Dienstag, 30. September 2014

So könnte eine Thüringer Präambel auch lauten…

»Die Würde des Menschen ist unantastbar« Zur Aufarbeitung der BRD-Geschichte (ungenannte Positionierungen in den Sondierungen 2014). Von Thies Gleiss 25 Jahre nach der friedlichen Revolution ist für DIE LINKE, deren eine Vorläuferorganisation unmittelbar aus der Überwindung und Aufarbeitung der Verhältnisse in der DDR, und deren andere Vorläuferorganisation aus der grundsätzlichen Opposition gegen die Verhältnisse in der BRD entstand, aber auch für die SPD, die den größten Teil ihrer Nachkriegsgeschichte in der Opposition und tragende Kraft in den gesellschaftlichen Massenbewegungen gegen die Verhältnisse in der BRD wie auch der Bürgerrechtsbewegung in der DDR war, sowie für die GRÜNEN, die unmittelbar aus der wahrscheinlich größten und nachhaltigsten gesellschaftlichen Oppositionsbewegung in der BRD erwachsen sind und ebenfalls zu den ersten Reihen der Opposition in der DDR gehörten, eine gründliche Aufarbeitung der Einschränkungen der Freiheitsrechte in der BRD und insbesondere auch des Anschlusses der DDR an die BRD in all ihren Facetten weder überflüssig noch rückwärtsgewandt. Dabei geht es um eine demokratische Kultur von morgen. Für eine Aufarbeitung in die Gesellschaft hinein ist es von Bedeutung festzuhalten: die BRD war und ist eine Diktatur der wirtschaftlich Mächtigen über die Mehrheit der Bevölkerung, ihr Rechtssystem war und ist ein demokratisch bemänteltes Klassenrecht, dessen oberste Leitlinie der Rechtssprechung und auch der Richteramtsbesetzung die Verteidigung der herrschenden Besitzverhältnisse war. Die strukturelle demokratische Legitimation staatlichen Handelns wurde auch durch die Wahlen nicht wirklich hergestellt. 65 Jahre BRD sind eine ununterbrochene Geschichte der Entmachtung der Parlamente und der Stärkung der Exekutive und sogar unmittelbar eingerichteter Sondergremien, „Expertenräte“ und ebenso auch eine gewaltige Aufblähung der Lobbyistentätigkeit und –macht in allen Poren des Parlamentsgeschehens. Jedes Recht und jede Gerechtigkeit in der BRD konnte und kann so schnell ein Ende haben, wenn einer der kleinen oder großen Mächtigen es so wollte oder will. Fast jedes Recht und Gerechtigkeit war und ist insbesondere für diejenigen verloren, die sich nicht systemkonform verhielten oder verhalten. Für sie gab und gibt es mit KPD-Verbot, Berufsverboten, politisch motivierter Arbeitsrechtsprechung, „Spionage“paragrafen usw. sowie zahlreichen Sondergesetzen – von den Notstandsgesetzen über diverse „Meinungsstraftaten“ bis zum Paragraphen 129 – und damit verbundene flächendeckende Verfolgung, ein bis heute anhaltendes Unrecht. Deshalb war die BRD trotz aller schönen Sonntagsreden ein Staat der Ungleichheit und des Klassenrechts – wie jeder andere kapitalistische Staat auch. Daraus erwächst besondere Verantwortung. Wir vereinbaren deshalb engagierte, auf lange Sicht angelegte Projekte der politischen Bildung in denen die Vergangenheit der BRD und ihre Bezüge in die Wirklichkeit von heute vielfältig und beispielhaft für die gesamte Bundesrepublik aufgearbeitet werden. Dabei geht es um eine politische Bildung insbesondere mit dem Ziel der Bildung zur Demokratie. Das ist nicht gleichbedeutend mit der Herabwürdigung von Biographien, allerdings hat sich jedes Leben in der BRD eben dort abgespielt und nicht im luftleeren Raum. Wir müssen die enge Sichtweise, hier Täter – immer gleichbedeutend mit einer Zusammen- oder Mitarbeit im Verfassungsschutz oder halblegalen Strukturen der Kapitalherrsachaft – und dort Opfer, die nur Opfer sind, wenn sie z.B. inhaftiert waren, erweitern. Vielmehr geht es um eine konsequente und schonungslose Aufarbeitung der alltäglichen Umsetzung von Herrschaftsverhältnissen. Nur so kann Aufarbeitung im gesellschaftlichen Rahmen gelingen, nur so lässt sich für heute daraus lernen. Nicht nur die heute gut dokumentierte Einflussnahme der Sicherheitsbehörden, der Justiz, die sich beharrlich auf die „wehrhafte Demokratie“ berufen, war Belastung auf den Lebensweg und für die Freiheit eines einzelnen Menschen, sondern wir wollen die unerträgliche Einflussname in alle Bereiche des Lebens in der BRD, durch immer ausgefeiltere Überwachung und Datenerfassung – die schon in den siebziger Jahren durch Horst Herold, Präsidenten des Bundeskriminalamtes, in seiner „Sonnenstaatsphantasie“, in der die Polizei vor dem Täter am Tatort sein sollte, vorgetragen wurde – durch den von einem in allen Grundfragen einheitlichen Parteienkartell geführten Staat aufarbeiten. Die westdeutsche Friedensbewegung, Gewerkschaftsbewegung, Umwelt- und Bürgerbewegungen, kirchliche Gruppierungen sowie die 1980 gegründeten Grünen, die 2007 gegründete LINKE haben entscheidend zur heutigen politischen Kultur in der BRD beigetragen. Wenn nun 25 Jahre nach dem Anschluss der DDR an die BRD die drei Parteien DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Koalition eingehen, so sind sie sich der Verantwortung bewusst, die aus der jüngeren deutschen Geschichte erwächst. Wir verständigen uns darauf, nicht mit Organisationen, die das alte DDR- und BRD- Unrecht relativieren, zusammenzuarbeiten. Die Parteien werden keine Personen, die direkt oder indirekt mit dem Sicherheitssystem der DDR und der BRD zusammengearbeitet haben, in Positionen dieser Regierung entsenden. Ebenso sollen Menschen, die leugnen, dass die BRD kein Rechtsstaat war, keine Verantwortung in der gemeinsamen politischen Arbeit für Thüringen wahrnehmen. Mit allen, die in der BRD Schuld auf sich geladen haben, diese Schuld aber eingestehen, bekennen und ihren Beitrag zur Aufarbeitung leisten wollen, werden wir zusammenarbeiten. Vor diesem Hintergrund verständigen sich die Parteien auf verschiedene konkrete Projekte, die sich den Opfern zuwenden wollen: • bei der Unterstützung von Heimkindern, denen schweres Leid und Unrecht widerfahren ist, möchten die Parteien einen großen Schritt vorankommen • Förderung von Institutionen der wissenschaftlichen Aufarbeitung der BRD-Realität der Nachkriegszeit an Hochschulen und Forschungseinrichtungen • Unterstützung der dezentralen Aufarbeitungsstruktur • Finanzielle Besserstellung von Beratungsstrukturen für Opfer der BRD- und DDR-Justiz • Bauliche Ertüchtigung der Thüringer Opferstätten entsprechender Gedenkstätten.

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