Sonntag, 8. Dezember 2013

Syrien: Der imperialistische Aufmarsch geht unvermindert weiter

Auch wenn momentan der "drohende US-Militärschlag", d.h. die Bombardierung Syriens aus der Luft und von der See, und die damit verbundene unmittelbare Kriegsgefahr aus den imperialistischen Medien wieder ziemlich verschwunden ist, hält der Flottenaufmarsch vor und um Syrien unvermindert an - ebenso wie die Aufrüstung der "Freien Syrische Armee" und diversester sonstiger reaktionärer Kriegsverbrecherbanden durch die westlichen Imperialisten und ebenso wie die Aufrüstung des syrischen Regimes durch die russischen Imperialismus (samt der Verlegung russischer Luftwaffen-, Luftabwehr- und Raketentruppen sowie wahrscheinlich Truppen zur Unterstützung von Küstenschutz- und Landungsoperationen nach Syrien). Syrien ist nach wie vor ein Kriegsbrandherd erster Ordnung und je dichter die Flottenpräsenz der rivalisierenden Imperialisten, je intensiver ihre Manöver und Bewegungen (einschließlich der Raketenübungen ins offene Meer, auch seitens Israels), je größer daher ihre Nervosität wird, desto leichter kann es zu Zusammenstößen und unkontrollierbaren Folgen kommen, selbst wenn diese nicht oder jedenfalls im Moment nicht gewollt sein sollten. Der Flottenaufmarsch im östlichen Mittelmeer ist enorm: Dort kreuzten im September 2013 vier US-Raketenzerstörer, ausgerüstet mit jeweils 40 Marschflugkörpern, inzwischen sind es fünf oder sechs. Es gibt auch U-Boot-gestützte Raketen, aber deren Standort lässt sich nicht verifizieren. Dazu kommt der Flugzeugträger Nimitz, der inzwischen den Suezkanal passiert hat und am 20.Oktober im Mittelmeer eingelangt ist - begleitet vom Raketenkreuzer Monterey. Im Arabischen Golf liegen weitere US-Flottenverbände, darunter der Flugzeugträger Harry Truman. Die britische Flottenpräsenz ist, da ja dem Cameron-Regime eine Beteiligung an einem Syrienkrieg durch das eigene Parlament vermasselt wurde, vordergründig nicht auf eine Teilnahme an einem Angriff auf Syrien gerichtet. Allerdings fand kürzlich vor der albanischen Küste ein Manöver unter Beteiligung von zwei Fregatten, eines Hubschrauberträgers und eines Landungsschiffes statt. Und irgendwo im Mittelmeer kreuzt ein mit Tomahawk-Raketen bestücktes strategisches U-Boot. Irgendeinen "Beitrag" wird im Fall des Falles auch der britische Imperialismus leisten. Die Präsenz des lautesten Kriegsschreiers, Frankreich, ist mit der Fregatte Paul Chevalier, von der aus auch Libyen bombardiert wurde, relativ bescheiden. Anscheinend wurde auch keiner der drei Hubschrauberträger in das östliche Mittelmeergebiet verlegt; wahrscheinlich sind sie in Westafrika und am Horn von Afrika unabkömmlich. Die dort oder da kolportierte "Einsatzfähigkeit binnen 48 Stunden" des Flugzeugträgers Charles de Gaulle, der nach dem Asien- und dann Libyen-Einsatz generalüberholt wurde und entgegen anders lautenden Gerüchten nach wie vor in Toulon liegt, ist zwar denkbar, aber bisher nicht offiziell bestätigt Auch Italien hat einen Zerstörer und eine Fregatte in die Region verlegt - angeblich zur Unterstützung und Sicherung der UNIFIL-Operation im Libanon. Und auch die deutschen Imperialisten tragen ein bisschen etwas bei, indem die Fregatte Mosel (angeblich zur eventuellen Evakuierung deutscher Bürger aus dem Libanon) bereit steht, vor allem aber, indem das Spionageschiff Oker, das schon unter der rot-grünen Regierung die US-Aggression gegen den Irak unterstützte, den anderen westlichen Imperialisten zuarbeitet. (Die beiden Schnellboote Wiesel und Frettchen sind offiziell UNIFIL-Verbände, müssen aber eher schauen, dass sie in (militärisch) bewegter See nicht selbst unter die Räder bzw. Schiffspropeller geraten). Dem westlichen Flottenaufmarsch steht ein noch massiverer russischer gegenüber. Die russische Marine ist mit mehr als einem Dutzend Kriegsschiffen im Mittelmeer vertreten. Darunter befinden sich die Landungsschiffe Pereswet, Nowotscherkassk, Jamal, Alexander Schabalin, Nikolai Filtschenkow, Saratow, Asow und Kaliningrad, der Kleine Kreuzer Admiral Newelskoi, das Amphibienschiff Minsk, der Zerstörer Admiral Penteljew, der Raketenkreuzer Moskwa (für die NATO ein "Flugzeugträger-Killer"), die Küstenschutzschiffe Smetliwy (zugleich das Flaggschiff der "Syrienflotte") und Jaroslaw Mudry. Das Landungsboot Nikolai Filtschenkow lief am 25. September in syrische Gewässer ein und wurde von zwei syrischen Raketenbooten begrüßt. Dazu kommen einige Versorgungsschiffe, d.s. der Tanker Petchenga und das Rettungsschiff Krylow. Zum Verband wird zudem bald der aus dem Pazifik in Marsch gesetzte Flugzeugträger Admiral Kusnezow stoßen. Weiters wurde ein U-Boot-Zerstörer der Baltischen Flotte (Seweromorsk?) verlegt und kreuzt vor der syrischen Küste. Ebenso angeblich ein mit Atomsprengköpfen bestücktes Nuklear-U-Boot (letzteres beruht aber nur auf US-Berichten und wurde von Russland nicht bestätigt). Es wurden in den letzten Monaten Schiffe der Baltischen, der Pazifik- und der Schwarzmeerflotte ins Mittelmeer verlegt. Bemerkenswert nicht nur die Zahl, sondern auch die Schiffstypen (Landungsschiffe, Amphibienschiffe (mit schwerem gepanzerten Gerät an Bord und Unterstützung durch Kampfhubschrauber), Marineinfanterie... und die ganze Infrastruktur für einen veritablen Krieg). Man sieht, dass sich die russische Flotte nicht nur auf einen See- und Luftkrieg vorbereitet, sondern dass auch ein Aufmarsch im Hinblick auf Kriegshandlungen auf syrischem Boden und an den syrischen Küsten stattfindet. Und es wird sich sicher nicht bloß um ein riesiges "Manöver mit Realbezug" handeln. Auch China ist vor Ort und mit dem Landungsschiff Jinggangshan (samt 1.000 Marineinfanteristen!) vertreten. Russland hat weiters seine Schwarzmeerflotte ganz in der Nähe. Das russische Raketenschiff Grad Swijaschsk ist im März 2013 vom Stapel gelaufen. Das Schiff ist für Flachwasser- Einsätze, z.B. im Kaspischen Meer oder in Küs- tenbereichen, und den Beschuss vom Meer- und Küstenzielen konzipiert und schwer bewaffnet mit Schiffsartillerie, Marschflugkörpern gegen See- und Küstenziele, Flugabwehrraketen und überschweren Maschinengewehren. Die Schwarzmeerflotte übt inzwischen fleißig weiter. Im September fand das Marinemanöver "BlackSeaFor" statt, an dem sich (ein seltsames Teilnehmerspektrum!) alle Schwarzmeer Anrainer (Bulgarien, Georgien, Rumänien, Russland, Ukraine und Türkei) beteiligten. Das Manöver stand unter russischem Kommando mit der Kommandozentrale in Varna (Rumänien) und dauerte 13 Tage plus diverse Hafenaufenthalte. Besorgniserregend dabei - abgesehen von der eigentlichen Kriegsgefahr, die von jeder solchen Flottenkonzentration und -konfrontation ausgeht - auch die Massierung von Atomreaktoren (Schiffsantrieben) und möglicherweise auch Atomwaffen im östlichen Mittelmeer. Ein normaler U-Boot-Reaktor hat eine Leistung von 150 Megawatt mit entsprechend viel Kernbrennstoff, die USS Nimitz hat wie jeder andere US-Flugzeugträger zwei Reaktoren mit je 140 MW Leistung ebenfalls mit entsprechend viel Kernbrennstoff. Man kann sich die verheerenden Konsequenzen für den Mittelmeerraum und weit darüber hinaus ausmalen, wenn einer oder mehrere dieser Reaktoren im Zuge von Kampfhandlungen in die Luft gingen. Neben dem Flottenaufmarsch geht auch der Aufmarsch am Boden weiter. Russland liefert(e) an Syrien 130 S-400 Boden- Luft-Raketen (Assad hatte sogar die Lieferung von 200 Stück angekündigt) und 10 MiG-29. In Jordanien werden 1.200 Mitglieder der "Freien Syrischen Armee" von US-, UK- und FR-Instruktoren ausgebildet... 4.500 USSoldaten befinden sich in Jordanien, grenznahe zu Syrien. Die USA verlegten zusätzlich F-16 Jets nach Jordanien, teilweise aus Dubai. Auch zwei weitere Patriot- Batterien werden nach Jordanien verlegt. Seltsamerweise (oder auch gar nicht seltsamer Weise) sind derzeit die Gefahr weiterer imperialistischer Aggressionen gegen Syrien und die der wachsenden Kriegsgefahr wieder ganz aus den Blickfeld verschwunden. Das gilt leider nicht nur für die bourgeoisen Medien, sondern auch für Teile der antiimperialistischen Öffentlichkeit. Seltsamerweise (oder auch gar nicht seltsamer Weise) flammt die antiimperialistische Propaganda auf und ebbt sie genauso wieder ab mit der Konjunktur der Wahrnehmung des Kriegstreibens in den bourgeoisen Medien. Sind diese "besorgt" (vielleicht nur deshalb, weil man selber nur seine Geschäfte in der Region machen will (z.B. im Ölsektor), sich aber nichts darüber hinaus zutraut), sind manche Antiimperialisten es auch, sind diese "erleichtert", sind sie es ebenfalls. Das ist alles in krassem Gegensatz zur Realität. Zudem stößt man seltsamerweise bei vielen Antiimperialisten auf das Phänomen, dass nur die US-Kriegsschiffe (und die der anderen "Willigen") wahrgenommen, die russischen aber ganz übersehen (oder direkt wegeskamotiert) werden - wie man klarerweise umgekehrt in der westlich-imperialistischen Propaganda oft auf das Phänomen stößt, die russische Kriegsvorbereitung zu überschätzen, dies allerdings hauptsächlich nur als "harte Propaganda", während das tatsächliche Ausmaß und die tatsächliche Stärke des russischen Aufmarsches in der Region zugleich oft unterschätzt werden. Die Blindheit mancher Antiimperialisten in Richtung Russland mag man vielleicht damit rechtfertigen, dass die unmittelbare Gefahr des Anzettelns eines Überfalls auf und daher der Entfesselung eines Krieges um Syrien heute von den USA ausgeht, aber die Gesamteinschätzung der Lage in der Region wird so trotzdem komplett falsch. Die Lage der syrischen Arbeiter/innenklasse und des syrischen Volkes, seine Ausbeutung, Ausplünderung und Unterdrückung, die Abhängigkeit und Knechtung des Landes von bzw. durch den Imperialismus, die Machtbasis des Assad- Regimes - das alles, die Wurzeln der Misere, erschöpft sich nicht in den seit drei Jahren anhaltenden Gemetzel und Kriegshandlungen und auch nicht in der Gefahr noch massiverer militärischer imperialistischer Aggressionen. Es macht ja gerade die Situation in Syrien aus, dass der ursprüngliche Volksaufstand gegen das Assad-Regime und dessen "Selbstverteidigung", zuerst v.a. gegen das eigene Volk, inzwischen mehr gegen die "Rebellen", inzwischen zu einem untergeordneten Element in der imperialistischen Rivalität geworden ist. Die Entwicklung geht eindeutig "vom Volksaufstand zum imperialistischen Gemetzel" (PR 54). Nur wenige selbständige und nicht von diesen oder jenen Imperialisten abhängige Volksbewegungen bestehen bzw. haben sich entwickelt - die wichtigste davon ist derzeit die von Rojava im kurdisch besiedelten Teil Syriens. (vgl. Syrien-Artikel in Proletarische Revolution Nr. 54) Stoppen wir die imperialistische Aggression gegen Syrien! Keine Unterstützung für das Assad-Regime! Keine Unterstützung der reaktionären Oppositionstruppen! Das syrische Volk muss seine Zukunft in die eigenen Hände nehmen! Für Volksdemokratie und Sozialismus! ---------------------------------------------------------------- Spenden für das selbstverwaltete Rojava an: Heyva Sor a Kurdistane, Schäferstr.4 53859 Niederkassel, Deutschland, Kreissparkasse Köln, Neumarkt 18-24, IBAN: DE49 370 502 990 004 010 481, BIC/SWIFT: COKSDE33, Zweck: ICOR-ROJAVA ------------------------------------------------------------------- IA RKP Initiative für den Aufbau einer Revolutionär-Kommunistischen Partei Stiftgasse 8, A-1070 Wien, ia.rkp2017@yahoo.com iarkp.wordpress.com Proletarische Revolution Revolutionär-kommunistische Zeitung in Österreich prolrevol.wordpress.com

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen