Dienstag, 25. Oktober 2016

Nach rechts gerückte französische Regierung lässt Flüchtlingscamp von Calais gewaltsam räumen

Nach rechts gerückte französische Regierung lässt Flüchtlingscamp von Calais gewaltsam räumen
Die Flüchtlinge in Calais sind verzweifelt und wissen nicht wohin (foto: Screenshot Tagesschau)
24.10.16 - Noch Ende letzter Woche war ungewiss, wann die französischen Behörden das Flüchtlingslager von Calais räumen werden, nachdem das Verwaltungsgericht von Lille am 18. Oktober einen Eilantrag von elf Hilfsorganisationen gegen die Räumung abgewiesen hatte. Gestern Abend rückten 1.250 Polizisten an, um die Räumung einzuleiten, darunter auch Einheiten der berüchtigten französischen Bereitschaftspolizei CRS. Die Räumung des Camps in Calais ist Ausdruck und aktueller Höhepunkt der Krise der Flüchtlingspolitik der Europäischen Union.
Die Strecke Dover-Calais ist eine der wichtigsten europäischen Verkehrswege und die einzige direkte Landverbindung Großbritanniens mit dem Festland durch den Eurotunnel. Viele der Flüchtlinge in Calais wollen nach Großbritannien, weil sie dort Familienangehörige haben. Die britische Regierung will dies weitgehend unterbinden.
Um die Zuwanderung zu kontrollieren, finden die Grenzkontrollen für die Reise nach Großbritannien bereits durch britische Beamte in Calais statt, umgekehrt durch französische Beamte in Dover. Von der britischen Regierung bezahlt, lässt die französische Regierung eine Mauer um den Hafen von Calais bauen zur Abwehr von Flüchtlingen.
In sechs Monaten findet die Wahl des französischen Staatspräsidenten statt. Mit einem weiteren Rechtsruck versprechen sich die regierenden „Sozialisten“ vermeintlich bessere Wahlchancen. Schon seit Monaten wird in den Medien und durch die bürgerlichen Politiker gegen den sogenannten „Dschungel von Calais“ gehetzt, als Ort der Gesetzlosigkeit, Brutstätte für Kriminalität und unhaltbarer hygienischer Zustände.
So soll die Räumung jetzt als geradezu menschlicher Akt erscheinen und wurde auch vom UN-Flüchtlingshilfwerk UNHCR gefordert. Mit der Räumung folgen der französische Staatspräsident Francois Hollande und Premierminister Manuel Valls Forderungen der Konservativen unter Nicolas Sarkozy und des faschistoiden „Front Nationale“, die den „Dschungel“ als illegales, von Ausländern besetztes Territorium diffamieren.
Schätzungen reichen von 6.500 bis 10.000 Flüchtlingen in Calais, aus Äthiopien, Eritrea, Afgahnistan, Pakistan, dem Sudan und Syrien. Ihr Schicksal nach der Räumung ist ungewiss - vor allem deshalb wehren sie sich und bleiben trotz der unhaltbaren, zum Teil katastrophalen Zustände lieber im "Dschungel". Anstatt ihnen zu helfen, will die Regierung sie auf 160 Aufnahmelager in Frankreich verteilen, ohne Möglichkeit, sich auf diese Umsiedlung vorzubereiten.
Wer einen Asylantrag stellt, soll „menschenwürdig“ untergebracht werden. Wer kein Recht auf Asyl bekommt, soll ausgewiesen werden, so die Linie der Regierung. Die Flüchtlinge wissen also nicht, wohin die Reise geht. Aus ganz Frankreich reisen 50 Rechtsanwälte nach Calais, um den Flüchtlingen rechtlichen Beistand zu gewähren.
Auch Frankreich ist von einer scharfen gesellschaftlichen Polarisierung geprägt. Die Räumung der Camps um Calais richtet sich nicht nur gegen die Migranten, sondern zugleich gegen die internationalistische Solidaritäts- und Hilfsbewegung zu ihrer Unterstützung. Denn entgegen der Hetzpropaganda gilt Calais als ein Ort mit einer ausgeprägten Willkommenskultur für Flüchtlinge. Über 300 freiwillige Helfer aus Frankreich und Großbritannien sorgen z.B. für tägliches warmes Essen.
Die MLPD verwirklicht in Deutschland eine proletarische Flüchtlingspolitik, in dem sie nicht nur für die Flüchtlinge, für ihre Asyl- und Bleiberechte auf antifaschistischer Grundlage kämpft, sondern gemeinsam mit ihnen. So konnte auch die reaktionäre, per Bundesgesetz verordnete Wohnsitzauflage in verschiedenen Kommunen teilweise ausgesetzt werden. Ausdruck dieser proletarischen Flüchtlingspolitik ist auch das „Haus der Solidarität“, das im thüringischen Truckenthal gemeinsam mit Flüchtlingen und mit Unterstützung der dortigen Bevölkerung erbaut wird, oft gegen den Widerstand der Behörden.
Die Zustände im "Dschungel" und das Vorgehen des französischen Staat zeigen, dass die Krise der bürgerlichen Flüchtlingspolitik mitnichten gelöst ist. Sie kann auch durch die bürgerlichen Politiker nicht gelöst werden. Einzig der gemeinsame Kampf gegen den Imperialismus als Ursache von Kriegen, Umweltzerstörung, Ausbeutung und Unterdrückung und für eine sozialistische Zukunft bietet hier eine Perspektive.

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