Samstag, 31. Januar 2015

Erste bundesweite Warnstreikwelle der IG Metall: "Wir wollen voll in die Eisen steigen"

30.01.15 - Um Mitternacht am Donnerstag, direkt mit Ende der Friedenspflicht, begann der Auftakt der Warnstreikwelle der IG Metall in der Tarifrunde. Bundesweit gingen zu diesem Zeitpunkt viele Tausende Metaller vors Tor in den Warnstreik: Ob bei Ford in Köln, Daimler in Bremen, Neckarsulm, Sindelfingen, Daimler Kassel, in Frankfurt/Main, Offenbach, Bremen, bei ArcelorMittal Hamburg, in Kiel, Flensburg ... Die Streikwelle ging den ganzen gestrigen und heutigen Tag über weiter und wird sich in in verschiedenen Städten Deutschlands fortsetzen. Die von der IG Metall veröffentlichten Zahlen von den Anfangs streikenden Nacht- bzw. Frühschichten und heute streikenden Tagschichten sprechen eine deutliche Sprache: Allein am Auftakt der Streikwelle beteiligten sich 70.000 Arbeiterinnen und Arbeiter. Insgesamt waren nach den letzten Meldungen der Gewerkschaft rund 125.000 Metallerinnen und Metaller im Ausstand. Im Bezirk Küste waren zum Streikbeginn 3.800 Metall-Arbeiter im Warnstreik. Die größte Arbeitsniederlegung gab es in Bremen, wo Arbeiter der Nachtschichten von Daimler und dem Autozulieferer Lear streikten. Nach aktuellen Zahlen der Gewerkschaft haben sich bisher in Norddeutschland insgesamt 4.500 Arbeiterinnen und Arbeiter an den Warnstreiks beteiligt. In Baden-Württemberg streikten über 25.000 Beschäftigte aus mehr als 100 Betrieben in der Nacht- und Frühschicht. Wie die IG Metall heute mitteilte, waren heute wieder 24.500 Beschäftigte aus 175 Betrieben auf den Beinen. Damit sind nach den ersten zwei Tagen nach der Friedenspflicht mehr als 55.000 Arbeiter im Streik gewesen. In Niedersachsen und Sachsen-Anhalt gingen in der Nacht mehr als 740 Metaller aus 24 Betrieben auf die Straße. Laut IG Metall waren am heutigen Freitag 5.176 Metall-Arbeiterinnen und -arbeiter am Warnstreik beteiligt. Über 1.500 Metallarbeiter aus elf Betrieben waren in Hessen und Rheinland-Pfalz zu Streikbeginn im Ausstand. Von 5.670 Streikenden gestern Nacht und heute Früh berichtet die IG Metall aus Berlin, Brandenburg und Sachsen. Nach aktuellen Meldungen der Gewerkschaft fanden sich heute in Berlin 200 Metallerinnen und Metaller vor dem Haus der Wirtschaft ein, um die zweite Verhandlung einzuläuten. In Sachsen legten heute unter anderem rund 1.000 Arbeiter bei Bombardier in Görlitz und Bautzen die Arbeit nieder. In Bayern waren mehr als 2.100 Nacht- und Frühschicht-Arbeiter nicht an ihrem Arbeitsplatz. Am heutigen Freitag brachte der Warnstreik 3.400 Beschäftigte vor die Werkstore. In Nordrhein-Westfalen schließlich legten über 3.000 Metall-Arbeiter der Nacht- und Frühschichten die Arbeit nieder. Die größte Warnstreikaktion gab es hier in Köln bei den Ford-Werken, mit 1.500 Streikenden. Am heutigen Tag brachten "16.000 Warnstreikende ... den Pott zum Kochen", so die Gewerkschaft. Die IG Metall fordert für die 3,7 Millionen Arbeiter und Angestellten der Metall-und Elektro-Industrie 5,5 Prozent mehr Lohn, bessere Regelungen für die Altersteilzeit und eine bezuschusste Bildungsteilzeit. Die Kollegen sind empört über die Arroganz der Metall-Kapitalisten. Diese wollten in der zweiten Verhandlungsrunde die Kollegen mit Brosamen von 2,2 Prozent bei immer weiter steigender Arbeitshetze abspeisen. Bei der Bildungsteilzeit wird vollständig blockiert und bei der Altersteilzeit sogar von Verschlechterungen gemunkelt. Solche Töne angesichts dessen, dass die Metall-Arbeiter 2013 immerhin einen Umsatz von fast 1 Billion Euro (999 Milliarden) erwirtschaftet haben. Das ist mehr als das zusammengerechnete jährliche Bruttoinlandsprodukt von Belgien, Schweden, Dänemark und Luxemburg. Das hält die Kapitalisten aber nicht vom Jammern ab: "Die umfangreichen Warnstreiks", so Stefan Wolf, Südwestmetallchef, "schadeten bereits jetzt den Unternehmen erheblich. Das ist weder angesichts der unsicheren Konjunkturlage hilfreich, noch wird es dadurch leichter, eine friedliche Lösung des Tarifkonflikts zu finden." In den Tarifrunden wird unter den Kolleginnen und Kollegen intensiv diskutiert: Ein Kollege aus Sindelfingen schildert die Stimmung beim Warnstreik, an dem sich bis zu 12.000 Daimler-Kolleginnen und -Kollegen beteiligten: Sie wollen das Hin-und Her zwischen der IG-Metall-Führung und den Metall-Kapitalisten, und deren Rituale, die ihnen zum Hals raus hängen, nicht mehr. Sie sind skeptisch, ob nicht alles wieder verrechnet wird und dann unterm Strich eine "Promille"-Lohnerhöhung herauskommt. Sie wollen gleich "voll in die Eisen steigen". Sie spüren sehr wohl, welche Kraft sie haben, wenn nicht wieder ewig lange mit der Urabstimmung gefackelt wird und bundesweit gemeinsam raus gegangen wird. "Die 600 Flieger im letzten Jahr habt ihr Kollegen gebaut, nicht das Management!" Für diese klare Ansage bekam der stellvertretende Leiter des IGM-Vertrauenskörpers, Rainer Brodersen, den meisten Beifall bei der Warnstreikkundgebung vor Airbus Finkenwerder zum Auftakt der Streikwelle. 1.000 Kollegen hatten sich relativ kurzfristig versammelt. Einig war man sich, dass die Haltung der Unternehmerverbände eine einzige Provokation war, die eine deutlichere Antwort als nur zwei Stunden Warnstreik erforderte. Eine Antwort auf viele dieser offenen Fragen verspricht eine Podiumsdiskussion der Freunde der internationalen Automobilarbeiterkonferenz, Sindelfingen e.V., am morgigen Samstag, den 31. Januar (weitere Infos). Beim Sindelfinger Warnstreik wurde breit dazu eingeladen. Auf der Podiumsdiskussion werden sich unter anderem Vertreter von Opel Bochum und Daimler Bremen darüber auseinandersetzen: "Wie müssen Gewerkschaften heute kämpfen?" Die MLPD wird ihre Standpunkte in die Diskussionen dieser Tarifrunde einbringen, sowohl was die notwendige Entfaltung der gewerkschaftlichen Kampfkraft angeht, als auch weitergehende Forderungen wie "Weg mit der Rente mit 67". Stattdessen fordert die MLPD eine Senkung des Rentenalters auf 60 Jahre für Männer und 55 Jahre für Frauen bei vollem Rentenausgleich sowie Festsetzung einer staatlichen Mindestrente unabhängig von der persönlichen Berufstätigkeit. Angesichts der krisenhaften Entwicklung und der Überausbeutung von Mensch und Natur sieht die MLPD die Zukunft der Arbeiterklasse im echten Sozialismus, in dem die Arbeiterinnen und Arbeiter durch die Diktatur des Proletariats die Macht in der Hand haben.

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