einmischung ausging, nicht von der Herausbildung einer neuen), aber sie wurde nach der ersten Konsolidierung der Diktatur des Proletariats und mit dem Vorankommen des sozialistischen Aufbaus zweifellos zunehmend unterschätzt. Der Sieg des Revisionismus, die Machtergreifung durch eine neue Bourgeoisie, die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion bedeuteten eine verheerende Niederlage der Kommunistischen und revolutionären Arbeiterbewegung. Waren der Sieg der Sowjetunion über den Hitlerfaschismus, die damit verbundene Abwendung der unmittelbaren tödlichen Bedrohung des Sozialismus, stattdessen die Errichtung von Volksdemokratien in vielen ost- und südosteuropäischen und asiatischen Ländern [1] und die Revolution in China 1949 gewaltige Siege der Weltrevolution – so wurde durch den Farbwechsel der KPdSU und der Sowjetunion in den 1950er Jahren das Rad der Geschichte brutal zurückgedreht. Die vollständige revisionistische Degeneration der meisten Kommunistischen Parteien in den unmittelbar darauffolgenden Jahren „komplettierte“ den Sieg der Konterrevolution und des Imperialismus. Nur in wenigen Ländern wurde das Banner des Sozialismus und der proletarischen Revolution hochgehalten – wobei China und Albanien (und in gewisser Weise Korea) die gewichtigste Rolle spielten.

Die Weltbourgeoisie bejubelte diese Entwicklung begeistert und dieser Jubel ist bis heute nicht verstummt. Das Zauberwort hieß und heißt „XX. Parteitag“ der KPdSU, die Slogans waren und sind „Entstalinisierung“, „friedliche Koexistenz“ mit dem Imperialismus und „friedlicher Weg zum Sozialismus“ in den kapitalistischen Ländern. Dieser Parteitag gilt zu Recht als Symbol und war ein Markstein der Konterrevolution. Er fiel aber nicht vom Himmel, sondern hatte eine Vorgeschichte und die Konterrevolution war auch mit dem Parteitag selbst noch nicht ganz erledigt. Die Offensive des Revisionismus gegen den Kommunismus begann mit dem Tod Stalins im März 1953 und erstreckte sich – bis zum endgültigen und vollständigen Sieg über allen Widerstand und der Wegsäuberung aller feindlichen oder auch nur „unzuverlässigen“ Elemente – bis ins Jahr 1957 hinein.

Vom Jahr 1953 bis zum XX. Parteitag der KPdSU 1956

1953 war der Kampf zwischen der revolutionären kommunistischen Linie und der revisionistischen Linie in Partei und Staat bereits seit längerem in vollem Gang. Der Revisionismus hatte sich den Boden für seine Offensive schon seit Jahren bereitet, er stand schon in den Startlöchern, er konnte aber noch nicht offen und offensiv auftreten und zum Angriff übergehen. Das lag maßgeblich an Stalin, der aufgrund seiner Autorität in Arbeiterklasse, Volk und Partei ein gewaltiges personifiziertes Hindernis war. Am 5. März 1953 starb Stalin. Die damit verbundene Erschütterung wurde von den Chruschtschowisten genutzt, um die Macht in Partei und Staat an sich zu reißen. Dies geschah in putschistischer Weise, die Vollendung und Konsolidierung des Putsches erstreckte sich aber wegen des Widerstands, auf den er stieß, auf ganze zwei Jahre. Die Chruschtschowisten konnten unmittelbar nach Stalins Tod die Kräfteverhältnisse noch nicht genau einschätzten und wandten die Taktik eines Putsches in Etappen an. Zunächst kam es am 14.März 1953 zu einer Reorganisation von Regierung und Parteiführung. Malenkow, beim XIX. Parteitag 1952 auf Stalins Vorschlag in diese Funktionen gewählt, blieb zunächst Ministerpräsident und Erster Sekretär der KPdSU, wurde allerdings – wegen „Ämterkumulation“ – bereits eine Woche später als Parteivorsitzender verdrängt und 1955 auch als Ministerpräsident abgesetzt. Eine wichtige Rolle spielte Beria. Er war ebenfalls Mitglied des Politbüros der Partei, von Ende 1938 bis 1946 Volkskommissar für Staatssicherheit, während des Krieges zusammen mit Stalin, Molotow, Malenkow und Woroschilow Mitglied des Staatlichen Verteidigungskomitees, das im Kriegszustand den Rat der Volkskommissare, also die Regierung, vertrat, und wurde jetzt Stellvertretender Ministerpräsident und Volkskommissar des Inneren. Als solchem wurde ihm auch wieder die Staatssicherheit zugeordnet. Beria leistete anscheinend als einziger im Präsidium (so hieß jetzt das Politbüro) einen energischen Widerstand gegen die Chruschtschowisten bzw. ging zum Gegenangriff über. Er deckte Verfehlungen und Verbrechen während der diversen „Säuberungen“ (in deren Verlauf Chruschtschow in der Ukraine besonders gewütet hatte, wobei er seine Exzesse später Stalin anlastete) auf, betrieb die Anklage gegen einige Verantwortliche, darunter den Chef der Staatssicherheit Ignatiew, wechselte eine Reihe von Sicherheitschefs der Teilrepubliken aus, wo Chruschtschow seine Leute postiert hatte, rehabilitierte viele zu Unrecht Abgesetzte, aus der Partei Ausgeschlossene und Verurteilte. Er stand damit aber auf verlorenem Posten – niemand sonst in der Parteiführung war bereit, der sich aufbauenden revisionistischen Woge entschieden entgegenzutreten. Am 26. Juni 1953 ließ Chruschtschow Beria während einer Sitzung des Präsidiums des ZK verhaften und noch am selben Tag erschießen. Mit der Ermordung Berias war ein weiteres wichtiges Hindernis für die revisionistische Offensive beseitigt.

Schritt für Schritt verstärkten die Revisionisten jetzt ihre Offensive. Chruschtschow hatte schon die Kontrolle über einige Teile der Partei wie z.B. in der Ukraine und in Moskau. In der zweiten Jahreshälfte 1953 wurden die Führungskader von Partei und Staat in Leningrad und in Azerbeidschan, Armenien und Georgien ausgewechselt, 1954 die in weiteren wichtigen Städten wie Smolensk und Tula sowie in Kasachstan und Kirgistan usw. Zehntausende revolutionärer Kommunisten, darunter viele in führenden Positionen in Partei und Staat, wurden denunziert, abgesetzt, aus der Partei ausgeschlossen, verhaftet und viele mit oder ohne „Geheimprozesse“ umgebracht. Massenhaft wurden Parteisekretäre auf allen Ebenen abgesetzt, darunter alleine 9.500 in der Ukraine [2]. Die Revisionisten hatten die Mehrheit im ZK. Alles Revolutionäre und Kommunistische wurde weggesäubert und unterdrückt, oft mittels Gewalt und Erpressung, oft mittels Bestechung und Korruption.

Am Ende dieses Prozesses stand schließlich der XX. Parteitag im Februar 1956. Dieser Parteitag war auf der einen Seite Großes Theater. Der Revisionismus hatte bereits die Macht ergriffen und veranstaltete hier seine Siegesfeier. Ausländische Teilnehmer (als Gäste) an dem Parteitag, so z.B. Enver Hoxha, berichteten, dass der Parteitag eine einzige Farce war, eine einzige ausgelassene Siegesfeier des Chruschtschowismus, mit fröhlichem Treiben in den Couloirs und keinerlei ernsthafter Diskussion in den Sitzungen. Das ist die eine Seite. Die andere ist, dass dieser Parteitag zu weiteren schweren Schlägen gegen den revolutionären Kommunismus ausholte. Der „Rechenschaftsbericht“ der Revisionisten fuhr eine Reihe von Geschützen auf. Die „Theorie des friedlichen Wegs zum Sozialismus“ diente dazu, den Farbwechsel der in vielen Fällen ohnedies schon revisionistisch angekränkelten oder sogar ganz verseuchten Kommunistischen Parteien im Ausland zu vertiefen und zu beschleunigen. Die Erhebung der „friedlichen Koexistenz“ der Sowjetunion mit den imperialistischen Ländern zur „allgemeinen Linie der Politik der Sowjetunion“ zielte auf die Aufgabe der Unterstützung des antiimperialistischen Kampfes und die „Abschaffung“ des proletarischen Internationalismus, auf die Unterordnung der Interessen der internationalen Arbeiterklasse und der unterdrückten Völker unter die Machtinteressen einer revisionistisch gewordenen Sowjetunion. Die „Theorie“ der Vermeidbarkeit von imperialistischen Kriegen (von zwischenimperialistischen Kriegen, aber auch von Kriegen gegen die Sowjetunion) war bereits früher aufgetaucht und im Vorfeld des XIX. Parteitag von Stalin energisch zurückgewiesen und widerlegt worden [3]. Sie zielte auf Anbiederung an den US-Imperialismus, der – Peinlichkeit der Geschichte! – gerade seine „roll back- Strategie“ zur Entfaltung brachte und dem das alles natürlich sehr zupass kam. Diese „Theorie“ war auch getragen von der damaligen Angst der Chruschtschow-Revisionisten, dass eine revisionistisch gewordene Sowjetunion (in der die anvisierte Restauration des Kapitalismus den dadurch zum antagonistischen Klassenwiderspruch gewordenen Widerspruch zwischen der Partei- und Staatsmacht und Arbeiterklasse und Volk unweigerlich verschärfen würde) einem imperialistischen Angriff – anders als im Zweiten Weltkrieg, als die Arbeiterklasse die Sowjetmacht und die Revolution verteidigte – nicht standhalten würde. Dem wollten sie durch reaktionäre Packelei mit den Imperialisten begegnen [4]. Ein weiterer schwerer Schlag war die „Geheimrede“ Chruschtschows gegen Stalin und den „Stalinismus“. Diese stand nicht einmal auf der Tagesordnung, sondern wurde überfallsartig am letzten Tag des Parteitags eingebracht, war vorher nicht diskutiert worden, wurde auch auf dem überrumpelten Parteitag nicht diskutiert und konnte nachher erst recht nicht mehr offen in den Parteigremien diskutiert werden. Diese Rede zielte einerseits darauf, Stalin in den Dreck zu ziehen, war aber zugleich ein Ablenkungsmanöver: indem man Stalin angriff, wollte man von den eigenen Taten und Schandtaten ablenken. Insbesondere gilt das für Chruschtschow, der sich bei allen jetzt als „Verbrechen“ stigmatisierten Vorgängen als besonders eifriger „Täter“ hervorgetan hatte und ebenso als der eifrigste Anheizer des Personenkults um Stalin. Den Parteitagsdelegierten wurde jede Kommunikation in der Partei und außerhalb über das Gehörte verboten, die ausländischen Gäste waren von der „Geheimrede“ gänzlich ausgeschlossen. Dafür wurde der „geheime“ Text gleich darauf US-Medien zugespielt, um ihn so in die „Weltöffentlichkeit“ einzuspeisen.

Die Weltbourgeoisie jubelte, die sowjetische Arbeiterklasse und die Internationale Kommunistische Bewegung waren überrumpelt worden, die Chruschtschowrevisionisten gaben Gas. Eine Hexenjagd gegen alles, was sich den neuen Parteilinie widersetzte, setzte ein: Parteimitglieder wurden ausgeschlossen, verfolgt, eingesperrt, ganze Parteiorganisationen wurden aufgelöst. Wer seine kritischen Äußerungen über den XX. Parteitag noch nicht zurückgenommen hatte, wurde dazu 1957 auf Parteiberatungen gezwungen. Es flammte noch dort oder da Widerstand auf gegen die Sturmflut eines exzessiven Revisionismus, im Einzelnen mutig, aber im Großen und Ganzen saft- und kraftlos, alles viel zu spät und auch inhaltlich gänzlich unzureichend. Kaum jemand dachte damals daran, die Parteibasis und die Arbeiter- und Volksmassen zu mobilisieren, notfalls auch gegen die Parteibürokratie. Enver Hoxha schrieb später darüber, dass es den kritischen Kräften in der Parteihierarchie „an revolutionärer Wachsamkeit und Entschlossenheit mangelte. Sie fielen in das Netz von Intrigen, das von den Revisionisten und Renegaten Chruschtschow, Mikojan, Breschnew usw. gewoben war … (Sie) verloren nicht nur Schritt für Schritt ihre Wachsamkeit, sondern zeigten sich durch das Aufkommen der revisionistischen Konterrevolution ebenso apathisch wie verschreckt. Sie vertrauten nicht auf die Partei und die Massen, sondern begannen zu feilschen, nachzugeben und sich an Illusionen über eine falsche und opportunistische Lösung zu hängen, indem sie vorgaben, die untergrabene Einheit und das Prestige der Partei, das im Schwinden war, zu retten.“ („Der Kampf der Partei der Arbeit Albaniens im Kampf gegen den Chruschtschow-Revisionismus“, 19. Band der Werke Enver Hoxhas, Tirana, deutsche Übersetzung im Verlag Roter Morgen, Dortmund 1976) Die subjektiv am Marxismus-Leninismus festhaltenden und revisionismuskritischen Kräfte waren selbst vielfach revisionistisch angekränkelt, konnte sich den Klassenkampf nur auf dem Boden und im Rahmen der Partei- und Staatsbürokratie vorstellen, waren also vollständig in den bürokratischen Fehlentwicklungen der Vergangenheit befangen. Ihr Horizont war auf eine Bürokratie verengt, deren Klassencharakter sie nicht klar erkannten und beim Namen nannten. Sie waren den historischen Aufgaben der Verteidigung der Revolution nicht gewachsen.

Nach den Chruschtschowschen Säuberungen hatte der Revisionismus freie Hand und wurde zügig weiter vertieft und ausgebaut [5]. Die Restauration kapitalistischer Verhältnisse wurde vorangetrieben, die Sowjetunion verwandelte sich Zug um Zug in ein sozialfaschistischen Land nach innen und ein sozialimperialistisches nach außen. Im Inneren wurden die kapitalistischen Elemente ausgebaut und befördert (Verstärkung der Rolle der Warenproduktion und des Wertgesetzes, Ausbau bürgerlicher Elemente im Lohnssystem, Förderung von Betriebs“egoismus“ =  kapitalistischer Konkurrenz, Profit als Leitgröße der „Planung“ und allen Wirtschaftens …), während die sozialistischen Elemente vergesellschafteter Produktion zurückgedrängt und unterminiert wurden. Zugleich betrieben die Chruschtschowisten den Farbwechsel und die Ruinierung der Kommunistischen Parteien im Ausland [6]. Auf der internationalen Bühne stieg die Sowjetunion als neu emporgekommene imperialistische Macht in den Ring im Kampf mit dem US-Imperialismus um die Welthegemonie. Es folgten zwei Jahrzehnte erbitterter Rivalität und wachsender Kriegsgefahr auf globaler Ebene. Auch damit hatten die westlichen Imperialisten und Reaktionäre aller Couleurs nicht gerechnet. War ihr Jubel 1956 womöglich voreilig gewesen, weil sie zwar – das war ihr Hauptanliegen! – den Sozialismus losgeworden waren (oder, in ihrer subjektiven Wahrnehmung, gut dabei unterwegs waren, ihn loszuwerden), aber jetzt einen imperialistischen Rivalen hatten, der ihre Hegemonie auf großen Teilen der Erde bedrohte? [7] Die Sowjetunion musste erst aufgrund der revisionistischen Untergrabung von Wirtschaft und Gesellschaft (Zerrüttung der sozialistischen Wirtschaft, zunehmende Unterdrückung der Volksmassen sowie scharfe nationale Unterdrückung …) und der imperialistischen Überdehnung ihrer Kräfte zusammenbrechen, bevor der Sieg des „freien Westens“ vollständig wurde – nämlich nicht nur ein Sieg über Sozialismus und Revolution (wofür das Jahr 1956 steht), sondern auch ein Sieg über den aus der Konterrevolution hervorgegangenen Sozialimperialismus (wofür die Jahre 1989 und 1990 stehen). In diesem Sinne wurde die Konterrevolution von 1956 mit dem Ruin und Zerfall der Sowjetunion 1991 zu Ende gebracht.

Der Sieg des Revisionismus fiel nicht vom Himmel

Auf dem XIX. Parteitag im Oktober 1952 hatte Malenkow, der den Rechenschaftsbericht des ZK vortrug, Alarm geschlagen. Mehr als ein Drittel des Berichts ist der Aufdeckung ernster Missstände in Staat und Partei gewidmet und der Frage, wie sie zu bekämpfen seien. Er geißelt dort die Herausbildung einer arbeiter- und volksfeindlichen Bürokratie in Partei und Staat, die sich nicht nur von der Arbeiterklasse entfernt habe, sondern ihr im Genick säße, sie drangsaliere, unterdrücke, sich auf ihre Kosten bereichere („ausbeute“ konnte er nicht sagen). Machtmissbrauch, Diebstahl von Volkseigentum, Unterschlagung, Misswirtschaft und Verschwendung, Willkürherrschaft von Funktionären in Fabriken und Kolchoswirtschaften, Vernachlässigung und Pervertierung der ideologischen Arbeit, Aushöhlung der Demokratie, Unterdrückung von Kritik und Fehlen jeglicher Selbstkritik werden genannt. Es sei besonders wichtig, für die Entfaltung der Selbstkritik und Kritik und speziell der Kritik von unten zu sorgen und „diejenigen, die die Entwicklung der Kritik an unseren Mängeln hindern, die Kritik knebeln und sie mit Verfolgungen und Schikanen vergelten, als schlimmste Feinde der Partei schonungslos zu bekämpfen“. „Wir müssen immer im Gedächtnis behalten, dass jede Schwächung des Einflusses der sozialistischen Ideologie bedeutet, dass die bürgerliche Ideologie gestärkt wird.“ Malenkow zitiert Stalin: „Der kommunistische Bürokrat ist der gefährlichste Typ des Bürokraten.“ Nicht klar ausgesprochen, aber immerhin angedeutet wird, dass es sich bei der Bürokratie nicht nur um eine für die sowjetische Gesellschaft untypische oder akzidentielle Erscheinung handelte, sondern bereits um eine gegenüber der Arbeiterklasse verselbständigte soziale Schicht oder wenigstens um Elemente einer solchen. Es bleibt aber bei Malenkow bei einer im Vergleich zur Realität ziemlich schwachen Formulierung und die „kastenmäßige Abkapselung“ bezieht sich der Wortwahl nach noch dazu nur speziell auf den Wissenschaftsbetrieb, nicht auf die gesamte Partei- und Staatsbürokratie. Stalin wetterte oft in wesentlich schärferem Ton und schon viel früher, noch während des Weltkriegs, gegen „diese verfluchte Kaste“. Tatsächlich hatte man es längst mit der Keimform einer der Arbeiterklasse feindlich gegenüberstehenden Klasse zu tun, einer „Kaste“, wenn man so will, aber einer „Kaste“ mit spezifischen klassenmäßigen Interessen, bereits um die Frühform einer neuen Bourgeoisie, wie wir heute, nach den Erfahrungen der Geschichte und speziell bewaffnet mit den Erfahrungen und Lehren der Großen Proletarischen Kulturrevolution in China, sagen. Da aber die Partei seit Mitte der 1930er Jahre davon ausging, dass es – nach der Liquidierung des Kulakentums als Klasse – keine antagonistischen Klassen und daher auch keinen Klassenkampf im strengen Sinn mehr gäbe, konnten auch die „Bürokratie“ und der Kampf gegen sie nicht scharf als das gefasst werden, was sie waren, nämlich als neue Bourgeoisie und Klassenkampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie, sondern nur als Kampf gegen – vom Charakter her zweifellos bürgerliche – Entgleisungen. Der Parteitag fasste auf Grundlage dieses Berichts einen 5-Punkte-Beschluss, der (wieder einmal!) gegen die Partei- und Staatsbürokratie wettert, aber bei weitem nicht tief genug greift und das Übel nicht an der Wurzel packt, sondern sich in der Hauptsache auf ideologische und organisatorische Fragen beschränkt, allesamt nichts Neues. Man empfindet einen extremen Widerspruch zwischen der verbalen Schärfe der Kritik und ihrer mangelnden Tiefe. Im noch konkretesten Punkt 2 des 5-Punkte-Beschlusses des XIX. Parteitags wird dazu aufgefordert, „unerschrocken und energisch die Mängel und Schwächen aufzudecken, um diese Fehler zu beheben, konsequent die Demokratie in der Partei anzuwenden und stärker die Kritik und Selbstkritik von unten zu entwickeln, schonungslos alle Versuche der Unterdrückung der Kritik und der Verfolgung derjenigen, die Kritik äußern, zu bekämpfen …“ – eine solche Kritik war nicht ausreichend und sie sparte vieles aus, was den revisionistischen und ergo kapitalistischen Elementen den Weg bereitet hatte.

Hätte man mit massiver revolutionärer Mobilisierung der Parteibasis und der Massen und wenn man nicht der „Einheit“ der Partei alles geopfert hätte, einer „Einheit“, die im 5-Punkte-Beschluss des XIX. Parteitags neuerlich beschworen wird, obwohl sie nur mehr eine „Einheit“ auf revisionistischer Grundlage hätte sein können – hätte man, wenn man den revolutionären Weg, einen dem im Rahmen der Bürokratie und mit bürokratischen Mitteln geführten Kampf völlig entgegengesetzten Weg, eingeschlagen hätte, das Steuer noch herumreißen und die revisionistische Degeneration der Partei verhindern können? Oder war es 1952 dafür schon zu spät? Waren die Kräfte, die dazu bereit gewesen wären, schon zu schwach? Hätte man mit der Entfaltung des Linienkampfes die dafür notwendige Klarheit gewinnen können? Konnte man diese Klarheit damals überhaupt schon gewinnen? Wir maßen uns keine Antworten auf diese Fragen an, aber fest steht, dass zum Zeitpunkt des XIX. Parteitags die Partei – sogar dem Rechenschaftsbericht nach, wenn man zwischen den Zeilen liest – in einem bereits sehr schlechtem Zustand war, dass der Revisionismus bereits marschierte und dass der Tod Stalins kurz darauf einen Dammbruch ermöglichte. Erst die KP Chinas unter Mao Tsetung konnte – gerade wegen der vorangegangenen historischen Erfahrungen der Diktatur des Proletariats in der Sowjetunion – den Marxismus-Leninismus und die Theorie der proletarischen Revolution und des sozialistischen Aufbaus in dieser Frage radikal weiterentwickeln und in der Großen Proletarischen Kulturrevolution auch eine qualitativ höhere revolutionäre Praxis des Klassenkampfes entfalten.

Im Lauf der folgenden Jahre wurden von sowjetischen [8] und ausländischen Marxisten-Leninisten Kritiken vorgebracht, die deutlich über den Kampf gegen Bürokratismus auf der Linie des XIX. Parteitags hinaus gingen: der Personenkult um Stalin (und in kleinerem Maß auch andere Parteiführer) und der zwiespältige Umgang damit durch die Parteiführung; die falsche Linie, mit bürokratischen Mitteln und ohne Massenmobilisierungen den um sich greifenden Revisionismus bzw. Kapitalismus zu bekämpfen; der zwiespältige Charakter der Stachanowbewegung; die Abschaffung des „Parteimaximums“  usw. usf. Über den Personenkult wurde schon viel geschrieben, er ist eine Fehlentwicklung, er wurde von Stalin selbst immer wieder kritisiert, verächtlich gemacht, in seiner Gefährlichkeit dargestellt, aber offensichtlich in der Praxis nicht konsequent bekämpft. Im Lauf der Zeit wurde er auch zu einem, wenn auch klarerweise zweischneidigen Mittel, die Bürokratie bei Bedarf niederzuhalten und in „Gefahr und höchster Not“ zu schnellen Entscheidungen zu kommen. Zweifellos führte selbst Stalin, trotz vieler und scharfer verbaler Attacken und ebensolcher wirklicher Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung, den Kampf gegen die heranwachsende Bürokratie nicht im notwendigen Maß und vor allem nicht mit den richtigen Mitteln. „Während Stalin … eine Arbeit von sehr großer historischer Bedeutung leistete, … stand er auf dem Boden dieses bürokratischen Apparats, bekämpfte ihn eben mit Hilfe dieses Apparats selbst, deshalb vermochte er ihn nicht endgültig zu liquidieren. Er sah, wie die Hydra der Bürokratie überhand nahm, obwohl er ihr die Köpfe, welche nachwuchsen, schonungslos abschnitt.“ („Programmatischer Aufruf der revolutionären (bolschewistischen) Kommunisten der Sowjetunion“). Wieder und wieder trat Stalin gegen „diese verfluchte Kaste“ auf, aber er erkannte die sich herausbildenden Klasseninteressen und den sich herausbildenden Klassencharakter dieser „Kaste“ der Partei- und Staatsbürokratie nicht als das, was sie war, nämlich als Keimform einer neuen Bourgeoisie. Er sah sehr wohl die von ihr ausgehenden Gefahren und nahm sie sehr ernst, fand aber nicht den richtigen Weg, sie wirksam und nachhaltig zu bekämpfen. Und er war sich wahrscheinlich sicher, sie trotz allem niederhalten zu können, sodass die proletarische Staatsmacht zwar beschädigt, aber nicht zerstört werden könnte. Das „Parteimaximum“ sollte den Aufstieg einer privilegierten Schicht und ihre Erhebung über die Arbeiterklasse verhindern. Partei- und Staatsfunktionäre durften nicht mehr verdienen als der Arbeiter. Falls ein Parteimitglied aus welchem Grund auch immer mehr als 210 Rubel (Stand: 1935) verdiente, wurden 90% davon an die Partei abgeführt [9]. Das Parteimaximum wurde im Laufe der 1930er Jahre Schritt für Schritt ausgehöhlt und schließlich abgeschafft. Zuerst wurden die Stachanowarbeiter vom Parteimaximum ausgenommen, irgendwann forderte die „Bürokratie“, d.h. die Partei- und Staatsfunktionäre, dasselbe und die Parteiführung samt Stalin gab nach. Dabei war auch schon die Ausnahme der Stachanowarbeiter ein Fehler gewesen, wie auch der „Held der Arbeit“, wiewohl begreiflich als Hebel zur lebenswichtigen Produktionssteigerung,  an sich schon ein Einfallstor bourgeoisen Gedankenguts war, weil dieser Held nur ein individueller Held ist, dessen Heldentaten zu einem erheblichen Teil auf der Mitarbeit von Nicht-Helden beruhen, die dabei ganz vergessen werden. Die Stachanowbewegung [10] ist ein ganz  anderer Ansatz als die Subbotnikbewegung [11], die in der kollektiven (und unbezahlten) Mobilisierung der Massen für den sozialistischen Aufbau bestand. Die Subbotnikbewegung ist ein Gegenmodell zum berüchtigten „materiellen Interesse“, das – einmal losgelassen – zur Ausbreitung bürgerlicher Anschauungen und Interessen führt und schon in den 1930er Jahren dazu führte.

Solche Kritik geht bereits deutlich über die am XIX. Parteitag geübte hinaus. Sie entwickelte sich allerdings bzw. trat jedenfalls erst auf, als im Laufe des folgenden Jahrzehnts die reaktionäre Fratze des neuen Revisionismus immer schärfer hervortrat, die Restauration des Kapitalismus beschleunigt vorangetrieben wurde und klare Konturen annahm. Jahr für Jahr konnte man klarer sehen, was der Klasseninhalt des Chruschtschowismus war. Aber auch diese Kritik griff noch zu kurz, weil sie die Fehlentwicklungen nicht im Zusammenhang mit den Produktions- und Klassenverhältnissen insgesamt analysierte. Diese Verhältnisse in Verbindung mit der objektiven ökonomischen und sozialen Zurückgebliebenheit der Sowjetunion bilden aber die Grundlage, auf der diese Fehlentwicklungen – zwar nicht zwingend erfolgen mussten, jedenfalls nicht in derselben Weise, aber tatsächlich erfolgten, eine Grundlage, die den Kommunisten damals in vieler Hinsicht wenig Spielraum bot und auch ihre Erkenntnismöglichkeiten zwangsläufig einschränkte. Um die marxistisch-leninistische Kritik und Selbstkritik weiter zu entwickeln und zu vertiefen, musste die praktische und theoretische Verarbeitung der schmerzlichen Erfahrungen in der Sowjetunion durch die chinesischen (bis zu einem gewissen Grad auch der albanischen) Kommunisten bei ihren Bemühungen zum Aufbau des Sozialismus und bei der Abwehr der Attacken des Revisionismus vorankommen. Die bisher höchste Form dieser Verarbeitung und zugleich eine bedeutende Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus brachte die Große Proletarische Kulturrevolution in China.

Die tiefer liegenden Wurzeln des Revisionismus

Wenn wir in diesem Licht die Frage prüfen, warum und wie es zu dieser Entwicklung kommen konnte, und dieser Frage auf den Grund gehen wollen, müssen die Versäumnisse und Fehler im Klassenkampf und im sozialistischen Aufbau in der Sowjetunion bis in die 1930er Jahre (in einigen Fragen sogar noch weiter) zurückverfolgt werden [12] und im Lichte der seither, vor allem im Zuge des Klassenkampfes und der Revolution in China gemachten Erfahrungen analysiert werden.

Während der gesamten Periode des Sozialismus, d.h. des Übergangs vom Kapitalismus zum Kommunismus, bestehen Klassen und Klassenwidersprüche fort und muss der Klassenkampf weiter geführt werden. Wenn es auch keine Bourgeoisie (und auch kein Großbauerntum) im Sinne rechtlicher Eigentumsbegriffe mehr gibt, gibt  es sie doch noch in Gestalt faktischer sozialer Verhältnisse, Abhängigkeiten, Denkweisen. Klassenwidersprüche und Klassenkampf drücken sich unter der Diktatur des Proletariats als Kampf zweier Linien in der Kommunistischen Partei aus, als Kampf gegen die „Machthaber, die den kapitalistischen Weg gehen“. Wird dieser Kampf seitens der Arbeiterklasse und der Kommunisten nicht offensiv geführt, dann wird er eben nur seitens der Bourgeoisie (und der Kleinbourgeoisie) geführt. „Spontan“. d.h. ohne bewussten Klassenkampf, gewinnt die Bourgeoisie an Kräften und werden die Kräfte der Arbeiterklasse unterminiert und geschwächt. Diese Tatsachen wurden in der Sowjetunion der 1930er Jahre nicht in dieser Schärfe gesehen und konnten es wahrscheinlich auch noch nicht werden. Dem entsprach die falsche, auch in der Verfassung von 1936 fixierte Ansicht, dass es keine antagonistischen Klassen mehr gäbe. Tatsächlich musste der Klassenkampf, der sich unabhängig von irgendwelchen Anschauungen dennoch abspielte und sogar verschärfte, trotzdem geführt werden und wurde es auch. Unter diesen, nicht richtig wahrgenommenen Umständen bestand jedoch eine enorme Gefahr von Subjektivismus und Willkür und wurde dieser Kampf zu einem Kampf einer zunehmend selbst bürokratisierten Partei- und Staatsführung mit bürokratischen Mitteln gegen eine (ihrem Klassencharakter nach bürgerliche) Bürokratie – statt mit revolutionären Massenmobilisierungen, wie solche, zu denen die KP Chinas unter Führung Mao Tsetungs griff. Fast zwangsläufig musste es unter diesen Umständen zu Fehlentwicklungen und Entgleisungen kommen, die zwar immer wieder kritisiert und korrigiert wurden, aber denen die Partei auf der gegebenen ideologischen Grundlage und mit den gegebenen historischen Erfahrungen nicht wirklich adäquat entgegentreten konnte. E ist daher kein Zufall, dass die Notwendigkeit der Fortsetzung des Klassenkampfes trotz „gelöster“ Eigentumsverhältnisse insgesamt (unabhängig von immer wiederkehrenden, teils extrem verschärften, aber stets zu kurz greifenden Schlachten) unterschätzt wurde und ebenso der Einfluss kleinbürgerlicher Zustände und der fortbestehenden Warenproduktion (die frei nach Lenin immer wieder „täglich, stündlich den Kapitalismus hervorbringt“). Der Kampf gegen den „Fortbestand“ oder das „Fortwirken des bürgerlichen Rechts“, wie die chinesischen Genossen später, während der Großen Proletarischen Kulturrevolution, sagten, d.h. die Notwendigkeit des unablässigen Kampfes um die allmähliche Zurückdrängung der Rolle der Warenproduktion und des Wertgesetzes in Zirkulation und Verteilung, um den sukzessiven Rückbau statt Ausbau der „Lohnform“ (Rolle des Lohns für die Reproduktion des Arbeiters, des Leistungslohns usw.), um eine revolutionäre Betriebsverfassung (die sicherstellt, dass die Arbeiter die tatsächlichen Herren der Produktion sind und bleiben), um die revolutionäre proletarische Demokratie usw. wurde vernachlässigt – natürlich unter dem objektiven Druck, dass schon seit 1932/1933 [13] das Ankurbeln der Produktion auf Teufel komm raus, vor allem der Schwerindustrie, zwecks Vorbereitung auf den zu erwartenden imperialistischen Angriff zu einer oder besser zu der Lebensfrage des Aufbaus des Sozialismus wurde [14]. „Das Tempo verlangsamen,“ sagte Stalin 1931, „das bedeutet Zurückbleiben. Und Rückständige werden geschlagen. Nein, das wollen wir nicht! … Wir sind hinter den fortgeschrittenen Ländern um 50 bis 100 Jahre zurückgeblieben. Wir müssen diese Distanz in zehn Jahren durchlaufen. Entweder bringen wir das zuwege, oder wir werden zermalmt.“ („Über die Aufgaben der Wirtschaftler“, Stalin Werke, Band 13, S.35f.) Und, dies an die Adresse so mancher Schöngeister!, es wäre nicht besser gewesen, wenn die sowjetischen Kommunisten damals ein paar Jahre an einem feinen, schönen, reinen, unbefleckten Sozialismus gebaut und anschließend den Krieg gegen den Hitlerfaschismus verloren hätten. Das Dilemma, ein vielleicht damals unvermeidliches Dilemma, war, dass die objektiven Zwänge und die fehlenden historischen Erfahrungen die Entwicklung voller Bewusstheit und Klarheit der mit den eingeschlagenen (und teilweise unvermeidlichen) Maßnahmen verbundenen Gefahren erschwerten. Umso gewaltiger bleibt die Leistung, den Aufbau des Sozialismus im Gefolge der Oktoberrevolution, die absolutes Neuland unter extrem ungünstigen Bedingungen betrat, und mit ihm den welthistorischen Prozess, die Weltrevolution, in einer so kurzen Zeitspanne so weit voran gebracht zu haben. Und das bleibt für immer mit dem Namen Stalin verbunden. Wir können auch nicht wissen, wie es der chinesischen Revolution ergangen wäre ohne Existenz der Sowjetunion (z.B. ob es zu einer Intervention der USA gekommen wäre) was wir aber wissen, ist, dass die chinesischen Kommunisten wesentlich weiter gehen konnten, weil sie die Lehren aus den sowjetischen Fehlern ziehen und so schon von einer neuen, höheren Basis ausgehen konnten. Für den nächsten Anlauf irgendwo auf der Welt verfügen die dortigen Kommunisten über einen gewaltigen Erfahrungsschatz, der genutzt werden kann, um es besser zu machen. So ist der Gang der Weltgeschichte. Auch Rom, sagt man, wurde nicht an einem Tag erbaut.

FUSSNOTEN:

[1] Außer in Griechenland, wo die antifaschistische und volksdemokratische Revolution, nachdem größte Teile des Landes im antifaschistischen Kampf befreit worden waren, in einem vierjährigen Freiheitskrieg von britischem und US-amerikanischem Militär niedergeschlagen wurde.
[2] In der Ukraine, wo man die Chruschtschow’schen Methoden besonders intensiv erfahren hatte, war der Widerstand gegen den Putsch besonders stark.
[3] „Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR“, „Bemerkungen zu ökonomischen Fragen …“, Punkt 6 „Zur Frage der Unvermeidlichkeit von Kriegen zwischen den kapitalistischen Ländern“ (Peking 1972, S.37ff.)
[4] Was nichts damit zu tun hat, dass sich später, als sich der sowjetische Sozialimperialismus allmählich voll ausbildete, eine scharfe Rivalität mit dem US-Imperialismus entwickelte. Das war eine neue Konstellation der Widersprüche im Weltmaßstab und nur scheinbar eine Fortsetzung des Kalten Kriegs, denn man kann bei der Beurteilung solcher Widersprüche selbstverständlich nicht vom Klassencharakter des einen und des anderen Staates abstrahieren. In Wirklichkeit hatte sich in den 1960er Jahren ein neuer zwischenimperialistischer Widerspruch ausgebildet, dessen Verschärfung auf einen neuen Weltkrieg zusteuerte.
[5] Das kann man gut an der Entwicklung des „Lehrbuchs Politische Ökonomie“ verfolgen: vom Entwurf aus 1951 bzw. der Diskussion darüber, auf die sich Stalin in seinen „Ökonomischen Problemen des Sozialismus in der UdSSR“ (1952) bezieht, über seine 1. Ausgabe aus 1954, welche nach dem Tod Stalins und dem Chruschtschow’schen Putsch eiligst in einer Reihe von Fragen umgearbeitet wurde und bereits in offenem Widerspruch zu Stalins „Ökonomischen Problemen…“ stand,  bis zur bereits komplett revisionistisch verseuchten 3. Ausgabe aus 1958.  Mao Tse Tung’s Kommentar zum „Lehrbuch“ bezieht sich auf diese 3. Ausgabe bzw. deren chinesische Übersetzung.
[6] Die meisten Kommunistischen Parteien waren selbst bereits schwer angekränkelt oder gänzlich revisionistisch verseucht und hatten auch 1945 schon keine revolutionäre Orientierung mehr gehabt. Daher ging es – nach einer gewissen Schockstarre wegen des „Geheimberichts“ – Schlag auf Schlag. Insbesondere freute man sich über den nunmehr eröffneten „friedlichen Weg“ ins Nirgendwo. In fast allen Ländern weltweit ergab sich praktisch gleichzeitig aus der jeweiligen „konkreten Analyse der konkreten Situation“, dass speziell in diesem Land aufgrund seiner „besonderen Bedingungen“ der Blödsinn des „friedlichen Wegs“ möglich, „ja notwendig“ sei und die proletarische Revolution, die Diktatur des Proletariats etc. überholt. Nur wenige Parteien hielten am Marxismus-Leninismus fest, einige spalteten sich im eigentlichen Sinn des Wortes, in vielen Ländern kam es nur zu kleineren Abspaltungen von den revisionistisch gewordenen Parteien. In Österreich legte das ZK der KPÖ 1957 ein Machwerk in Gestalt der „Leitsätze über den Weg Österreichs zum Sozialismus“ vor, über einen selbstverständlich friedlichen, reformerischen, parlamentarischen Weg, welches Dokument nach einigem Widerstand von links 1958 trotzdem einstimmig beschlossen wurde. Damit war der Sieg des Revisionismus in der Partei besiegelt. 1958 und nicht erst der XIX. Parteitag (1965) steht daher für die vollständige und endgültige Sozialdemokratisierung der KPÖ.
[7] Wir reden hier von den wirklichen Widersprüchen, nicht von der westlichen Propaganda, die die Sowjetunion noch bis zu ihrer Auflösung als „Kommunismus“ verteufelte. Das hatte andere Gründe, zielte auf die Verunglimpfung des Kommunismus und war in erster Linie ideologischer Klassenkampf, auch in den eigenen Ländern.
[8] „Programmatischer Aufruf der revolutionären (bolschewistischen) Kommunisten der Sowjetunion“, Mitte der 1960er Jahre (zitiert nach: Nils Holmberg, „Friedliche Konterrevolution“, Oberbaumverlag, Berlin 1976)
[9] Wieso verdiente – ursprünglich – überhaupt jemand mehr? Weil man in den 1920er Jahren noch jede Menge bürgerlicher Funktionäre und Spezialisten benötigte, die man besser zahlen musste, und erst schrittweise alle diese Leute durch Arbeiterfunktionäre ersetzen konnte. Die richtige Lösung war daher, Menschen mit gleicher Tätigkeit zwar gleich zu zahlen, aber den tatsächlichen Lohn der Kommunisten durch das Parteimaximum dennoch auf den Arbeiterlohn anzugleichen.
[10] Die Stachanowbewegung hatte auch eine positive, revolutionäre Seite, indem sie sie überkommene „Regeln und Normen“ und insofern auch bürokratische Hierarchien in Frage stellte, sie hatte aber zugleich eine negative, indem sie übermäßig die individuelle Leistung und auch den Leistungslohn betonte und Spaltung in die Arbeiterklasse trug. Getragen war sie von den objektiven Notwendigkeit, angesichts des herannahenden Krieges Produktion und Produktivität mit allen Mitteln zu steigern, aber es stimmt, „dass Stalin in der Absicht, den Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion zu beschleunigen und die Verteidigungskraft der Sowjetunion zu stärken, an Maßnahmen mitwirkte, die die Entwicklung der Bürokratie begünstigten“ (Nils Holmberg, Friedliche Konterrevolution, Teil I, S.35). Und nicht nur der Bürokratie, sondern damit auch kapitalistischer Elemente und Tendenzen.
[11] Die Subbotnikbwegung bestand seit dem Bürgerkrieg und Krieg gegen die ausländische Intervention  ab 1917  in den „kommunistischen Samstagen“, an denen die Arbeiter hinter der Front freiwillige Arbeit leisteten, um Produktion und Produktivität zu erhöhen. „Es ist der Anfang einer Umwälzung, die schwieriger, wesentlicher, radikaler, entscheidender ist als der Sturz der Bourgeoisie, denn das ist ein Sieg über die eigene Trägheit, über die eigene Undiszipliniertheit, über den kleinbürgerlichen Egoismus, über die Gewohnheiten, die der fluchbeladene Kapitalismus den Arbeitern und Bauern als Erbe hinterlassen hat.“ (Lenin, „Die große Initiative“, LW 29, S. 399) Lenin verweist hier darauf, dass diese Bewegung nicht nur oder gar nicht in erster Linie eine Notmassnahme ist, sondern auf die zukünftige sozialistische Arbeitsorganisation verweist.
[12] Dasselbe gilt für die westlichen KPs. Z.B. fing das revisionistische Unglück bei der KPÖ damit an, dass bereits spätestens 1937 die revolutionär-demokratische Losung der Volksdemokratie durch die der „Wiederherstellung“ der bürgerlichen Republik („Wiederherstellung der demokratischen Selbstbestimmung des Volkes, das heißt für ein parlamentarisch-demokratisches Regime, das aus allgemeinen Volkswahlen hervorgegangen ist“) ersetzt wurde und sich damit die revolutionäre Orientierung auf den antifaschistischen Kampf und die bürgerliche Demokratie einengte. Damit wurde ein Weg eingeschlagen, der den Grundstein legte für die revisionistische Versumpfung und das Versagen der Partei ab 1945.
[13] 1932 überfiel der japanische Imperialismus die Mandschurei und bedrohte direkt die Sowjetunion. 1933 brachte die deutsche Monopolbourgeoisie Hitler an die Macht, dessen Hauptziel der Krieg gegen die Sowjetunion und die Eroberung „deutschen Lebensraums“ im Osten war.
[14] Ähnliches gilt übrigens auch für die sogenannten „Säuberungen“ in den 1930er Jahren. Es mussten nicht nur falsche Linien für bzw. gegen den Aufbau des Sozialismus bekämpft werden wie in den 1920er Jahren, sondern es mussten alle und auch alle potentiellen Fünften Kolonnen des Hitlerfaschismus ausgemerzt und alle diesbezüglichen Schwachstellen eliminiert werde und es gab tatsächlich jede Menge davon. Das Ziel wurde erreicht, wenn auch, wie die Parteiführung selbst später feststellte und wofür die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurden, zum Teil mit falschen Methoden, vielen vermeidbaren „Kollateralschäden“ und auch Verbrechen von Teilen der Bürokratie. Aber immerhin: „Es gab keine sudetendeutschen Henleins, keine slowenischen Tisotypen, keine belgischen de Grelles und keine norwegischen Quislinge im sowjetrussischen Bereich… Alle diese Untersuchungen, Säuberungen und Liquidationen, die so brutal wirkten…, waren offenbar Auswirkung einer kräftigen und entschlossenen Aktion der Stalinschen Regierung, sich nicht nur gegen eine Revolution (müsste heißen: Konterrevolution – Anm. PR) von innen, sondern auch gegen einen Angriff von außen zu schützen. Die Regierung machte ihre Sache gründlich und säuberte das Land von allen verräterischen Elementen. In zweifelhaften Fällen verurteilte man eher, als dass man freisprach. Es gab keine Fünften Kolonnen in Russland 1941 – sie waren erschossen. Die Säuberungen hatten das Volk von Verrätern befreit.“ (Joseph E. Davies, US-Botschafter in der Sowjetunion, „Dienst in Moskau“, S. 208 und 213) Dessen ungeachtet ist zu sagen, dass es, so richtig und notwendig der Beschluss über die generelle „Parteisäuberung“ 1937 an und für sich war, so falsch zum Teil deren Methoden. Falsch war vor allem, dass dabei für den Fall „terroristischer Aktivitäten“ die sozialistische Gesetzlichkeit außer Kraft gesetzt wurde. Gegen die quasi kriegsrechtlichen Urteile waren keine Rechtsmittel möglich und sie waren sofort zu vollstrecken. Nichtantagonistische Widersprüche wurden wie antagonistische behandelt oder in Maos Worten: „Widersprüche im Volk“ wie solche „zwischen uns und dem Feind“. Es kam auch zu Fehlurteilen in großer Zahl. Allerdings ist auch zu sagen, dass die überwältigende Masse der Säuberungen in Parteiausschlüssen mündete (15% der Parteimitglieder), einige in Verbannungen oder Gefängnisstrafen, einige in Todesurteilen und Hinrichtungen, nämlich soweit es sich nicht bloß um „passive, bürokratische, karrieristische, intrigante“, sondern um „direkt feindliche Elemente“ handelte, die bewusst Defaitismus verbreiteten, Sabotage in Industrie und Bergwerken betrieben, Anschläge verübten oder/und mit imperialistischen Kreisen kollaborierten. Trotzdem: „Es lässt sich nicht behaupten, dass die Reinigung ohne ernstliche Fehler durchgeführt wurde. Leider wurden mehr Fehler begangen, als anzunehmen war. Es unterliegt keinem Zweifel, dass wir die Methode der Reinigung im Massenmaßstab nicht mehr anzuwenden brauchen.“ (Stalin: Rechenschaftsbericht an den XVIII. Parteitag im März 1939, in: „Fragen des Leninismus“, S.713) Ein direkt feindliches Element ist z.B. jemand, der am Vorabend des Zweiten Weltkriegs schreibt: „Kann man erwarten, dass die Sowjetunion ohne Niederlage durch den großen Krieg kommt? … Wenn der Krieg nur ein Krieg bleibt, ist die Niederlage der Sowjetunion unvermeidlich. Technisch, ökonomisch und militärisch ist der Imperialismus unvergleichlich viel stärker. Wenn der Imperialismus nicht durch eine Revolution im Westen paralysiert wird, wird er die jetzige Regierung hinwegfegen.“ So denkt jemand, der an einer Niederlage der Sowjetunion gegen den Hitlerfaschismus positiv interessiert ist, weil er sich nur so Chancen ausrechnen kann, jemals wieder eine politische Rolle zu spielen, sei es auch eine von des Imperialismus Gnaden. Dieser Jemand war Trotzki  und seine Äußerung erfolgte in der Zeitschrift „American Mercury“ im März 1937.

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