Dienstag, 22. Dezember 2015

Braunkohle-Ausstieg: "Weiter so" trotz Pariser Klimaabkommen?

Braunkohle-Ausstieg: "Weiter so" trotz Pariser Klimaabkommen?
Braunkohle-Tagebau verursacht immense Gesundheits- und Landschaftsschäden (foto: RoDobby / Pixabay)
21.12.15 - Osterwetter an Weihnachten beendet das bisher wärmste Jahr seit Beginn der Klimaaufzeichnung. Mit dem Klimaschutzabkommen von Paris haben sich vor einer Woche alle Staaten der Welt vertraglich auf das Ziel verpflichtet, die Erderwärmung auf "deutlich unter zwei Grad" zu begrenzen. Erreicht werden soll das durch völlig unverbindliche "Selbstverpflichtungen" der einzelnen Länder, ohne eine einzige konkrete Vorgabe zur Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Treibhausgase.
Der Ausstoß des Haupttreibhausgases CO2 soll erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in der Bilanz auf Null gebracht werden, er kann dazu mit betrügerischen Maßnahmen wie unterirdischer CO2-Verpressung "verrechnet" werden. Wirksame Sofortmaßnahmen gegen den beschleunigten Übergang in die globale Umweltkatastrophe werden damit verhindert, der Weltöffentlichkeit wird genau das aber vorgegaukelt (mehr zu den Hintergründen des Klimagipfels im neuen Interview mit dem MLPD-Vorsitzenden Stefan Engel).
Wenige Tage vor der Klimakonferenz verkündete Umweltministerin Barbara Hendricks werbewirksam einen neuen Klimaaktionsplan der Bundesregierung an, der vor der Sommerpause 2016 beschlossen werden soll. In einem Zeitraum von 20 bis 25 Jahren soll es demnach in Deutschland keine Energiegewinnung aus der Verbrennung von Kohle, Gas und Öl mehr geben.
Bei genauer Betrachtung unterscheidet sich das nicht wesentlich von den Plänen der Energiekonzerne selbst. So will RWE laut Matthias Hartung, Chef der Erzeugungssparte des Konzerns, dessen beiden größten Tagebaue Garzweiler und Hambach noch bis "etwa Mitte des Jahrhunderts" weiterführen. Für einen "langfristigen Kohle-Ausstieg" strebt RWE eine "Verhandlungslösung" an. "Dies würde dem Unternehmen Planungssicherheit geben und ihm ermöglichen, noch zwei Jahrzehnte oder länger Geld mit der Kohle zu verdienen", schreibt dazu der "Kölner Stadtanzeiger" vom 25. November.
Entsprechend sind den Konzernen auch die von der Ministerin genannten 20 bis 25 Jahre für den Ausstieg noch zu ambitioniert. "Es ist jetzt nicht die Zeit, überstürzt über neue EU-, geschweige denn nationale Ziele, nachzudenken", tönte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo. Die Ministerpräsidentin von NRW, Hannelore Kraft (SPD), fuhr ihrer Parteifreundin Hendricks und dem grünen Koalitionspartner über den Mund: "Wir brauchen kein Kohleausstiegs-Gesetz und erst recht keine Debatten, die Tausende Mitarbeiter verunsichern." Mit anderen Worten: Heilig ist der Maximalprofit von RWE, was gehen uns die unverbindlichen Worte aus Paris an. Von "Fürsorge um die Mitarbeiter" sieht man bei den Zechenstilllegungen wenig.
Die Umweltbewegung und mit ihr fast 70 Prozent der Bevölkerung wollen jedoch einen raschen Ausstieg aus der fossilen Verbrennung und die umfassende Durchsetzung erneuerbarer Energien. 45 Prozent der deutschen Treibhausgas-Emissionen stammen aus Nordrhein-Westfalen. Mit 86 Millionen Jahrestonnen entfallen mehr als die Hälfte der CO2-Emissionen aus der Energiegewinnung in NRW auf die vier Braunkohle-Großkraftwerke von RWE. Der Braunkohle-Tagebau verursacht zudem immense Gesundheits- und Landschaftsschäden, unter anderem durch Zerstörung von Trinkwasserreserven sowie Verwehung giftiger Schwermetalle und radioaktiven Urans.
Deshalb fordert die MLPD in ihrem Kampfprogramm "Rettet die Umwelt vor der Profitwirtschaft!" unter anderem: "Sukzessives und dann vollständiges Ersetzen fossiler Brennstoffe durch regenerative Energien! Energiegewinnung vor allem aus Sonne, Wind, Wasser und Bioabfällen! Senkung der Treibhausgas-Emissionen um 70 bis 90 Prozent bis zum Jahr 2030 und klarer Kurs auf Absenkung des CO2-Gehalts in der Luft auf 350 ppm (Parts per Million, Teile pro Million)! Kampf dem zerstörerischen Abbau von Rohstoffen: Verbot von Tiefseebohrungen, Fracking und extraktivem Tagebau!" (siehe auch "Katastrophenalarm – Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?", S. 277 und 279).

Steinkohle wird allerdings im Gegensatz zur "dreckigen" Braunkohle als Rohstoff gerade für die Umwelttechnik weiter benötigt! Somit steht die Aufgabe unvermindert, dass Arbeiter- und Umweltbewegung gemeinsam für wirksamen Klimaschutz, Ersatzarbeitsplätze für die Braunkohle-Kumpel und gegen Zechenstilllegungen kämpfen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen