Dienstag, 25. Oktober 2016

Bundespräsident aus der Garnisonkirche (Otto Köhler)


In seinem Kampf um die gesicherte Vizekanzlerschaft nach der Bundestagswahl 2017 darf der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel immer mehr Erfolge verzeichnen. Auf dem kleinen SPD-Parteitag hat er unter Ausschluss der Öffentlichkeit eine Zweidrittelmehrheit von Funktionären hinter seinen Antrag für das Handelsabkommen CETA gebracht. Damit ist gegen den Willen der Basis eine Fortführung der schwarzroten Koalition gesichert.

Einen rotrotgrünen Präsidentschaftskandidaten Navid Kermani hat Gabriel inzwischen – man darf doch die besorgen Pegidabürger nicht unnötig reizen – auch erledigt und an seiner Stelle erst einmal Außenminister Frank Steinmeier ins Rennen gebracht. Damit aber scheint er – wie zu erwarten – an der Bundeskanzlerin Angela Merkel zu scheitern.

Für sie hat als erster der einflussreiche Westberliner Tagesspiegel einen Präsidentschaftskandidaten reaktiviert: den ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland Wolfgang Huber. Diesen Ex-Bischof von Berlin-Brandenburg wollte die Kanzlerin selbst schon einmal ins Rennen schicken, 2010 gegen den rotgelbgrünen Kandidaten und schließlichen Sieger Joachim Gauck. Am letzten September-Dienstag plädierte nun der Tagesspiegel dafür, dass Huber 2017 tatsächlich für das Amt kandidiere. Dass damit ein evangelischer Bischof einem evangelischen Pastor nachfolge, zähle nicht, plädierte Tagesspiegel-Chef Claus Hinrich Casdorff, beide seien ja nicht mehr in ihrem Kirchenamt. Aber, so fuhr er fort: »Ein klares Wertegerüst kann doch nun wirklich nicht schaden.«

So ein Gerüst dürfen wir von dem Ex-Bischof erwarten. In Cicero, der Zeitschrift für besorgte Bürger, warnte Huber vor einer »Islamisierung Europas«. Während diese Ossietzky-Ausgabe gedruckt wird, beschließt der kommende Bundespräsidentenkandidat den 12. Freiburger Mittelstandskongress mit dem von ihm selbst gestellten Thema »Führung neu denken«.

Eines verbindet Sigmar Gabriel und den nun mutmaßlich kommenden Bundespräsidenten: Sie hatten beide Nazi-Väter. Und das unterscheidet sie: Gabriel hasst den Nazi, der bis zu seinem Tod der kleine verstockte Nazi blieb, der er immer war, der ihm Literatur aufdrängen wollte, dass es einen Holocaust nie gegeben habe, schon gar nicht in Auschwitz, wohin der Jungsozialist Sigmar fuhr, um die Wahrheit zu erfahren.

Bischof Huber aber liebt – wie er öffentlich bekundete – seinen Vater Ernst Rudolf Huber, den Kronjuristen des Nazireiches »der die Ausscheidung des Judentums aus dem Volkskörper pries« und die dazu nützlichen »Nürnberger Gesetze« mitausarbeitete.

Solch altmodischen Antifaschismus, wie ihn sich Gabriel bis heute noch immer leistet, wird er abschminken müssen, wenn er unter dem Bundespräsidenten Huber, wie beabsichtigt, wieder Vizekanzler werden will.

Und er wird kein respektloses Wort über den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche verlieren dürfen, jenem heiligen Ort, in dem sich Reichspräsident Paul von Hindenburg und Reichskanzler Adolf Hitler nach dem Reichstagsbrand die Hand zur nationalen Versöhnung reichten. Altbischof Huber gründete 40 Jahre, nachdem der bekannte Unrechtsstaat die Überreste des im Krieg zerstörten Weiheorts für das Dritte Reich beseitigte, als Vorsitzender das Kuratorium für den Wiederaufbau der Garnisonkirche.

Wer wissen will, was ein kommender Bundespräsident noch so alles vorhat, kann ihm am Montag, den 23. November, in der Berliner Urania begegnen. Dort hält er einen Werbevortrag für die Wiederherstellung der Garnisonkirche.

Noch könnte eine aufwachende Sozialdemokratie verhindern, dass ein Bundespräsident Huber den Festvortrag zur Einweihung der wiederaufgebauten Garnisonkirche hält, in der schon unter Wilhelm II. für den Krieg gepredigt wurde.

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