Freitag, 28. September 2012

MANIFIESTA 2012

Die Kraft der Solidarität im Volk entfalten von Jens-Torsten Bohlke Kommunisten-online am 25. September 2012 – Auch in diesem Jahre fuhren am vorletzten Samstagmorgen ab 8 Uhr an den Bahnhöfen etlicher mittelgroßer Städte Belgiens die Sonderbusse nach Bredene aan Zee kostenlos für alle Teilnehmer des MANIFIESTA-Festivals, welches von einem breiten Bündnis fortschrittlicher Kräfte auf Initiative der Belgischen Arbeiterpartei (PVDA/PTB) und ihrer Wochenzeitung „solidair“ gemeinsam mit der Kubasolidaritätsbewegung www.cubanismo.net und der Dachorganisation belgischer Gruppen aktiver Kämpfer gegen den imperialistischen Krieg und die antiimperialistische Solidarität und Völkerfreundschaft veranstaltet wird. So nahm auch ich den Sonderbus nach Bredene, schon weil dadurch die Reisekosten in den 12 Euro Teilnehmerkartenpreis für den Normalzahler eingeschlossen waren und unsereiner dann im Bus immer auf politische Freunde trifft. Eine ältere Genossin gab auf der Busfahrt dann den organisatorischen Hinweis, daß der Bus abends um 21 Uhr diejenigen heimfährt, welche sich bis 21 Uhr pünktlich an dem mit Nummer 9 gekennzeichneten Platz einfinden werden. Eine junge Genossin des belgischen kommunistischen Jugendverbandes COMAC verteilte sehr schön gedruckte und bunt illustrierte MANIFIESTA-Broschüren an uns alle im Bus, während ein junger Genosse für die regionale Spitzenkandidatin der PVDA Unterstützerunterschriften sammelte. Wer wie ich das zumeist übliche Chaos in Belgien mit Gelassenheit hinnimmt, wurde wieder einmal von der großartigen organisatorischen Leistung überrascht, welche die Veranstalter und insbesondere die COMAC-Mitglieder an den Tag legten. Einige von ihnen kannten mich, es gab herzliche Umarmungen. SOLIDARIDANCE - TANGO DER SOLIDARITÄT Bei sonnigem und zugleich etwas bewölktem warmen Wetter mit frischer Seeluft trafen wir in Bredene an der Zeltstadt der Ereignisse neben dem Campingplatz in Strandnähe ein. Seit 10 Uhr tanzten sich die eintreffenden Menschen mit dem Auftakt „Solidaridance“ zumeist im beim Volk in Belgien allerorts beliebten Tango-Stil warm, was ein recht fröhlicher Start der MANIFIESTA war und an die öffentlichen Tango-Tanzveranstaltungen auf vielen Bahnhofsvorplätzen belgischer Ortschaften erinnerte (Foto Manifiesta1 und 3). Je nach gemeldeten eingetroffenen Bussen wurden die Eintreffenden aus Genk, Schaerbeek, Liège usw. herzlich willkommen geheißen. Das Video vermittelt einen Eindruck von der Stimmung! http://www.youtube.com/watch?v=ROkbFAHeqlQ COMAC - DIE JUGENDORGANISATION DER PVDA/PTB http://www.youtube.com/watch?v=r4IUIbvLo_U Im COMAC-Zelt konnte sich unsereiner davon überzeugen, daß COMAC sich den Kampf für den Kommunismus weiterhin deutlich sichtbar auf die Fahne geschrieben hat (Foto Manifiesta3). Die Jungkommunisten boten fleißig „Das Kapital“ von Karl Marx sowie Schriften über Ernesto Che Guevara, Fidel Castro und Josef W. Stalin an. Da es die T-Shirts des Jugendverbandes der PVDA/PTB mit dem Aufdruck „CHEnge the world“ diesmal sogar zum Schnäppchenpreis von 5 Euro gab, fanden sie besonders viel Interesse bei den Menschen. Auch die roten Pinguine, sozusagen Maskottchen der MANIFIESTA, stießen auf viel Anklang und füllten die Wahlkampfkasse von COMAC. VIEL BUNTE UND REVOLUTIONÄRE MUSIK Einen großartig gelungenen Tanz- und Musikauftritt voll afrikanischen Temperaments bot eine Musikgruppe aus dem Kongo, welcher durch einstige Kolonialzeiten nach wie vor eng mit Belgien verbunden ist. In allen größeren Ortschaften Belgiens organisieren Solidaritätsgruppen „Feste des afrikanischen Films“ und bekunden so die Solidarität des belgischen Volkes mit insbesondere dem Volk des Kongo. Dabei wird auch vielfältig über die imperialistischen Kolonialverbrechen aufgeklärt und das Massenbewusstsein dahingehend geschärft, daß einstige Kolonialmächte Wiedergutmachung für das leisten sollten, was sie den unterjochten und ausgebeuteten Völkern in den Kolonien einst angetan hatten und in doch immer wieder sehr sichtbarer und spürbarer Weise heute immer noch antun. Im Kern geht es folglich um die Stärkung des antiimperialistischen Massenbewusstseins im Volk sowie jenen glasklaren und nach wie vor hochaktuellen Aufruf von Karl Marx im Manifest der Kommunistischen Partei, welcher lautet „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“. http://www.youtube.com/watch?v=IekfthiebNE http://www.youtube.com/watch?v=uCXPvgFA4Oo Aber auch andere präsentable Musiker zeigten ihr Können: http://www.youtube.com/watch?v=jpxUg07jCrM CUBA SI - YANQUI NO! Ein großes Zelt am Eingang zum Platz der internationalen Solidarität war der Solidarität mit Kuba gewidmet. Mariela Castro vom Zentrum für Sexualerziehung Kubas trat dort zur Thematik der Schwulen und Lesben Kubas auf und setzte sich zugleich sehr für die Aufhebung der Blockade des US-Imperialismus gegen Kuba und die Freilassung der „Cuban Five“ („Obama, give me five!“) ein. Olga Salanueva, Ehefrau eines jener seit 14 Jahren in US-Haftanstalten widerrechtlich eingekerkerten Kundschafters für den Frieden und gegen Terroranschläge der Miami-Mafia, erhielt sehr viel Zuspruch. Immer wieder ertönten Sprechchöre der Menschen „Cuba Si, Yanquí No!“. (Foto Manifiesta5) COCA-BLÄTTER SIND TEIL DER ANDENKULTUR Am Informationsstand Boliviens konnten die Menschen viel über Coca-Blätter erfahren und auch selbst mal ein Coca-Blatt ausprobieren. Es gab viel Aufklärung über die heilende Wirkung der Coca-Blätter, deren Verzehr seit Jahrtausenden zur Kultur der Völker in den Hochanden zählt und nichts mit dem Rauschgiftgeschäft um Cocain zu tun hat. (Foto Manifiesta6) VIEL SOLIDARITÄT AUCH FÜR DIE PHILIPPINISCHEN GENOSSEN Die Philippinen waren mit zwei Informationsständen vertreten. Den kleineren Stand betreuten in Belgien arbeitende Filipinos, während mich am größeren Stand die erfahrene Genossin Ruth de Leon von der National-Demokratischen Front der Philippinen auf das herzlichste begrüßte. Mir fielen etliche aussagekräftige und interessante politische Plakate dort auf, darunter dieses sich gegen die US-Truppenpräsenz in den Philippinen richtende Plakat (Foto Manifiesta7). Es ging dort auch um die Rechte der in den militarisierten Gebieten traumatisierten Kinder, die Rechte der Frauen als Teil der kämpfenden Volksbewegung sowie die Rechte der sogenannten Bergvölker, wie die ethnischen Minderheiten in den Philippinen aufgrund ihrer letzten Zufluchtsstätten in entlegenen Berggebieten genannt werden. Ins Auge stachen auch die vielen englischsprachigen Bücher, deren Inhalt zumeist aus der Feder der in das politische Exil verbannten führenden Kader der KP der Philippinen (CPP) stammt. DER „EUROKOMMUNISMUS“ WIRD ÜBERWUNDEN Beim Stand der französischen Genossen von der URCF konnte man sich darüber informieren, wie diese aus der einstigen Kommunistischen Partei Frankreichs wegen deren revisionistischer („eurokommunistischer“) Abgleitung in den Sozialdemokratismus stammende neue Partei bestrebt ist, die kommunistische Bewegung in Frankreich wieder auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus zusammenzuführen. (Foto Manifiesta8) Ähnlich auch die Anstrengungen von zwei kleinen kommunistischen Parteien Italiens, deren in Belgien lebende Mitglieder eng zusammenarbeiten und zwischen sich keinerlei Unterschiede dulden, wie sie mir erklärten. DIE KKE SETZT MAßSTÄBE FÜR EUROPAS KOMMUNISTEN Im Gespräch stellte sich auch heraus, daß wir Marxisten-Leninisten in Europa unser Vorbild in der KKE, der Kommunistischen Partei Griechenlands, sehen. Deren Genossen konnte ich nur meine höchste Anerkennung für die großartige Leistung ihrer Partei und ihres Jugendverbandes KNE zollen. Meine Anmerkung wegen der inhaltlich zuweilen bedenklich bis falschen Übersetzungen im deutschsprachigen Teil ihrer Website griffen die griechischen Kommunisten durchaus auf und notierten sich die Website von K-Online, damit die Internationale Abteilung des ZK der KKE diesbezüglich tätig werden kann. Die Genossen der KKE betrieben ihr Informationszelt gemeinsam mit Gewerkschaftern von PAME. (Foto Manifiesta9) VEREINT IM KAMPF GEGEN DEN US-IMPERIALISMUS Fundierte Informationen konnte unsereiner auch am Stand des Bolivarischen Bündnisses Unseres Amerikas (ALBA) und einer Vertreterin des Mapuche-Volkes in Chile erhalten. Immer wieder wurde auch die Konferenz der Nichtpaktgebundenen Staaten kürzlich in Teheran angesprochen, welche von den bürgerlichen Medien ganz in offenkundiger CIA-Regie aus jeglicher Berichterstattung der Öffentlichkeit in den westlichen Ländern gegenüber ausgeblendet wurde. Von Meinungsvielfalt außerhalb dessen, was Washingtons Regime gerade passt, kann also keinerlei Rede in der heutigen bürgerlichen Gesellschaft mehr sein. Auch aus den arabischen Ländern waren etliche antiimperialistische Bewegungen vertreten. So gab es beste Informationen aus der von Marokko widerrechtlich besetzt gehaltenen West-Sahara, von der KP Libanons, den Widerstandsbewegungen des palästinensischen Volkes usw. Zum Mittagsmahl regte mich das große Zelt der PVDA Antwerpen an, wo die Belgier ihre Lieblingsspeise, Muscheln, verköstigten. Ich bestellte mir auch einen Topf dieser Meeresfrüchte, serviert mit ein paar Scheiben Weißbrot und salziger Butter dazu. (Foto Manifiesta10) Auf dem gesamten nicht kleinen Gelände herrschte immer mehr Gedränge. Nepalesische Genossen fragten mich, wie viele Menschen wohl diesmal hier zusammengekommen waren. Ich meinte nur, daß es ganz sicherlich mehr als jene 7500 Teilnehmer vom letzten Jahr sein dürften. (Foto Manifiesta11) ENGAGIERTE BANK-GEWERKSCHAFTER BRINGEN SICH EIN Beim Genossen Danny Carleer und der maßgeblich von ihm geleiteten Initiative für eine öffentliche Bank, in welcher sich insbesondere Gewerkschaftsaktivisten aus dem Bankbereich zusammengeschlossen haben, erlebte ich dann eine sehr nette Überraschung. Neben vielen ansprechenden politischen Plakaten gab es auch die Kopie des auf K-Online erschienenen Artikels von Danny. Danny dankte mir für die Übersetzung. Und ich sprach auch gleich anschließend im Zelt der PVDA/PTB-Parteispitze mal kritisch an, daß das Buch unseres Parteivorsitzenden Peter Mertens „Hoe durven ze?“ immer noch nur in niederländischer und französischer, nicht aber in deutscher und (warum nicht?) englischer Sprache erschienen ist, obwohl dafür Unterstützung vorhanden wäre. Schön auch Danny's Spruch, wonach die einzige Bank, welcher er vertraut, die Fensterbank ist. (Bild Manifiesta12 oder Manifiesta13 oder beide). WAHLKAMPF-MOBILISIERUNG FÜR DIE PVDA/PTB Im Zelt der PVDA Vlaams-Brabant stellte sich der jüngste Kandidat für den Stadtrat von Leuven gemeinsam mit der Listenanführerin Tine van Rompuy vor. Dabei gab es erst einmal eine Preisverleihung für die beste Losung für den nun auf Hochtouren zu führenden Wahlkampf der Partei in der Provinz Vlaams-Brabant. Es gewann ein Jungkommunist, der die Losung prägte „Lasst niemanden krepieren!“ und damit auf solche alltäglichen Schattenseiten des Kapitalismus wie Hunger, Obdachlosigkeit, „Menschen ohne Papiere“, überschuldete Haushalte ohne Gas- und Stromversorgung, Mietwucher usw. anspielte und den Solidaritätsgedanken der PVDA bestens auszudrücken verstand. Alle Mitglieder der PVDA und von COMAC in Vlaams-Brabant durften unter den verschiedenen Losungen ihre Auswahl treffen und darüber abstimmen, der Preis war eher symbolischer Natur. Der jüngste Kandidat für die Gemeinderats- und Provinzialratswahlen in Vlaams-Brabant machte deutlich, daß es in der politischen Massenarbeit unter den Jugendlichen ganz konkret darum geht, den braunen Rattenfängern vom Vlaams Belang die Mitglieder, Unterstützer und Wählerstimmen zu entziehen und weiterhin dafür zu sorgen, daß sich kein Jugendlicher für eine Kandidatur beim faschistischen Vlaams Belang hergibt. Er verwies auch auf die Umtriebe reaktionärer Burschenschaften innerhalb der studentischen Jugend, wo sich letztlich zeigt, welche Kräfte von finanzstarken Sponsoren der Geschäftswelt erhebliche Mittel erhalten, was nicht nur zu Wachsamkeit, sondern aktivem Handeln mahnt. Die COMAC konnte hinsichtlich Mitgliederzahlen weiter zulegen und setzt ihre ganze Kraft für den Kampf für den Kommunismus ein. Dafür erhielt der frei seine Rede haltende junge Genosse viel Beifall. Seine Themen waren auch die hohen Studiengebühren und die Forderung nach Erleichterung für Radler, denn die meisten Studenten sind auf das Fahrrad angewiesen. Auch stellte er sich klar hinter die Forderung der Gewerkschaften nach Verteidigung der gesetzlichen Lohn-Indexierung zur Sicherung der Massenkaufkraft der arbeitenden Menschen. http://www.youtube.com/watch?v=hS5jfflGt2c Tine van Rompuy rief so dann zum intensiven Wahlkampf auf und würdigte die Rede ihres Vorgängers. Vorrangiges Ziel wird der Einsatz in den regionalen Parlamenten für mehr Sozialwohnungen sein, da beispielsweise in Leuven ca. 8000 Menschen auf den Wartelisten stehen und kaum Sozialwohnungen gebaut werden. Das Armutsproblem sei nicht nur ein Problem der bereits anzutreffenden armen Menschen in steigender Zahl sondern auch ein Thema für das Vorschlagen von Vorbeugungsmaßnahmen für die hohe und weiter zunehmende Zahl der von Armut in ihrer Zukunft bedrohten Menschen. Sie gab dann auch die Öffnungszeiten des Parteibüros in Leuven bekannt, wo täglich außer sonntags Material für den Wahlkampf abgeholt werden kann. Tausende Flugblätter müssen unter das Volk gebracht werden. DIE ABSCHLUSSKUNDGEBUNG ALS HÖHEPUNKT Die Zeit lief an diesem Sonnabend davon wie im Fluge. Es war schlicht nicht möglich, alles zu besuchen, was unsereiner gerne besucht hätte. Um 18 Uhr erfolgte dann traditionsgemäß die zentrale Abschlusskundgebung, diesmal eingeleitet mit einem super Video von COMAC, an welchem etliche junge Teilnehmer der MANIFIESTA beteiligt waren. Dementsprechend hoch fiel die Begeisterung im Publikum aus. Die PVDA/PTB kann stolz auf ihre Jugendorganisation sein. Das gelungene Video brachte das Publikum in Bewegung. http://www.youtube.com/watch?v=Pqtdy_z3MFs Dann erfolgte die Eröffnung der Abschlussveranstaltung durch den Leiter der MANIFIESTA Hendrik Vermeersch. Seine Worte: „Im Rest des Landes ist es kalt und frisch. Aber in Bredene ist es heute sehr warm. Und es ist gut zu sehen, wie viele Menschen ein Herz voller Wärme füreinander in der Solidarität des Volkes und der Völker haben.“ Dann kündigte er dem Publikum weitere großartige Menschen an, die auf der Bühne sprechen werden, Gewerkschaftsführer von ACV-CSC und ABVV-CGTB, Mariela Castro aus Kuba, (Foto Manifiesta23) REDE DER GRÜNEN GEWERKSCHAFTSVERTRETERIN Dann trat Marie Hélène Ska für die (aus der katholischen Arbeiterbewegung hervorgegangene) Gewerkschaft ACV-CSC auf. „759,4 Milliarden Euro! Diesen Betrag gibt die belgische Nationalbank als Belgiens Netto-Geldvermögen an. Rechnet man die Immobilienwerte der Belgier hinzu, dann beträgt der durchschnittliche private Reichtum pro Belgier 169.000 Euro. Das ist doppelt soviel wie 1997. Ende 2011 kündigte die Regierung Di Rupo an, daß 2012 die Summe von 11 Milliarden Euro bei den Sozialausgaben eingespart werden muß. Das ist das Einheinhalbfache der Bildungsausgaben der Wallonie! Unterdessen geht das Spekulieren weiter. Die Profite der Privatkapitalisten werden immer noch nicht besteuert. 40 Manager von AB Inbev erhielten 2011 Bonus in Höhe von über 1 Milliarde Euro. Bernard Arnault verdient „gerade mal“ 1,7 Millionen Euro pro Jahr, kann oben drauf auf weitere 2,7 Millionen Euro an variablen Lohnanteilen rechnen sowie 6,3 Millionen durch Aufwertungen erhaltener Aktienoptionsscheine für sich verbuchen. Das schockiert. Aber offenbar geht die Privatlogik dort so weit, daß solche Praktiken die individuellen Verdienste belohnen. Die ACV-CSC klagt seit Jahren an, daß die Lohnentwicklung diesen Profitsteigerungen hinterher hinkt. Was ein starkes Anzeichen für die Machtzunahme des Kapitals gegenüber der Arbeit ist. Wer hat da wohl Angst vor einem Vermögenskataster? Wer will wohl nichts von einer Finanztransaktionssteuer wissen? Wen schreckt die Besteuerung des wahren Privatvermögens in vollem Umfang? Mich nicht, und euch auch nicht. Wer profitiert auf schändliche Art vom 'notionellen Steuerabzug'? Ihr nicht und ich auch nicht. Wer lehnt die Aufhebung des Bankgeheimnisses ab? In den kommenden Wochen werden wir in Brüssel sein und damit auf den Aufruf von Vereinigungen reagieren, die gegen die Armut kämpfen. Wir fordern, daß die Rentner, die Behinderten, die Arbeitslosen bekommen, worauf sie ein Recht haben. Ein Einkommen, welches ihnen den Lebensstandard aktiv lebender Menschen gewährleistet. Die Kosten für 2013: 286 Millionen Euro, von denen die Regierung 40% weniger veranschlagt. Aber selbst dies wird von einem immer arroganteren Unternehmertum noch in Frage gestellt. Wir reden über 785 Euro im Monat. Das ist das Arbeitslosengeld für einen Alleinstehenden. Kann jemand damit menschenwürdig leben? Wie viele Kinder leben in Familien mit hohem Armutsrisiko? 18,5%, das sind fast jedes fünfte Kind. Eine gerechte Politik ist eine Politik, wo jeder nach seinen Möglichkeiten und Kräften beiträgt und nicht seiner Laune folgt. Wir müssen diese Ungerechtigkeiten weiterhin anprangern und deutlich machen, daß es andere Möglichkeiten gibt. Für die ACV-CSC gibt es einen klaren Ausweg: - ein wirkliches Anpacken des Steuerbetrugs; - Offenlegen des Bankgeheimnisses; - Einführung einer gerechten Besteuerung der Mehrwerte und Firmenanteile; - die Frage der progressiven Rechenbesteuerung muß dringend auf die Tagesordnung; - eine dringende Überprüfung der vielen Steuerschlupflöcher; - Prüfen der Folgen des 'notionellen Steuerbefreiung' für die produktive Wirtschaft; Auf EU-Ebene kämpfen wir - gegen Steuerdumping; - für die Finanztransaktionssteuer; Lasst uns aktiv für Transparenz im Finanzbereich kämpfen. Und lasst unsere Finanz- und Steuerverwaltungsbehörden mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts ausgestattet sein, damit jedermann vor dem Gesetz gleich behandelt wird.“ (Foto Manifiesta24) REDE DES ROTEN GEWERKSCHAFTSVORSITZENDEN Die Rede der Gewerkschaftsfunktionärin der größten belgischen Gewerkschaft endete im starken Beifall mit französischen Sprechchören „Tous ensemble“ (Alle zusammen). Es schloss sich die Ansprache des Vorsitzenden der (aus der sozialistischen Arbeiterbewegung stammenden) Gewerkschaft ABVV-CGTB an. http://www.youtube.com/watch?v=IVHTnn5ScM8 „Liebe Kollegen, liebe Genossen! Es gilt im Jahr 2012 wie in allen Jahren der Menschheit, daß unser Herz auf der linken Seite schlägt. Glückwunsch Euch allen, liebe Genossen, für diese warmherzige und mutige Veranstaltung aller fortschrittlichen Kräfte. Dank auch an die Mitarbeiter für ihr großartiges Werk hier. (Beifall) Liebe Genossen und Freunde, wir kommen aus vielen Ecken und Winkeln, aus gesellschaftlichen Massenorganisationen und vielen Basisgruppen. Und wir haben alle eine Idee gemeinsam. Es muß anders werden! (Beifall) Wir wollen das allemal. So verschieden wir auch sind oder unsere Standpunkte sein mögen. Wir gestehen jedermann zu, daß wir hier austeilen und einstecken. Wir wollen, daß der Reichtum dient, um die Armut zu bewältigen. Wir wollen, daß Arbeiten dazu dient, den Menschen ihr Glück, ihre Freiheit und ihren Wohlstand zu geben. (...) Liebe Freunde, liebe Genossen, wie viele müssen wir sein, um Beachtung von den Medien zu bekommen? Mit wie vielen müssen wir kommen, um die Unternehmer zur Vernunft zu bringen, daß sie ihre Finger vom Lohnindex lassen? Mit wie vielen müssen wir sein, um sie davon abzubringen, durch Kürzungen im Sozialhaushalt die Menschenwürde anzutasten? Mit wie vielen müssen wir sein, um den Arbeitsminister davon abzubringen, Branchentarifvereinbarungen für ungültig und unhaltbar zu erklären? Damit diese Tarifvereinbarungen im vorigen mit 0% Lohnsteigerung und in diesem Jahr mit 0,3% Lohnsteigerung einhergehen können? Dies, liebe Genossen, sind schwerwiegende Einmischungen in die Verhandlungsfreiheit zwischen Gewerkschaften und Unternehmern. Und das läuft schon wieder für die bevorstehenden Tarifverhandlungen an. Und ich sage jetzt ganz deutlich: Wenn damit nicht Schluss ist, dann gehen wir in die Hufe, denn dann ist soziale Demokratie wertlos! (Beifall) Mit wie vielen Menschen müssen wir sein, um ihnen mehr Lohn und mehr Arbeitsplätze abzuringen? Mit wie vielen und wie viel kommt da noch auf uns zu, liebe Genossen. Und ich will Euch im Namen des Landesrates der ABVV-CGTB sagen, das es an der Zeit ist für ein Mobilisieren. Ihr versteht dies nur zu gut, die Ihr jetzt hier seid. Helft mit, daß immer mehr Menschen informiert und sensibilisiert werden. Gerade solche Kämpfer wie Ihr müssen den Menschen klar machen, daß es an der Zeit, aktiv Widerstand zu leisten. Bessere Löhne, bessere Arbeitsplätze, bessere Renten, bessere Ausbildung! Und das wird alles mit einem Stoppschild versehen. Natürlich gibt es da kein Stoppschild. Wenn 40 Milliarden Euro Schwarzgeld auf Schweizer Konten liegen, ist natürlich nicht genug da für unsere soziale Sicherheit. Wenn die 500 größten Betriebe unseres Landes zusammen 52 Milliarden Euro Profit machen und davon 5% Steuern leisten, dann ist natürlich nicht genug Geld für Sozialausgaben vorhanden. Dann ist natürlich nicht genug Geld da, um Menschen in den Zustand zu versetzen, daß sie wieder arbeiten können. Wenn ein Unternehmen wie LVMH 63 Millionen Euro Steuervorteil einstreicht, um in unserem Land 5, - ich betone -, 5 Menschen einzustellen, ist natürlich kein Geld da, um etwas für die Arbeitsplätze und die Löhne zu tun. Dann geht es nur um das Wohl eines reichen hier sich ansiedelnden Franzosen Arnault mit seinem Luxusbetrieb, damit er keine Steuern bezahlen muß. Liebe Genossen und Freunde, in dieser Hinsicht gibt es genug Stoppschilder zu setzen. Die Besteuerung muß endlich fair werden. Durch eine gerechte Reichtumsverteilung ist es gut möglich, eine soziale Welt der Gleichheit und des Wohlstands aufzubauen. Hier in unserem Land, in Europa und in der ganzen Welt (...) Lasst uns dafür alle fortschrittlichen Kräfte vereinen! Gewerkschaften, fortschrittliche Parteien, Basisbewegungen, Nichtregierungsorganisationen, - lasst uns zusammen ein starkes Linksprojekt aufbauen! Dies als echte Alternative zum neoliberalen Kapitalismus. MANIFIESTA hat die Tore dafür geöffnet. Bündeln wir alle fortschrittlichen Kräfte und dann ran mit Wort und mit Tat, liebe Sozialisten und Genossen!“ (Beifall) KUBA UND VENEZUELA STEHEN FÜR ANTIIMPERIALISMUS Die Regie streute Video-Sequenzen aus Venezuela mit seinen derzeit im Wahlkampf von Hugo Chávez roten Massenaufläufen ein. Dann wurden die Gäste aus Kuba angekündigt und betrat Mariela Castro die Bühne. Sie sagte, daß sie diesmal nicht über das Thema Sexualität reden will, sondern es um ein wichtigeres Thema geht. Dann brandmarkte sie die verbrecherische imperialistische Blockade gegen Kuba und forderte die Freilassung der „Cuban Five“ unter viel Beifall des Publikums, welches sich durch Zeigen der Hand mit den 5 Fingern „Obama Give Me Five“ auch gerne und aktiv am Kampf symbolträchtig beteiligte. http://www.youtube.com/watch?v=YgNKncyah5w Anschließend trat die Gattin des kubanischen Helden René González, eines der in den USA eingekerkerten „Cuban Five“, auf. Es erschallten spontan Sprechchöre „Cuba Si - Yanqui No“. Die kubanische Genossin dankte für die großartige internationale Solidarität. FAMILIE JONCKHEERE GEGEN DEN MULTI ETERNIT Nächste Redner waren David Pestiaux und Ruben Ramboux von der Redaktion von „solidair“. Sie nahmen dann die Verleihung des Jahrespreises von „solidair“ an die Familie Jonckheere vor. Die Familie Jonckheere hat in Belgien einen multinationalen Konzern, den Asbestproduzenten Eternit, vor Gericht gestellt. Und die in der Nachbarschaft jener Firma lebende Familie gewann diesen Prozess! Vater Jonckheere war an Asbestkrebs gestorben, auch die Mutter und zwei Kinder leiden an der unheilbaren Krankheit. Ende der 90er Jahre gab Eternit 42.000 Euro Schadenswiedergutmachung an Opfer ab, die wegen ihrer Krebskrankheit auf jegliche rechtlichen Schritte gegen Eternit verzichten würden. Frau Jonckheere überlebte den langwierigen Prozess nicht, aber ihre Söhne gewannen letztlich da das Verfahren. Es war ein Kampf des David gegen den Goliath! Jan Fermon vom Netzwerk fortschrittlicher Anwälte in Belgien unterstützte die Familie juristisch gegen die Milliarden Euro starken multinationalen Konzern mit seinen ganzen Heerscharen an Anwälten. Ende 2011 obsiegte die Familie vor Gericht. Dem Richter platzte letztlich der Kragen über „den unglaublichen Zynismus, mit welchem Eternit aus Profitgier wissenschaftliche Erkenntnisse außer acht ließ (...)“. (Bild Manifiesta25) http://www.youtube.com/watch?v=w-WJIv8UAGA SOLIDARITÄT MIT ASTURIENS KÄMPFENDEN BERGARBEITRN Dann trat mit Francis Gómez ein Vertreter der seit 67 Tagen streikenden spanischen Bergarbeiter Asturiens auf. Es erschollen Sprechchöre „Luchando, Asturias, vencerás“ (Kämpfend wirst du siegen, Asturien!). REDE DES BERGARBEITERS FRANCIS GÒMES AUS ASTURIEN „Erst einmal möchte ich mich im Namen der Bergarbeiter Asturiens und der Kommunistischen Partei Spaniens sowie Asturiens für die Einladung zu dieser großartigen Feier bedanken. Jetzt will ich kurz zur Wirklichkeit des Bergarbeiterkampfes etwas sagen. In diesen Augenblicken erleben wir eine angespannte Ruhe. Wir wissen, daß der Kampf jederzeit wieder aufflammen kann. 67 Tage voller Kampf tagsüber und nachtsüber liegen hinter uns. Wir setzten unsere Kräfte maximal ein. Der Kampf fand an verschiedenen Fronten statt. Es gab Blockaden an Autobahnen, Schnellstraßen, vor Ortschaften und auf Eisenbahngleisen. Es gab den Generalstreik in allen Bergwerken. Die Regierung unterstützte Aussperrungen seitens der Bergwerke, wir begegneten dem mit Kundgebungen und Streikdemonstrationen. Wir demonstrierten auch vor dem Industrieministerium. Mit über einer halben Million marschierten wir bis nach Madrid und erhielten von den Massen des einfachen Volkes überall die Unterstützung mit dem Willkommensruf 'Es lebe der Kampf der Arbeiterklasse!'. (Beifall) Die setzten alle ihre Instrumente aus dem Arsenal des Verteidigungswesens, der Polizei mit Tränengas und Knüppeln, der Geheimdienste ein. Das war schwierig und gefährlich für uns. Sie verfolgten unsere Autos, sie hörten unsere Telefongespräche ab. Es kam zu Polizeikontrollen an den Straßen, wo die Nummernschilder der Autos notiert wurden. Die Geheimpolizei wollte gar in unsere eigenen Versammlungen eindringen. Zuweilen konnte niemand auf die Straße rausgehen. Sie hörten alles ab. Die Regierung Rajoy tat alles, um das Volk zum Schweigen zu bringen und die gerechten Kämpfe der Arbeiterbewegung zu unterdrücken. Aber nicht nur wir Bergarbeiter litten unter dieser starken Unterdrückung. Die gesamte Zivilbevölkerung hatte darunter zu leiden. In Pola de Lena wurde ein kleines Mädchen von einem Hartgummigeschoß getroffen und erlitt schwere Verletzungen. In Spaniens Geschichte waren die Bergarbeiter nie kampflos. In der Revolution von 1934, in den Jahren der finsteren Franco-Diktatur 1956, 1957 und 1959 kämpften wir, und auch den großen Streik 1972 führten wir. Wir Bergarbeiter standen stets ganz vorn an der Front des Kampfes. Und jetzt, nach 50 Jahren, befinden wir uns in einem neuen Kampf, einem gerechten Kampf, einem notwendigen Kampf. Und es geht nicht nur um uns Bergarbeiter, sondern um alle 6 Millionen Spanier im Streik. Es geht um jene 25% der Bevölkerung im Schicksal der massenhaften Verelendung. Es geht um Bildung, Gesundheit, Renten. Zusammengefasst, es geht um die Schwächsten! (Beifall) Wir haben eine Regierung, die alle Lasten auf das Volk und insbesondere die Arbeiter abwälzt. Und sie schützt die Interessen der Kapitalisten voller Verachtung für das Elend von Millionen Arbeitern. Einige wollen uns belehren, daß wir weder Gewerkschaften noch Organisiertheit brauchen. Angeblich ist der Klassenkampf längst vorbei. Aber diese 67 Tage haben uns allen gezeigt, daß der organisierte Klassenkampf mit Gewerkschaften notwendig ist. Daß wir Arbeiter in unserer heutigen Zeit kämpfen müssen, um die Zukunft für unsere Kinder sicherzustellen! (Beifall) Danke! Danke für die Solidarität! Für die Solidarität, die weder Grenzen noch Hautfarben kennt.. Danke für die Solidarität, die uns allen die Kraft gibt, um zu siegen. No pasarán! No pasarán. Es lebe der Kampf der Arbeiterklasse!“ (Beifall) Die Menschenmenge rief in Sprechchören „El pueblo unido jamás será vencido“ („Das vereinte Volk wird niemals besiegt werden“). (Bild Manifiesta26) http://www.youtube.com/watch?v=MomsHSNagsE REDE DES GENOSSEN PETER MERTENS Höhepunkt der Abschlusskundgebung ist traditionell die Rede des Parteivorsitzenden Genossen Peter Mertens, welcher als Autor des monatelangen belgischen Bestsellers „How durven ze“ (Wie können sie sich das wagen) und Spitzenkandidat der PVDA für Antwerpen vorgestellt wurde und großen Beifall erhielt. BELGIENS NEUESTER EINBÜRGERUNGSFALL „Bredene zählt normal 16.000 Einwohner ... Bredene hat heute mehr als 24.000 Einwohner. Das heißt, daß wir heute hier in diesem Moment mehr als 8.000 Menschen sind.“ (Beifall) „Nächsten Herbst werden wir die Einwohnerzahl von Bredene verdoppeln.“ (Gelächter) „Wir sind jetzt 11 Millionen Belgier. Nun ja, ich muß mich da kurz korrigieren, es kommt noch ein Belgier hinzu.“ (Gelächter) „Der Herr Arnault.“ (Gelächter) Der Herr des Luxus in Saus und Braus, der Herrscher über Champagner und 32 Milliarden Euro, 32-mal Millionär wurde dieser Mann. Er ist der reichste Mann Europas, Bernard Arnault. Und er ist Belgier geworden. Und wisst Ihr auch, wo der Herr wohnen wird? In Uccle, einem Stadtviertel von Brüssel. Und wisst Ihr auch, wer sein nächster Nachbar in Uccle ist? Das ist ebenfalls jemand, der neu nach Uccle kommt. Es ist der Finanzminister Didier Reynders, der Minister der 'notionellen Steuerabzüge' ...“ (Buh-Rufe) ZUR DEMAGOGIE DER FLÄMISCH-NATIONALISTISCHEN N-VA Das heißt, der ortszuständige höchste Steuereintreiber wohnt Tür an Tür mit dem reichsten Mann Europas. Und Reynders ist darauf aus, Arnault ein bestes Willkommen zu entbieten und ihn zum besten Belgier zu erklären. Dies nach dem Motto, uns geht es um uns! Aber nicht nur der liberale Reynders, auch die N-VA ließ verlautbaren, daß sie Arnault mit offenen Armen in Belgien empfängt. Das schau man sich bitte mal an! Der Topmann der französischen Bourgeoisie ist uns sehr willkommen, so ein Spitzenfunktionär der N-VA. Keine Sprachprüfung! Keine Einbürgerungsprüfung! Nein, so jemand kann gleich Belgier werden, sagt die N-VA. Das ist für uns schwer nachzuvollziehen. Antwerpen ist nicht für jedermann offen, aber Bernard Arnault ist jedermann recht! Das ist die Logik der N-VA. Bernard Arnault soll also Belgier sein. Und ich frage mich, ob das nicht ein Fall für die Ausländerbehörde ist. Denn nein, er ist kein politischer Flüchtling. Er ist auch kein Wirtschaftsflüchtling. Er kommt allein hierher, um das Industriewesen zu verstärken. Er kommt nach Belgien, weil sie hier keine Vermögenssteuern haben. Er kommt nach Belgien, um sein Firmenreich mit dem 'notionellen Steuerabzug' zu segnen und noch mehr Profite zu scheffeln. Kurz um, er kommt nach Belgien, weil das hier ein Steuerparadies ist, ganz wie die Cayman-Inseln, aber eben nicht als Insel-Land.“ (Gelächter) BELGIEN - EIN STEUERPARADIES FÜR SUPERREICHE Belgien ist ein Steuerparadies. Belgien, das Land, wo Sabena verkauft worden ist, das Kabelnetz verkauft worden ist, die Stahlwerke verkauft worden sind, und wo Electrabel verkauft werden wird. Belgien, das Land, wo Privatfirmen fast keinerlei Steuern zahlen. Arcelor-Mittal nichts, BNP-Paribas beinahe nichts, LVMH auch beinahe nichts. Erst haben die Privatkapitalisten unsere Banken und unsere Betriebe bekommen, und dann haben sie auch noch die Steuerfreiheit dafür erhalten. 'Ungerecht, ungerecht, ungerecht ungerecht, ungerecht', rief der führende Herr von der flämischen Unternehmervereinigung VOKA unlängst über das Fernsehen aus. 'Und Belgien hat einen sehr großen Steuerdruck.' Und am Donnerstag stellte Vincent Reuter von der wallonischen Unternehmervereinigung fest 'es gibt einen großen Steuerdruck in unserem Land', also genau dieselbe Sprache wie VOKA oder VBO bei den flämischen Unternehmern. Zu hoher Steuerdruck was soll das? Damit zielen sie auf die Beiträge für soziale Sicherheit und Löhne der arbeitenden Menschen. Aber im Grunde gibt es so gut wie keine Steuern auf die Profite der multinationalen Konzerne in unserem Land. Für den Mittelstand gibt es Steuern, für die kleinen und mittleren Unternehmen ebenfalls, für die multinationalen Konzerne beinahe nichts an Steuern zu zahlen. Die 500 größten Betriebe bezahlten voriges Jahr 5,44% Steuern, um es mal genau zu sagen. Andererseits gibt es in unserem eine enorme Steuerlast auf die Löhne und Gehälter. Allerdings geht es den multinationalen Konzernen nur darum, für sich den ganz großen Teil des Kuchens zu sichern und so gut wie nichts an Steuern zu zahlen. Wir sagen, Schluss mit unbesteuertem privatem Reichtum, Schluss mit der Steuerkonkurrenz in Europa, Schluss mit 'notionellen' Steuergeschenken! Wir fordern 33% Gewerbemindeststeuer für die multinationalen Konzerne auf EU-Ebene. Sorgen wir doch mal dafür, daß AB Inbev, Exxon Mobil und Suez ehrlich besteuert werden. Lasst Bernard Arnault zuhause!“ (Beifall) „ (...) Führende Unternehmervertreter werfen der PVDA einen 'Verteilungswahn' vor.“ (Gelächter) „(...) Wie jemand reagiert, der sich gerade durch Diebstahl bereichert hat und nun von seinem Tun ablenken will, sehen wir bei ihnen immer wieder, wenn sie ausrufen: 'Haltet den Dieb!' „ (Gelächter) „ (...) Während multinationale Konzerne durch Massenentlassungen die Krise für Profitsteigerungen um bis zu 48,5% nutzten, bekommen hier immer mehr Menschen Budget-Zähler für Gas und Strom, weil sie ihre Rechnungen an die Energiekonzerne nicht mehr zahlen können. Es gibt eine gigantische Umverteilung an Reichtum von unten nach oben, mit viel Geld für 'Rettungsschirme'. Es gibt einen wirklichen 'Verteilungswahn' bei den Neoliberalen. Und sie wollen nicht, daß wir über die Millionen Euro schweren Bonuszahlungen für die Topmanager von Dexia usw. sprechen und sie den Arbeitslosenleistungen gegenüberstellen. Sie sagen dazu lapidar, daß das alles so abgesprochen worden ist. Das war so abgesprochen. Eine halbe Million extra pro Jahr für die Manager, die Dexia in den Abgrund geleitet haben. EU-RICHTLINIEN VERSCHÄRFEN KRISENFOLGEN FÜR DAS VOLK Liebe Genossen und Freunde, das ist ein Verteilungsmechanismus von arm nach reich, wie er in der Krise von der Europäischen Kommission aufgemacht worden ist: 1. Einsparen bei Sozialausgaben; 2. Arbeitsmarkt verbilligen, unbezahlte Entlassungen ermöglichen; 3. Steueranreize den Allerreichsten zukommen lassen; Steuerminderungen verstärken; 4. alles privatisieren. So lösen sie keine Krise, so vertiefen sie sie lediglich weiter. Wir wollen die wahre Hängemattenkultur beim Namen nennen. Im Klartext, die finanzielle Hängematte der Arnaults und der Mittals, die das Geld horten.“ (Beifall) Wir fordern Mittel für bezahlbares Wohnen, erneuerbare Energie, Hauswandisolierungen in Kinderkrippen und Schulen, einen umweltöffentlichen öffentlichen Verkehr, beim Gesundheitswesen, der Altenpflege, für öffentliche Arbeiten und Forschung. Wir müssen uns trauen, das Kapital zu aktivieren, und darum wollen wir eine Vermögenssteuer, eine Millionärssteuer. DIE STELLUNG DER PARTEIEN IN BELGIEN ZUR MILLIONÄRSSTEUER Die Liberalen sind gegen die Millionärssteuer. Die N-VA ist gegen die Millionärssteuer. Die Christdemokraten sind gegen die Millionärssteuer. Und die Sozialistische Partei sagt, daß sie für die Millionärssteuer ist. Seit 1993 sagen sie das. Und wann sagen sie das? Sie sagen das bei jedem Wahlkampf. Zwei Monate lang sagen die Sozialisten dann, daß das Großkapital angetastet werden muß. Und nach der Wahl machen sie eine Amtszeit lang dann das genaue Gegenteil. Jede gegen den Kapitalismus sich richtende Maßnahme ist dann ganz unrealistisch. Und am Ende ist da noch die SP.a: „Ich mache nicht mit beim Ruf nach der Millionärssteuer. Denn so werden wir die Krise nicht lösen“, so Bruno Tobback vor zwei Wochen. „Ich mache nicht mit beim Ruf nach der Millionärssteuer. Denn so werden wir die Krise nicht lösen.“ Aber, verehrter Herr Tobback, wie werden wir denn dann die Einsparungen gut anpacken? Durch Mitmachen beim Ruf gegen die Arbeitslosen? Durch Absenken der Arbeitslosenleistungen unter die Armutsgrenze der EU? Durch Mitmachen beim Ruf gegen den Vorruhestand? Um die Menschen länger arbeiten zu lassen und die Atempause beim Zeitkredit immer schwieriger für sie zu machen? Durch Mitmachen beim Ruf gegen die lohnabhängig Beschäftigten, daß sie zu teuer sind, daß sie unbezahlt eine Stunde mehr arbeiten sollen, und daß die automatische Lohnindexierung umgeformt werden soll? Sag, daß dies keine Phantomdiskussion ist, daß dies keine philosophische Diskussion ist, das ist eine Diskussion über die Zukunft der arbeitenden Klasse in unserem Land. Und wir zahlen nicht für eure Krise! (Beifall) IHR REALISMUS UND UNSER REALISMUS (...) Angeblich gibt es Wahlkampfdemagogie bei der PVDA/PTB. 'Werdet real', hält man uns entgegen, 'die Welt ist viel komplexer als das'. Dieselben Personen finden es ganz realistisch, daß die Gemeinden und Städte mit ihrem Geld aus ihren öffentlichen Kassen für Dexia bluten. Dieselben Personen finden es ganz realistisch, daß unserem Land für die Zukunft ein Mühlenstein aufgebürdet wird, durch eine Staatsanleihe von über 53 Milliarden Euro für die Dexia Holding. Dieselben Personen finden es ganz realistisch, daß Tausende Busverbindungen bei De Lijn und Tec stillgelegt werden. Daß bei Bildung und Sozialleistungen gekürzt wird, daß beim Renovieren von Sozialwohnungen gekürzt wird, um die Bankenkrise zu bezahlen. Und dieselben Personen werden nach dem 14. Oktober sagen, daß es realistisch ist, daß die Müllsäcke teurer werden. daß die Schwimmbäder teurer werden, daß die Gemeindesteuern für die Einwohner erhöht werden, daß kleine Krankenhäuser und die Stadtteilbibliotheken geschlossen werden. Liebe Freunde und Genossen, ihr Realismus ist nicht unser Realismus. Unser Realismus ist der Realismus der Menschen, die dieses Land im Gang halten. Unser Realismus ist der Realismus der Bäcker, die das Brot backen, der Müllmänner, die den Müll wegräumen und die Straßen sauber halten, der Docker in den Werften, der Menschen, die täglich die Post austragen, der Stahlwerker von Arcor-Mittal, der Beschäftigten bei Philips, des Bahnpersonals, der Lehrer, die die Kinder unterrichten. Unser Realismus ist der Realismus derer, die von der gigantischen Anhäufung privaten Reichtums wegkommen wollen. Unser Realismus ist auf das Bewahren des Zusammenlebens gerichtet, wo man die Mutter des Reichtums respektiert, unseren Planeten respektiert. Eines Zusammenleben, wo man den Vater des Reichtums respektiert, unsere Arbeitskraft, wie es der portugiesische Schriftsteller José Saramago beschreibt. José Saramago sagt: 'Hören wir auf, geduldig zu sein, denn das sind wir zu lange gewesen. Lasst uns einen anderen Weg wählen, es liegt nicht alles in dem System. Lasst uns sagen und tun, was unserer Überzeugung entspricht.' Also folgt eurer Überzeugung, liebe Freunde und Genossen! Und schließt euch bei der Partei eurer Überzeugung an! Danke.“ http://www.youtube.com/watch?v=2CbToDu-MmU DIE INTERNATIONALE AUS TAUSENDEN KEHLEN Unter stürmischem Beifall konnten dann alle Ehrengäste zu Peter Mertens auf die Bühne, darunter auch Liza Maza von Gabriela Women's Party aus den Philippinen, der Sprecher des „Patriotischen Marsches“ in Paris, Carlos Lozano aus Venezuela, PTB-Vorsitzender Genosse Raoul Hedebouw aus Liège, Kris Merckx von den belgischen Ärzten für das Volk, usw. Dieser Veranstaltungsteil endete dann mit dem gemeinsamen Singen der Internationale. Weitere Informationen: www.manifiesta.be http://www.pvda.be/ http://www.ptb.be/accueil.html#.UF9LR66Hn4Q

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