Sonntag, 28. Juli 2013

Wie organisieren die USA den Drohnenkrieg?

Der genaue Ablauf des US-Drohnen-Kriegs ist öffentlich nicht bekannt. Die Vertreter der US-Regierung wahren weitgehend eine entsprechende Geheimhaltung, sogar gegenüber dem Kongress. Dennoch existieren in der Medienberichterstattung und in wissenschaftlichen Arbeiten Beschreibungen, wie der Drohnen-Krieg der USA organisiert sein dürfte. Diese Angaben basieren zumeist auf (oft anonymen) Quellen aus Kreisen der Regierungsbehörden, der Nachrichtendienste, des Militärs sowie von Informanten vor Ort. Ob diese Informationen wahr, falsch oder irgendwas dazwischen sind, kann daher nicht überprüft werden. Auch verfolgen diese Personen mit der Weitergabe ihres Wissens ihre eigenen Interessen. Diese Tatsache sollte immer bedacht werden. Dieses FAQ versucht die Grundzüge der Organisation des US-Drohnen-Kriegs darzustellen, wie er zumindest häufig in öffentlich zugänglichen Quellen abgebildet wird. Sein Ablauf ist nicht in jedem betroffenen Land gleich, sondern variiert und unterliegt unterschiedlichen Kriterien. Insofern handelt es sich bei diesem FAQ sicherlich um eine gewisse Verallgemeinerung, die dazu dient, zumindest die Grundlagen zu veranschaulichen. Der Einsatz von Kampf-Drohnen der USA ist für folgende Staaten bekannt: Afghanistan, Irak, Libyen, Pakistan, Jemen und Somalia. Die Angaben für dieses FAQ entstammen folgendem Beitrag einer dreiteiligen Serie der Washington Post mit dem Titel „Der permanente Krieg“: Greg Miller, Plan for hunting terrorists signals U.S. intends to keep adding names to kill lists, www.washingtonpost.com, October 24, 2012. Nach Angaben der Washington Post basiere die Serie auf Interviews mit Dutzenden von gegenwärtigen und früheren Beamten der nationalen Sicherheitsbehörden, Geheimdienst-Analysten und anderen mit dieser Thematik in Verbindung stehenden Personen. Zum politischen Ablauf einer Entscheidung zur Ausführung einer gezielten Tötung kann auf die Graphik aus einem weiteren Artikel dieser Serie verwiesen werden: Bill Webster, The process behind targeted killing, www.washingtonpost.com, October 23, 2012. Zudem wurde für die Erarbeitung dieses FAQ auch auf die folgenden beiden Quellen zurückgegriffen: Peter Rudolf, Präsident Obamas Drohnenkrieg, SWP-Aktuell 37, Juni 2013 und Christian Fuchs / John Goetz, Wie die USA ihren Drohnenkrieg organisieren, www.sueddeutsche.de, 31.05.2013 Grob kann der Prozess einer sogenannten gezielten Tötung in einen politischen (Schritte 1-4) und einen militärischen Teil (Schritte 5-9) untergliedert werden. In einem 1. Schritt findet eine politische Lagebeurteilung statt, indem Regierungsbehörden, die CIA, das Joint Special Operation Command (JSOC), das Verteidigungsministerium und die NSA Namen von Personen sammeln und Listen von Organisationen und mit diesen verbündeten Gruppen erstellen, die sie als terroristisch einstufen. Eine solche Einstufung kann vorgenommen werden, wenn die genannten Behörden zu der Einschätzung gelangen, die betroffenen Gruppen oder Einzelpersonen würden sich an Feindseligkeiten gegen die USA und ihre Koalitionspartner beteiligen. Was genau unter Feindseligkeiten zu verstehen ist, bleibt undefiniert und anpassbar. Eine Auflistung von Gruppen, die mit terroristischen Organisationen als verbündet gelten, gibt es nicht, wie Regierungsvertreter bei einer Kongressanhörung im Mai 2013 einräumen mussten. Daraufhin erstellt das National Counterterrorism Center (NCTC) Namenslisten (Schritt 2), die auf spezifischen Kriterien des Weißen Hauses basieren. Es erfolgt eine Priorisierung der Ziele durch eine Befragung von Experten, Geheimdiensten, lokaler Bevölkerung, der eigenen Soldaten und Mitarbeiter vor Ort sowie durch den Einsatz von Satelliten, Drohnen und Aufklärern. Diese Namenslisten übersendet das NCTC zur Prüfung an den Unterausschuss des Nationalen Sicherheitsrates (Deputies Committee of National Security Council). Der Nationale Sicherheitsrat besteht aus leitenden Beamten der CIA, des FBI, des Außenministeriums, des Verteidigungsministeriums und des NCTC unter Vorsitz des Antiterror-Beraters des Weißen Hauses (bis zum 08.03.2013 der heutige Chef der CIA, John O. Brennan, seither Lisa Monaco) und wählt unter diesen Listen die Individuen aus, die dem Präsidenten als Zielpersonen vorgeschlagen werden. Der Präsident schließt diesen Prozess mit seiner Unterschrift unter die Liste mit denen zu Zielpersonen bestimmten Individuen ab. In manchen Fällen wird diese Endverantwortung auch an bestimmte Beamte delegiert, die dann im Namen des Präsidenten die politische Freigabe erteilen (Schritt 4). Ist dieser Vorgang abgeschlossen, beginnt der militärische Prozess mit dem Start der Mission. Es werden die Kampf- und Überwachungs-Drohnen der Typen Predator (Raubtier), Reaper (Sensenmann) und Global Hawk (Globaler Habicht) von den US-Drohnen- Basen in Afrika oder Asien aus gestartet, die der Zielperson am nächsten liegen (Schritt 5). Sobald sich die Drohnen in der Luft befinden, werden sie von einem Piloten und einem sogenannten Sensor Operator übernommen, die auf einer Basis in den USA sich befinden und von dort aus das Ziel ansteuern und orten. Bei Drohnen-Einsätzen in Afrika lenkt der Pilot die Drohne mit Hilfe einer Satcom-Anlage, die im rheinland-pfälzischen Ramstein steht. Ein zusätzlicher sogenannter Mission Coordinator hält Kontakt zu den beteiligten Einheiten. Die Daten, die Pilot und Operator brauchen, kommen bei den Afrika- Einsätzen auch aus Deutschland. „Von hier aus wird der Drohnenkrieg in Echtzeit ferngesteuert,“ bestätigt ein deutscher Techniker, der in Ramstein an den Satellitenanlagen laut Süddeutschen Zeitung gearbeitet habe (Schritt 6 und 7). Wer letztendlich den militärischen Befehl zur Exekution (Schritt 8) eines Opfers gibt, ist unbekannt. Jedenfalls ist häufig zu lesen, ein Rechtsberater entscheidet wie ein Notar, ob alle Voraussetzungen für den Einsatz erfüllt sind. Am Ende der in Afrika stattgefundenen Einsätze werten in Ramstein Spezialisten im sogenannten Battle Damage Assessment die nach dem Angriff gewonnenen Daten aus.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen