Mittwoch, 29. August 2012

Warum nimmt die Altersarmut zu?

29.08.12: Es klingt paradox: Immer mehr Menschen gehen vorzeitig in Rente, weil sie es nicht schaffen bis 65, demnächst 67 Jahre zu arbeiten. Zugleich arbeiten immer mehr Rentner. Aber das eine hängt eng mit dem anderen zusammen. Karl Brenke, „Arbeitsmarktexperte“ beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), behauptet in der Deutschen Welle: "Die Arbeit ist in vielen Bereichen körperlich nicht mehr so anstrengend wie zuvor. Deshalb können alte Menschen länger arbeiten." Mit dieser These wird u.a. die volks- und besonders frauenfeindliche Rentenpolitik gerechtfertigt, die seit mindestens 1992 von sämtlichen Bundesregierungen vorangetriebenen wird. Im Jahr 2000 waren bereits 14,5 % derjenigen, die erstmals eine Altersrente bezogen, Frührentner. 2010 war das schon fast jeder Zweite. 320.000 der 674.000 neuen Rentnerinnen und Rentner mussten vorzeitig Rente beantragen. Sie hielten den stets steigenden Druck im Beruf nicht mehr aus, sie waren aus dem Betrieb rausgedrängt worden oder Opfer von angeblich „sozialverträglicher“ Arbeitsplatzvernichtung geworden. Selbst wenn jemand mehr als 35 Jahre gearbeitet und Rentenbeiträge gezahlt hatte, betrugen die Abschläge für den früheren Renteneintritt 2011 durchschnittlich 113 Euro im Monat. Noch heftiger sind diejenigen betroffen, die mit einer Erwerbsminderungsrente über die Runden kommen müssen. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Linkspartei im Bundestag musste das Van-der-Leyen-Ministerium aufdecken: 761.000 Rentner arbeiten zur Zeit offiziell angemeldet in einem Minijob – das sind 60 % mehr als im Jahr 2000. Unter ihnen waren 2011 bereits 120.000, die älter als 75 Jahre alt waren! Sicherlich gibt es rüstige Senioren, die aus eigenem Antrieb ihre Arbeit fortführen oder stundenweise berufstätig sein möchten, anstatt aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Die meisten aber tun dies, weil die Rente hinten und vorn nicht reicht. Sie schuften als Parkwächter oder Fensterputzer, tragen Zeitungen aus, schieben Einkaufswagen zusammen usw. Gezielt wird seit etwa zwei Jahrzehnten das gesetzliche Rentenniveau gedrückt. Wer im Jahr 2000 erstmals eine Rente bezog und mindestens 35 Jahre Beiträge gezahlt hatte, bekam im Durchschnitt 1021 Euro im Monat. Bis 2011 sank diese Summe – von der auch noch Kranken- und Pflegeversicherung bezahlt werden muss – auf 975 Euro bei Männern und bei Frauen durchschnittlich sogar auf 491 Euro – bei steigenden Mieten, Lebenshaltungskosten usw. Jetzt reiht sich die Führung von SPD und Grünen in den Chor der Kritiker dieser Entwicklung ein, allerdings hüten sie sich, die Ursachen angzugreifen: Diese Kräfte haben die Situation schließlich mit zu verantworten mit den Hartz-Gesetzen, der Rente mit 67 usw.! Die gezielten Rentensenkungen dienten als Türöffner dafür, dass wer irgend konnte, sich zusätzlich privat versicherte – per Riesterrente, staatlich gefördert – oder wie auch immer. Ein Bombengeschäft für Versicherungen einerseits und vorprogrammierte Altersarmut andererseits, besonders für diejenigen, denen dafür schon in jungen Jahren das Geld fehlt. Ganz besonders Frauen können wegen der Hauptlast der Familienarbeit oder weil sie allein erziehend sind, nicht einmal die gesetzliche Rentenversicherung regelmäßig „bedienen“. Mit der flächendeckenden Durchsetzung von Niedriglöhnen und Minijobs durch die Hartz-IV-Gesetze wird die Altersarmut in den nächsten Jahren weiter sprunghaft steigen. Einer derart volks- und besonders frauenfeindlichen Politik den Kampf anzusagen gehört zu den Anliegen des Frauenpolitischen Ratschlags, der Montagsdemo usw. Für die Herabsetzung des Rentenalters auf 60 Jahre für Männer, auf 55 Jahre für Frauen bei vollem Rentenausgleich! Festsetzung einer staatlichen Mindestrente unabhängig von der persönlichen Berufstätigkeit!

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