Donnerstag, 8. Oktober 2015

Erdogan-Besuch in Brüssel: Moralische Bankrotterklärung Europas

PRO ASYL zur Abriegelung der griechisch-türkischen Grenze in Kooperation mit der Türkei Beim heutigen türkisch-europäischen Gipfeltreffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan soll die Abriegelung der Ägäis-Grenze eingeleitet werden. Laut FAS plant die EU-Kommission, dass türkische und griechische Grenzschutzeinheiten in Kooperation mit Frontex die Seegrenze abriegeln und alle Flüchtlinge in die Türkei zurückweisen, wo diese in von der EU mitfinanzierten Flüchtlingslagern festgehalten werden sollen. „Dies ist eine moralische Bankrotterklärung Europas“, kritisierte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL, „die EU hebelt damit die Menschenrechte aus.“ Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention und Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verbieten Zurückweisungen von Schutzsuchenden. Die Pläne, die vor allem syrische, afghanische und irakische Flüchtlinge an der Flucht nach Europa hindern sollen, brechen mit dem internationalen Flüchtlingsrecht. Die Türkei, die bereits mehr über zwei Millionen Flüchtlingen beherbergt, soll den EU-Plänen zu Folge sechs Flüchtlingslager für weitere zwei Millionen Flüchtlinge aufbauen. „Für diesen Deal wird die Türkei der EU einen sehr hohen Preis abverlangen“, befürchtet Günter Burkhardt. Um Flüchtlingen den Weg nach Europa abzuschneiden, scheint die EU bereit zu sein, der Türkei weitreichende Zugeständnisse zu machen. Die Türkei plant, in Nordsyrien eine sogenannte Sicherheitszone zu schaffen, vorgeblich um Flüchtlingslager auf syrischem Boden zu errichten. Die Pläne setzen eine massive militärische Intervention der Türkei in Nordsyrien voraus und lassen eine weitere militärische Eskalation des Konflikts zwischen der türkischen Regierung und Kurden in Nordsyrien und der Türkei befürchten. „Unter keinen Umständen darf die EU diese brandgefährlichen Pläne hinnehmen oder gar unterstützen“, so Burkhardt. Eine weitere Eskalation des Konflikts wird noch mehr Menschen zur Flucht zwingen. Vor dem Hintergrund des aufflammenden Konflikts zwischen der türkischen Regierung und der kurdischen Minderheit sowie zahlreichen Berichten über Menschenrechtsverletzungen in der Türkei ist die Diskussion um die Einstufung der Türkei als sicheres Herkunftsland zynisch. Sie zeigt, dass das Konzept der „sicheren Herkunftsländern“ allein politischem Kalkül folgt, nicht der Realität. Angeblich soll die EU Bereitschaft zeigen, 500.000 Flüchtlinge direkt aus der Türkei aufzunehmen. Angesichts der für zwei Millionen Menschen geplanten EU-Flüchtlingslager in der Türkei ist diese Zahl gering - und angesichts der Unwilligkeit der meisten EU-Staaten, Flüchtlingen Zuflucht zu gewähren, zugleich hoch angesetzt. Zu befürchten ist, dass sich die EU nur auf eine rigide Grenzabriegelung einigen kann. Die Türkei droht für Flüchtlinge zur Falle zu werden. Die Hauptverantwortung für das humanitäre Desaster tragen westliche Industriestaaten wie Großbritannien, Frankreich, Niederlande und andere, die sich noch immer weigern, die über Griechenland, Ungarn, Österreich, Deutschland kommenden Flüchtlinge einreisen zu lassen. Statt der Abriegelung der Grenzen muss die EU alles daran setzen, dass sich alle Mitgliedsstaaten zu einer solidarischen Asylpolitik bereit erklären, die die Menschenrechte von Schutzsuchenden wahrt.

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