Freitag, 20. Juli 2012

Spanien: Angriff auf die Schwächsten der Gesellschaft

Die Hauptbetroffenen der neuesten Maßnahmen der konservativen spanischen Regierung unter Mariano Rajoy und der Europäischen Union sind die Arbeitslosen, die jungen Leute, die älteren Frauen mit kranken Familienmitgliedern und die Immigranten. 65 Milliarden Euro sollen bis 2014 nach Maßgabe Brüssels eingespart werden; alle drei Monate werden EU-Funktionäre vorbeischauen und Einblick in alle privaten und öffentlichen Finanzinstitute bekommen. Die Mehrwertsteuer wird um drei Prozentpunkte (von 16 auf 19 %) erhöht. Alles wird teurer, es handelt sich um die größte Krise nach dem Krieg. Drei Milliarden sollen in der Bildung eingespart werden, die Studiengebühren steigen auf den höchsten Stand in ganz Europa, zweitausend Unidozenten werden nach Angaben der Gewerkschaften entlassen. Die Schülerzahl pro Klasse steigt um 20 Prozent. Im Gesundheitsbereich wurde bereits seit Monaten verschärft: illegale Immigranten bekommen keine Gesundheitsversorgung mehr, wie auch diejenigen Arbeitslosen, die nie gearbeitet haben. Die Zuzahlung bei Medikamenten wird eingeführt, und die Ärzte bekommen eine höhere Zahl an Patienten in den Krankenhäusern zugewiesen. Arbeitslose und junge Menschen erleiden einen Frontalangriff: die Arbeitslosenunterstützung sinkt ab dem sechsten Monat um 10 Prozent und die Wohnbeihilfe für junge Leute wird von 210 auf 147 Euro gekürzt. Dazu muss man wissen, dass die Jugendarbeitslosigkeit bei 50 Prozent liegt und sieben von zehn der unter 30-Jährigen wegen der hohen Mieten und niedrigen Löhnen bei ihren Eltern leben. Das Sanktionssystem gegen Arbeitslose hat Spanien erreicht und die 400-Euro-Hilfe für über 45-Jährige kaum Vermittelbare wird ganz gestrichen. Langzeitarbeitslose bekommen nicht mehr ab 52, sondern erst ab 55 Jahren die für sie vorgesehene Unterstützung. Arbeitslose dürfen das Land nicht verlassen, sonst verlieren sie ihre Unterstützungsleistungen. Kleine Selbstständige haben doppelte Steuererhöhungen zu beklagen - zum einen die Mehrwertsteuererhöhung, zum anderen die Erhöhung der Einkommensteuer von 15 auf 19 Prozent, was nach Angaben der Verbände von kleinen und mittleren Selbstständigen zum Aus für bislang schon am Rande des Existenzminimums arbeitende Familienunternehmungen führen kann. Die Regierung beabsichtigt in den nächsten Monaten weitere 300 000 Beamte zu entlassen. Außerdem sollen im Rahmen eines "Liberalisierungsplanes" die Eisenbahngesellschaft (RENFE), die Flughäfen, die Wasserwerke Madrids und alle Häfen des Landes verkauft werden. Dagegen entwickelt sich Widerstand: der Generalsekretär der "Vereinten Linken", Cayo Lara, hat ebenso zu Protesten aufgerufen wie Ignacio Fernández Toxo, der Chef des Gewerkschaftsdachverbandes "Arbeiterkommissionen". Der andere Dachverband, die UGT, spricht von einem "demokratischen Betrug". Der letzte Generalstreik fand am 29. März gegen die Arbeitsrechtsreform statt, nun waren für den 19. Juli Massenmobilisierungen im ganzen Land geplant. Auch TaxifahrerInnen und LehrerInnen in Madrid gehen in unbefristete Streikaktionen. Am 21. Juli erreicht der "Marsch der Würde", der am 26. Juni in verschiedenen Landesteilen gestartet war, Madrid. Die Bergarbeiter sind auch im unbefristeten Streik. Und für den 25. September ist geplant, das Parlament zu umringen, und dann wird es um die Auflösung des Gerichtshofes und eine verfassunggebende Versammlung gehen. "Eine neue Verfassung, aber dieses Mal in einem demokratischen Staat!" Carmela Negrete

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