Donnerstag, 23. Februar 2012

Der Konsenspräsident

Eine Zeitung der äußersten Rechten feiert die Einigung auf Joachim Gauck als nächsten Bundespräsidenten. Während der bisherige Amtsinhaber Christian Wulff mit „Worthülsen von der 'bunten Republik'„ Schlagzeilen gemacht habe, seien von Gauck „nüchterne Äußerungen“ unter anderem zum Thema „Migration“ bekannt, heißt es lobend in der ultrarechten Wochenzeitung Junge Freiheit. In der Tat hat Gauck durchaus positiv zu dem SPD-Politiker Thilo Sarrazin Stellung bezogen, der für rassistische Äußerungen über „Türken und Araber“ bekannt ist. Der zukünftige Bundespräsident hat außerdem mit Aussagen über die deutsch-polnische Grenze, über die Umsiedlung der Deutschen und über die Shoah von sich reden gemacht. So vertritt er die Auffassung, die „Überhöhung“ des „deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit“ nehme zuweilen eine quasireligiöse „Dimension der Absolutheit“ an, die abzulehnen sei. Joachim Gauck soll in gut vier Wochen von den Abgeordneten beinahe sämtlicher Bundestagsparteien zum elften Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt werden - in parteiübergreifendem Konsens.

Parteiübergreifend

Nach dem Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff haben sich fast sämtliche Parteien, die im Deutschen Bundestag vertreten sind, darauf geeinigt, den evangelischen Pastor und ehemaligen Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde Joachim Gauck zu seinem Nachfolger zu wählen. Gauck kann damit auf 90 Prozent der Stimmen zählen, wenn die Bundesversammlung am 18. März im Berliner Reichstag zusammenkommen wird, um über den künftigen Bundespräsidenten zu entscheiden. Das künftige deutsche Staatsoberhaupt unterscheidet sich dabei in mancherlei Hinsicht von dem letzte Woche zurückgetretenen Amtsinhaber.

Political Correctness: „Unbeliebt“

In direkten Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger Christian Wulff stellte sich Gauck in der Debatte um rassistische Thesen des Sozialdemokraten Thilo Sarrazin. Dieser hatte im Herbst 2010 in einer Buchpublikation lautstark gegen „Türken und Araber“ gewettert: Migrantische Teile der deutschen Unterschichten, behauptete er, kosteten den deutschen Staat viel Geld, brächten ihm aber zu wenig Nutzen. Der antimuslimischen Agitation, die daraufhin Wellen schlug, widersprach Wulff in seiner Rede zum 3. Oktober 2010 mit der Feststellung, der Islam gehöre zu Deutschland. Noch seine Rücktrittserklärung leitete Wulff mit dem Bekenntnis ein, ihm sei es „ein Herzensanliegen“, dass sich alle, „die hier bei uns in Deutschland leben“, der Republik „zugehörig“ fühlten - „ganz gleich, welche Wurzeln sie haben“.[1] Gauck hingegen hatte Sarrazin attestiert, „Mut bewiesen“ zu haben: „Er hat über ein Problem, das in der Gesellschaft besteht, offener gesprochen als die Politik.“ „Die politische Klasse“ könne aus seinem Erfolg lernen, dass „ihre Sprache der politischen Korrektheit“ bei der Mehrheit der Bevölkerung keine Zustimmung finde.[2]

Die Schuld ad acta legen

Bekannt geworden ist Gauck vor allem als Kämpfer gegen „totalitäre Systeme“. Unter diesem Begriff fasst der künftige Bundespräsident sowohl rassistisch fundierte Politikansätze der extremen Rechten als auch kommunistische Gleichheitsvorstellungen der Linken zusammen und setzt den Nationalsozialismus mit seinen Menschheitsverbrechen und die realsozialistischen Staaten, darunter die DDR, weitgehend in eins. So wird er mit der Aussage zitiert, es gebe Ähnlichkeiten bei den „Folgen staatsterroristischer Herrschaft auf die Bürger“.[3] In einer „Prager Erklärung“ vom 3. Juni 2008, zu deren Erstunterzeichnern Gauck gehörte, heißt es, es gebe „substanzielle Ähnlichkeiten zwischen dem Nazismus und dem Kommunismus“ mit Blick auf ihre „Verbrechen gegen die Menschheit“.[4] Die „Prager Erklärung“ ist von jüdischen Verbänden entschieden kritisiert worden, weil sie die Menschheitsverbrechen der Shoah relativiere. Es gebe „gewisse osteuropäische Kreise, die eine Art 'Holocaust-Neid' entwickelt“ hätten, wird der Direktor des Jerusalemer Simon Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff, zitiert: „Sie sähen es gerne, wenn kommunistische Verbrechen ebenso scharf geahndet würden wie die Verbrechen der Nazis.“ Damit aber werde eine gänzlich unangemessene Parallele hergestellt, die letztlich nur dazu führen werde, die Deutschen zu entlasten: „Denn wenn jeder schuldig ist, dann ist eben auch keiner schuldig.“[5] Dann könne man „das Ganze ad acta legen“.

Die „Holocaust-Religion“

Tatsächlich ist der zukünftige Bundespräsident bereits im Jahr 2006 mit einer bemerkenswerten Stellungnahme zur Shoah an die Öffentlichkeit getreten. Demnach gebe es „eine Tendenz der Entweltlichung des Holocausts“, die sich zeige, „wenn das Geschehen des deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit überhöht wird, die letztlich dem Verstehen und der Analyse entzogen ist“.[6] Offenkundig suchten „bestimmte Milieus postreligiöser Gesellschaften nach der Dimension der Absolutheit, nach dem Element des Erschauerns vor dem Unsagbaren“; dieses „Erschauern“ jedoch könne auch durch „das absolute Böse“ ausgelöst werden und sei „paradoxerweise ein psychischer Gewinn“. An die Behauptung, das Gedenken an die Shoah enthalte religiöse Elemente, knüpft auch die äußerste deutsche Rechte an. Als Anfang 2009 ein Bischof der katholischen Piusbruderschaft in der öffentlichen Debatte heftig kritisiert wurde, weil er den Holocaust in Frage stellte, da hieß es in der ultrarechten Wochenzeitung Junge Freiheit, „der mächtigste Dämon der Gegenwart“ sei „die Zivilreligion, in der Auschwitz an die Stelle Gottes“ trete; der Holocaust werde „seiner Konkretheit und seines Kontextes entkleidet“ und „auf die Höhe eines Mysteriums gestemmt, das priesterlicher Vermittlung“ bedürfe.[7] Wenig später erklärte es der Autor eines anderen ultrarechten Mediums im Hinblick auf Kritik an antisemitischen Tendenzen in der katholischen Kirche [8] für „bedenklich“, wenn „vom Oberhaupt der katholischen Kirche ein Kniefall vor dem negativen Heiligtum des Holocaust erwartet wird“.[9] Der Autor gehört heute der Redaktion einer Zeitschrift an, die in offiziellem Auftrag an der Münchener Bundeswehr-Universität herausgegeben wird (german-foreign-policy.com berichtete [10]).

Wannseekonferenz und Stasizentrale

Öffentlich exponiert hat sich Gauck nicht zuletzt mit Äußerungen, die geeignet sind, das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen beträchtlich zu belasten. So schrieb Gauck über die Anerkennung der polnischen Westgrenze durch die DDR im Jahr 1950, „die Kommunisten“ hätten, indem sie die „Westverschiebung Polens und damit den Verlust der deutschen Ostgebiete guthießen“, nur „Stalins Territorialforderungen“ nachgegeben: „Einheimischen wie Vertriebenen galt der Verlust der Heimat als grobes Unrecht, das die Kommunisten noch zementierten, als sie 1950 die Oder-Neiße-Grenze als neue deutsch-polnische Staatsgrenze anerkannten.“[11] Noch vor wenigen Jahren hat Gauck im Streit um die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, und ihre Planungen für ein „Zentrum gegen Vertreibungen“, die in Polen auf heftigen Protest stießen, sich ganz offiziell auf Steinbachs Seite geschlagen. Ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ sei in Berlin, „am Ort verschiedener 'Topografien des Terrors', dem Ort der Wannseekonferenz und der Stasizentrale, dem einstigen Regierungssitz brauner und roter Despoten“, am richtigen Ort.[12]

Reifes Deutschland

Gauck hat mehrfach erklärt, „die Deutschen“ täten gut daran, ihren Umgang mit der Vergangenheit ihres Landes zu ändern. „Ich frage mich, wie lange wir Deutschen unsere Kultur des Verdrusses noch pflegen wollen“, urteilte er im Herbst 2010.[13] Bereits zuvor hatte er auf die Interviewfrage, ob „die Mehrheit der Deutschen“ heute „reif“ sei für eine „Hinwendung zu den eigenen Opfern, die Hinwendung zum Patriotischen“: „So sehe ich das.“[14] Tatsächlich findet der Konsenskandidat, der in Kürze ins Amt des Bundespräsidenten gewählt werden wird, auch Zustimmung in Kreisen der äußersten Rechten. „Im Gegensatz zu den Worthülsen von der 'bunten Republik', mit denen Wulff die drängenden Probleme der Zuwanderung und Integration von Ausländern verharmloste, sind von Gauck nüchterne Äußerungen bekannt“ [15], heißt es zum Beispiel in der Wochenzeitung Junge Freiheit: „Der überfällige Rücktritt Wulffs und die Nominierung von Gauck als neuer Bundespräsident“ seien „zwei gute politische Entscheidungen“.

[1] Rücktrittserklärung. Schloss Bellevue, 17. Februar 2012
[2] Gauck attestiert Sarrazin „Mut“; www.tagesspiegel.de 30.12.2010. S. auch Herrschaftsreserve
[3] Daniela Dahn: Gespalten statt versöhnt; www.sueddeutsche.de 10.06.2010
[4] Prague Declaration on European Conscience and Communism. June 3, 2008
[5] Vergangenheitsbewältigung - nein danke; WDR 5, 21.08.2011
[6] Joachim Gauck: Welche Erinnerungen braucht Europa? www.robert-bosch-stiftung.de
[7] Thorsten Hinz: Der Super-Vatikan; www.jungefreiheit.de 13.02.2009
[8] s. dazu Der Papst und die Antisemiten, Die Antithese zur Moderne (I) und Die Antithese zur Moderne (II)
[9] Larsen Kempf: Holocaust-Religion? www.blauenarzisse.de 12.05.2009
[10] s. dazu Eingeschränkte Demokratie
[11] Stéphane Courtois et al.: Das Schwarzbuch des Kommunismus. Unterdrückung, Verbrechen und Terror, München 1998
[12] www.z-g-v.de
[13] „Mutige Politiker ziehe ich vor“; www.sueddeutsche.de 30.09.2010
[14] Gauck: Erinnerung an Vertreibung leugnet nicht den Nazi-Terror; www.dradio.de 31.08.2006
[15] Dieter Stein: Joachim Gauck wird ein guter Bundespräsident; www.jungefreiheit.de 19.02.2012

Stasiakten-Behörde

Ein Leben hinter der Larve

Joachim Gauck ließ sich eine Biografie fertigen - und ist nicht damit zufrieden

Von Peter Richter

Heute wird der Bundestag mit Marianne Birthler eine neue »Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR« wählen. Derweil kämpft der scheidende Amtsverwalter Joachim Gauck um ein makelloses Selbstbild für die Nachwelt.

0ft sind es beinahe nebensächliche Details, die am ehesten ein Schlag licht auf einen Menschen werfen. In seinem Buch »Joachim Gauck. Die Biografie einer Institution« schildert der »Welt«-Journalist Norbert Robers den Auftritt seines Protagonisten in der Berliner Humboldt-Universität, wo er die »Enttarnung« des Rektors Heinrich Fink als IM verkündete: »Er trat ans Podium mit der Bemerkung: >Gelassen und mit Freude erwarte ich die Proteste einer PDS gesteuerten Universitätsöffentlichkeit.< Er ballte die Hand zur Gauck mit HeiligenscheinFaust, um seine Entschlossenheit zu zeigen. « Die Szene verrät zweierlei: Zum einen Gaucks militanten Antikommunismus, zu dem er sich immer wieder bekennt. Und zum anderen seine Selbstgerechtigkeit, die totale Überzeugung von sich und seiner Mission.

Seine antikommunistische Haltung begründet Joachim Gauck mit dem Schicksal seines Vaters, der 1951 unter falschen Beschuldigungen in die Sowjetunion gebracht wurde, wo er fast drei Jahre in einem Gefangenenlager arbeiten musste. Folglich waren für ihn die Russen »unerwünschte Eroberer« und Adenauer, der die Rückkehr der Gefangenen ausgehandelt hatte, »unser Held«. Auch in der Schule empfand der junge Gauck Pein - so sehr, »dass er eine bayerische Bekenntnisschule des vorigen Jahrhunderts als einen Hort der Liberalität feiern würde«.

Die Ablehnung der DDR und ihres Systems hinderte Joachim Gauck indes nicht, in ihrer Gesellschaft seinen Platz zu finden - und ihn zu verteidigen. »Ich war nie ein Fundamental-Oppositioneller, aber nicht weil es an Mut mangelte; sondern weil ich es für taktisch unklug hielt«, gesteht er ein. So verwundert es nicht, dass er weder als Landpfarrer im mecklenburgischen Lüssow ab 1967 und lange auch später nicht in Rostock-Evershagen, wo er in einem Neubaugebiet eine evangelische Gemeinde aufbaute, ins Visier der Staatssicherheit geriet. 1983 wurde schließlich der operative Vorgang (OV) »Larve« angelegt, der bis Ende 1988 auf fast 200 Seiten anwuchs, ehe er geschlossen und archiviert wurde. Damals urteilte das MfS, »dass von ihm derzeit keine Aktivitäten ausgehen, die eine weitere Bearbeitung im OV erforderlich machen«. Sein Führungsoffizier, empfahl gar, einen IM-Vorlauf anzulegen. Gauck hatte sich besonders bei der Vorbereitung des Rostocker Kirchentages außerordentlich kooperativ gezeigt und erklärte sich auch zu weiteren Gesprächen mit dem MfS bereit. Sein Biograf jedoch traut - anders als Gauck gewöhnlich - den Akten nicht recht und bewertet diese Aussagen als »eine Mischung aus Wunschdenken und politisch motivierter Verleumdung«.

Heute will der Aktenverwalter seine damals realistische und ihm nicht vorwerfbare Haltung nicht mehr wahrhaben. Er wollte unter den obwaltenden Verhältnissen etwas bewirken, wollte seine Aufgabe als Kirchenmann erfüllen - und musste dazu Kompromisse machen. Nicht anders etwa als Manfred Stolpe, wenngleich auf wesentlich niedrigerem Niveau. Doch während er Stolpes MfS-Kontakte als Kollaboration mit dem Geheimdienst anprangerte, sieht er sich selbst »in erbitterte Kämpfe mit der Stasi verwickelt«. Jene Zivilcourage, die er bei anderen zu Recht lobt, ging ihm -jedenfalls in der rigorosen Konsequenz totaler Verweigerung, die er offenbar allein gelten lässt ab. Er verhielt sich normal und durchaus vernünftig -wie viele andere, denen er das heute vorwirft, weil er besser sein, sich über sie erheben will.

Aus diesem Grunde auch führt er einen erbitterten Kampf gegen all jene, die seine Rolle in der DDR anders darstellen. Schon auf der zweiten Seite der Einleitung - die erste zählt seine Medaillen und Auszeichnungen auf - geht Robers auf Gaucks Stasiakte ein, auf seine juristischen Auseinandersetzungen mit Peter-Michael Diestel. Er konzentriert sich dabei auf jene Teile, die ihn als »Systemkritiker und Opfer von Verfolgung« darstellen, während all das, was über »Begünstigungen« seitens des MfS, wie es Diestel nennt (siehe auch ND vom 25 September 2000), aufgezeichnet ist, weitgehend ausgeblendet wird. Aber auch sein Biograf kann nicht verschweigen, dass Gauck ausgerechnet in den Jahren 1988 und 1989 »seinen Widerstand gegen den Staat dem kirchlichen Amt untergeordnet hatte«.

Erst am 4. November 1989 sah er »die Zeit für reif an, auch außerhalb der Kirche politisch aktiv zu werden« - nun aber mit aller Macht. Vieles gab er auf, seine Familie, menschliche Bindungen, um sich ganz und gar als »politischer Missionar« zu betätigen. Mit einem Rigorismus, der in erstaunlichem Widerspruch zu seiner Kompromissbereitschaft in der DDR stand, ging er schließlich an die Auswertung der Stasi-Hinterlassenschaft. Er vertrat die Öffnung der Akten, allerdings in streng rechtsstaatlichen Grenzen, was das Scheitern bedeutet hätte. »Es handelt sich um einen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik, nicht um die umgekehrte Veranstaltung. Ihr seid herzlich willkommen. Aber hier findet nicht die Vereinigung zweier gleicher Staaen statt«, hatte Wolfgang Schäuble höhnisch den DDR-Unterhändlern entgegengehalten. Und folglich fehlte die Aktenöffnung im Einigungsvertrag. Erst ein durch Gauck abgelehnter Hungerstreik der von ihm herzlich verachteten Bürgerrechtler zwang die Bundesregierung zu Einlenken und sicherte Ironie der Geschichte -Joachim Gauck für zehn Jahre sein hoch dotiertes Amt.

Obwohl sich Gaucks Biograf bemüht, dessen Weg »vom Aktenverwalter zur moralischen Instanz« in bestem Gefälligkeitsjournalismus zu zeichnen, sind dem Auftraggeber einige unpassende Fakten und vorsichtig distanzierende Anmerkungen schon zu viel. Eine »schöne« Larve will er zeigen, nicht sein wahres Gesicht. Ob es da die ursprünglich geplante »einzig autorisierte« Biografie sein wird, die in diesen Tagen auf den Markt kommt?

Norbert Robers: Joachim Gauck. Die Biografie einer Institution, Henschel Verlag Berlin, 240 Seiten, 38 DM.

Dass er von klein auf ein Kommunistenhasser stets gewesen ist, wissen vom MFS der DDR bis hin zur CIA der USA alle Obrigkeiten des christlich vor allem sich selbst als Nächsten liebenden Gauck.

Gauck selbst begründet seinen Antikommunismus damit, dass sein Vater „unter falschen Beschuldigungen“ 1951 in die UdSSR gebracht wurde und dort fast drei Jahre in einem Gefangenenlager arbeiten musste. Sowjetische Geheimdienstler hatten Gaucks Vater wegen Spionagevorwurf und antisowjetischer Hetze kurzerhand einem sowjetischen Militärgericht in Schwerin überstellt, wo er zu 25 Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde. Beim Holzfällen in Sibirien magerte er allerdings dermaßen ab, dass er invalidisiert wurde und leichtere Arbeiten erhielt.

„Die Russen“ hatten Joachim Gauch aber noch viel mehr ach so schlimme Dinge angetan. Darüber, wie 1941-45 allerorts „die Deutschen“ russische Kriegsgefangene in den Konzentrationslagern misshandelten und nach schnellstmöglichem Verschleiß von deren Arbeitskraft kurzerhand bestialisch umbrachten, lässt sich Joachim Gauck nirgendwo in seinen sich ausschließlich selbst beweihräuchernden Memoiren aus.

Das unmittelbar an der Ostsee gelegene Haus von Gaucks Großmutter väterlicherseits wurde nämlich von „den Russen“ 1945 zu militärischen Zwecken umgehend requiriert, was den Hass der Gaucks auf „die Russen“ sicherlich gefördert haben dürfte. Auch die DDR gab jenes Haus nicht an die Gaucks zurück, sondern es blieb später an einen Großbetrieb verpachtet.

Gauck dazu wörtlich: „Großmutter Antonie erhielt eine beleidigend niedrige Miete, das war ihre Rente. Als die ersten Pachtverträge ausliefen, musste sie weiter verpachten, zuletzt an einen großen Staatsbetrieb aus Magdeburg. Oma Antonie lebte in wechselnden Wohnungen, zuletzt im Pfarrhaus Wustrow. Sie starb 1969 bei dem Pastorenehepaar Hanns und Renate Wunderlich in dem Ort, den sie zu ihrer Wahlheimat gemacht hatte – aber nicht in dem Haus, das sie dort errichtet hatte.“ (1)

Au backe, da könnte man meinen, Hunger und Elend habe bei den Gaucks geherrscht. Arbeitslos und nur von der minimalen staatlichen Unterstützung konnte Gaucks Mutter die Familie dann auch ab 1951 nicht mehr durchbringen, so dass die erwachsene Frau arbeiten gehen musste. Für Gaucks Empfinden war all dies eine schlimme Beleidigung und Demütigung durch das DDR-Regime. Und sicherlich war es den Gaucks und hausbesitzenden Familien im faschistischen Hitlerdeutschland materiell besser gegangen als in den ersten zehn Jahren nach dem Krieg auf dessen Trümmern, so dass diese Kommunistenhasser den Nazis hinterher trauerten. Immerhin fand auch Frau Gauck Arbeit. Gauck selbst wurde daheim zum DDR- und Kommunistenhasser von klein auf erzogen.

Seit 1953 bis zu seiner Heimkehr 1955 hatte die Familie Gauck Postkontakt zum Vater im sibirischen Arbeitslager. Dass kein russischer Kriegsgefangener der Hitlerdeutschen jemals Postkontakt zu seiner Familie in Russland erhalten hatte, verblieb außerhalb des selbstgerechten und einfältigen reaktionären und egoistischen Tellerrand-Denkens der kleinspießigen Gaucks. (2)

Die Ablehnung der DDR hinderte Joachim Gauck indes in seiner Schulzeit und danach nicht, sich opportunistisch zu geben und in der sozialistischen Gesellschaft seine berufliche Karriere zu machen. »Ich war nie ein Fundamental-Oppositioneller, aber nicht weil es an Mut mangelte; sondern weil ich es für taktisch unklug hielt«, gesteht „Taktierer Gauck“ ein. (3)

Die DDR meinte es ach so ganz besonders schlimm mit ihrem FDJ-Nichtmitglied und DDR-Hasser Gauck und ermöglichte ihm von 1958 bis 1965 das Studium der Theologie an der Wilhelm-Pieck-Universität in Rostock. Schlimme Verfolgung durch die böse DDR bestand auch darin, dass Gauck als evangelischer Pastor in Lüssow und später im Plattenbau-Vorort Evershagen in Rostock Karriere machen konnte, wo er es bis zum Kreis- und Stadtjugendpfarrer brachte. (2) Dass die bundesdeutschen Behörden mit den ihnen missliebigen Kommunisten zur selben Zeit in Form von Geldstrafen, Haftstrafen und Berufsverboten jahrzehntelang ganz erheblich brutaler umsprangen als die DDR mit ihrem DDR-Hasser und Antikommunisten Gauck, dies war natürlich dem dünkelhaft sich in seiner Opferrolle sonnenden seinerzeitigen kleinen Pastor Gauck nie auch nur einen Gedanken wert.

Gauck musste natürlich in seiner DDR-Zeit ach so schröcklichst unter so üblen Repressalien des Ministeriums wie Staatssicherheit leiden wie Ermittlungen wegen staatsfeindlicher Hetze von 1983 bis 1988, von denen ihm die Staatssicherheitsdienstler auch nichts mitteilten. Geheimdienste arbeiten nun mal geheim, sogar gegenüber dem ins Visier genommenen DDR-Staatsfeind Gauck. Und wie es sich für einen wahren DDR-Hasser gehört, zog er seine Kinder zu notorischen Antikommunisten und ebenfalls DDR-Hassern heran. Dies in Gaucks Fall mit dem Ergebnis, dass seine Söhne schon im Jugendalter die DDR Richtung Westen verlassen wollten und Ausreise-Anträge stellten.

Es stand also ein ach so allerschlimmstes Ende für Gauck zu befürchten an. Bautzen? Sibirien? Gulag 10 mal lebenslanglichst? Gar die Todesstrafe?

Nein, es sollte ganz anders und viel schröcklicher kommen! Das Ministerium für Staatssicherheit ging 1988 ganz besonders ach so hinterhältig mit Gauck um und spielte dabei mit dem abwegigen Gedanken, ihn evtl. als Mitarbeiter anzuwerben. Damals urteilte das MfS, „dass von ihm derzeit keine Aktivitäten ausgehen, die eine weitere Bearbeitung im operativen Vorgang (gemeint ist das Ermitteln gegen Gauck!) erforderlich machen“. Sein Führungsoffizier, empfahl gar, einen IM-Vorlauf anzulegen. Gauck hatte sich besonders bei der Vorbereitung des Rostocker Kirchentages außerordentlich kooperativ gezeigt und erklärte sich auch zu weiteren Gesprächen mit dem MfS bereit. (3)

Oberst a.D. Artur Amthor, letzter Chef der ­Rostocker Bezirksver­waltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR, bekannte in einem Interview mit der jungen Welt zu Gauck: „Er kam in den Genus zahlreicher Sondererlaubnisse, die kaum einem anderen DDR-Bürger gewährt wurden. Z.B. durften seine Söhne in die BRD übersiedeln, sie konnten auch jederzeit zu Besuchen wieder in die DDR einreisen. Aus Anlass dieser Übersiedlung durfte Gauck per Sondergenehmigung sogar mit in den Westen fahren. Ferner kamen wir seinem Wunsch nach, für seine privaten Zwecke den Import eines VW-Transporters zu ermöglichen.“ (4)

Fürwahr, es ist schon schröcklich demütigend, wenn jemand als Pastor in der von ihm gehassten DDR auch noch mit Reisefreiheit Richtung Westen im eigens für ihn importierten VW-Transporter zu schlimmstem Leiden im Sozialismus gezwungen wurde. Und es ist schon beleidigend, wie Gauck da mit DDR-behördlichen Sondergenehmigungen überschüttet wurde, welche er als Antragsteller ja nur mit Unterstützung sich vor Ort als seine Gönner gerierender maßgeblicher Leitender im Ministerium für Staatssicherheit erhalten konnte. Das Leben in der DDR musste für Gauck schlicht zur Höllenqual werden! Natürlich schwor Gauck den bösen Kommunisten, der schröcklichen DDR und vor allem dem Ministerium für Staatssicherheit Rache, Rache und nochmals Vergeltung! Wofür aber eigentlich?

War Gauck ein Stolpe? Stolpe genoss ja auch Bonzen-Privilegien in der DDR. Stolpe wollte unter den obwaltenden Verhältnissen etwas bewirken, wollte seine Aufgabe als Kirchenmann erfüllen - und musste nach seinen Worten dazu Kompromisse machen. Dasselbe findet sich inhaltlich auch in den Rechtfertigungen von Gauck dafür, dass er nicht offener gegen die DDR seinerzeit ankämpfte, sondern die Fäustchen nur im stillen Kämmerlein und allein auf dem Klo in den Hosentaschen ballte. Doch während Gauck Stolpes MfS-Kontakte als Kollaboration mit dem Geheimdienst anprangerte, sieht er sich selbst trotz all seiner seinerzeit offiziell stattgefundenen Gespräche mit Angehörigen des MFS „in erbitterte Kämpfe mit der Stasi verwickelt“ , dieser Heuchler vor dem Herrn! Jene Zivilcourage, die er bei anderen zu Recht lobt, ging ihm -jedenfalls in der rigorosen Konsequenz totaler Verweigerung, die allein er offenbar gelten lässt, ab. Er verhielt sich angepasst wie viele andere DDR-Hasser, denen er heute vorwirft, sie seien angepasst gewesen. Er tut so, als sei er besser und könne sich über die anderen damaligen DDR-oppositionellen „Bürgerrechtler“ erheben. (3)

Peter-Michael Diestel war letzter DDR-Innenminister und trug auch für die friedliche Kapitulation des DDR-Sicherheitsapparates ein hohes Maß an Verantwortung, was er sehr ernst nahm. Diestels Enthüllungen über Gauck ergeben, dass Gauck ausgerechnet in den Jahren 1988 und 1989 „seinen Widerstand gegen den Staat dem kirchlichen Amt untergeordnet hatte“. (3) Herr Pastor Gauck hatten es sich also durchaus kleinbürgerlichst-bequemst in der ach so schröcklichen DDR eingerichtet.

Am 4. November 1989 wurde Gauck dann aber plötzlich ein ganz besonders mutiger Konterrevolutionär. Erich Honecker war bereits von Egon Krenz an der DDR-Spitze abgelöst, der „eiserne Vorhang“ von Ungarn aus für DDR-Verlasser Richtung Westen geöffnet. Ein Großteil der evangelischen Pfaffen in der DDR ließ nun die Maske fallen und brüllte mit an der Spitze von Demonstrationen im Anschluss an Gottesdienst und konterrevolutionäre Hasspredigt „Wir sind das Volk“ und „Belogen und betrogen ham'se uns“. Gauck sah wie sehr viele Wendehälse und konterrevolutionäre Kleinspießer in diesem Moment „die Zeit für reif an, auch außerhalb der Kirche politisch aktiv zu werden“.

Vieles warf der karrieregeile selbstsüchtige Gauck Ende 1989/1990 über den Haufen, seine Familie, menschliche Bindungen, um sich ganz und gar als bestens vom Imperialismus bezahlter antikommunistischer Eiferer und Handlanger zu betätigen. Mit einem Rigorismus, der in erstaunlichem Widerspruch zu seiner Kompromissbereitschaft in der DDR stand, ging er schließlich an die Auswertung der Hinterlassenschaft des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR.

Er vertrat die Öffnung der Akten, allerdings in streng rechtsstaatlichen Grenzen, was das Scheitern bedeutet hätte. „Es handelt sich um einen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik, nicht um die umgekehrte Veranstaltung. Ihr seid herzlich willkommen. Aber hier findet nicht die Vereinigung zweier gleicher Staaten statt“, hatte Wolfgang Schäuble höhnisch den DDR-Unterhändlern entgegengehalten. Und folglich fehlte die Aktenöffnung im Einigungsvertrag. Erst ein durch Gauck abgelehnter Hungerstreik der von ihm herzlich verachteten anderen „Bürgerrechtler“ zwang die Bundesregierung zu Einlenken und sicherte, welch' Ironie der Geschichte, Joachim Gauck für zehn Jahre sein hoch dotiertes Amt. (3) Am letzten Tag des Bestehens der DDR, dem 2. Oktober 1990, wurde Gauck „Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen“ und blieb dies zehn Jahre lang bis 2000. Die 2000-Mitarbeiter-Behörde wurde seinerzeit aufgrund ihres sperrigen offiziellen Titels umgangssprachlich oft nach ihrem Leiter kurz „Gauck-Behörde“ bezeichnet. (2)

Gauck ging nie etwas über sein rein persönliches Wohlergehen und dessen Absicherung. Er wurde rasch Mitglied im US-Lobbyistenverein „Atlantik-Brücke“ in Berlin. Laut Arend Oetker ist Ziel dieses Vereins: „Die USA wird von 200 Familien regiert und zu denen wollen wir gute Kontakte haben“. (5) Zu den dort organisierten Spießgesellen des US-Imperialismus zählen der Hamburger Bankier Eric M. Warburg und solche prominenten Schoßhündchen des Kapitals wie ZEIT-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff nebst Helmut Schmidt, Friedrich Merz, Sal.-Oppenheimer Privatbank-Gesellschafter Dieter Pfundt, Guido Westerwelle, Kurt Biedenkopf, Richard von Weizsäcker, Graf Lambsdorf und Genscher, Kohl, Cem Özdemir, Scharping, Schönbohm, zu Guttenberg usw. Das US-Gegenstück dieses Vereins ist der American Council of Germany mit Mitgliedern wie Richard Holbrooke und Henry Kissinger.

All die ach so großen Demütigungen und Beleidigungen durch böse Kommunisten und die schröckliche DDR mussten natürlich dazu führen, Gauck zu einem Erstunterzeichner der „Prager Erklärung zum Gewissen Europas und zum Kommunismus“ vom 3. Juli 2008 auf der EU-Ebene zu machen. Diese Erklärung sollte eine Hexenjagd gegen alle kommunistischen Parteien und Organisationen in der EU einleiten. Auch bei der anschließenden „Erklärung über die Verbrechen des Kommunismus“ vom 25. Februar 2010 auf EU-Ebene fungierte Gauck mit als einer der Erstunterzeichner. Wikipedia beschreibt den Inhalt der Erklärung folgendermaßen: „Sie fordert unter anderem mehr Unterricht über kommunistische Verbrechen, Strafverfolgung von kommunistischen Verbrechern durch die Schaffung eines internationalen Gerichts innerhalb der EU für die Verbrechen des Kommunismus, die Errichtung einer Gedenkstätte für die Opfer des Kommunismus (wie das US-Denkmal für die Opfer des Kommunismus) und die Verringerung der Renten und Sozialleistungen für kommunistische Täter.“(6) Das „Zentrum für Vertreibung“ ist eine Herzenssache für Gauck.

Unsereins kann nur sagen, dass die UdSSR und die DDR noch viel zu großzügig gegenüber all den feigen und hinterhältigen Lakaien des Klassengegners gewesen sind. Welch' Schlange nährte die DDR-Staatssicherheit seinerzeit in Gestalt dieses Gaucks an ihrer Brust?

Daraus müssen Lehren für künftige proletarische Revolutionen gezogen werden.

(1) Norbert Robers: Joachim Gauck – die Biografie einer Institution, Berlin 2000. ISBN 3-89487-365-5.

(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Gauc

(3) http://www.mfs-insider.de/Presse/EinLebenHinterDerLarve.htm

(4) http://www.jungewelt.de/2010/06-08/050.php

(5) http://de.wikipedia.org/wiki/Atlantik-Br%C3%BCcke

(6) http://de.wikipedia.org/

Nun kommt er wieder ins Gespräch: Joachim Gauck. Er soll, nach Auffassung vieler Bürgerinnen und Bürger, Wulffs Nachfolge antreten: ein „Kandidat der Herzen“, wie es bereits im Vorwahlkampf im Frühsommer 2010 hieß. Tatsächlich? Wäre Joachim Gauck ein solcher Bundespräsident? Wäre Gauck eine derart hehre Lichtgestalt? Wäre Gauck der Kandidat der Herzen, der Präsident aller, wäre er der aufrechte, lautere, zutiefst menschliche Mensch weit über allem Parteiengezänk?

Nein, Joachim Gauck wäre ein solcher Bundespräsident nicht. Was Christian Wulff mit der Ausstrahlung eines ewigen Oberprimaners nicht zuwegebracht hat, das könnte Joachim Gauck mit seinem Charisma (das ihm nicht abzusprechen ist) bei vielen Menschen hierzulande durchaus glücken: sozialspalterisches Gedankengut hineinzutragen in unser Land, zutiefst verrohendes Denken, eine Propaganda völliger Mitleidslosigkeit. Ich meine konkret: die Bürgerinnen und Bürger davon zu ‚überzeugen’, daß der Abbau unseres Sozialstaates, daß insbesondere Hartz-IV, diese staatlich betriebene Verelendung von Millionen Menschen in der Bundesrepublik, doch eigentlich eine prima Sache sei. Hier einige Beispiele, mit welch pastoralen Segenssprüchen Ex-Pfarrer Gauck diese alltäglich praktizierte Menschenverachtung namens Hartz-IV seit Jahren versieht:

Bereits im Sommer des Jahres 2004 bezeichnete Joachim Gauck die Bürgerinnen und Bürger, die gegen das Menschenverelendungsgesetzeswerk Hartz-IV demonstrierten, als „töricht und geschichtsvergessen“ - allein deshalb, weil diese Menschen den Begriff der „Montagsdemonstrationen“ wiederaufleben ließen (Quelle: RP-Online vom 09.08.04). Ich meine: so spricht einer, der sich - ohne Mitleid den Arbeitslosen gegenüber - als Gefangener der eigenen Lebensgeschichte erweist.

Joachim Gauck hat die Sozialstaatsverpflichtung der Bundesrepublik gegenüber den Hilfsbedürftigen mit den Worten kritisiert: „Diese Reduzierung des Lebensglücks auf Wohlfahrt und Wohlstand halte ich nicht für kindlich, sondern für kindisch“. Die Forderung nach Wohlfahrt aller sei „Reduzierung des Lebensglücks“, sei „kindisch“? Ich meine: mit solcher Eiseskälte spricht kein mitfühlender Mensch, sondern ein Mann, der sich offenkundig eher als Steißtrommler der Nation versteht. Und offenbar das Grundgesetz nicht kennt. Doch weiter:

Joachim Gauck hat die humanen Grundmotive der menschenwürdigen Existenzsicherung für alle Menschen in der Bundesrepublik mit dem Verdacht belegt: „Wir stellen uns nicht gerne die Frage, ob Solidarität und Fürsorglichkeit nicht auch dazu beitragen, uns erschlaffen zu lassen.“ (Quelle: Welt-Online vom 07.06.10). „Uns“? – Nun, ich meine: mit dieser wörtlichen Übernahme von Thesen aus den Propagandaschriften der Unternehmer-Organisation „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (siehe deren Broschüre: „Mehr Freiheit für Eigeninitiative“!) stellt sich Gauck auf die Seite der Sozialstaatsvernichter in diesem Land und liefert diesen Vorwände für noch bösartigere Kürzungen im Sozialbereich. Außerdem klingen auch in dieser Aussage von ihm die Töne einer Schwarzen Pädagogik durch.

Und schließlich: Joachim Gauck hat die Zerstörung unseres Sozialstaats mit den folgenden Worten gefeiert: „Als Gerhard Schröder einst die Frage aufwarf, wie viel Fürsorge sich das Land noch leisten kann, da ist er ein Risiko eingegangen. Solche Versuche mit Mut brauchen wir heute wieder“ (Quelle: Die Welt vom 07.06.10). Das ist im Klartext ein Plädoyer für noch mehr Menschenverelendung in diesem Land. Und was hier „Mut“ genannt wird, ist in Wahrheit nichts anderes als Brutalität.

Ich meine: mit derartigen Äußerungen reiht sich Joachim Gauck ohne jede Einschränkung ein in die Front jener PolitikerInnen, die mit der Agenda 2010 über Millionen von Menschen in bitterstes Unglück zu stürzen vermochten. Ich meine: er vertieft damit die Misere und die Spaltung in der Bundesrepublik statt sich einzusetzen für die Ärmsten der Armen in unserem Land. Ich meine: so spricht nicht ein Pfarrer, der sich mit seiner Christlichkeit auf die Seite des Nächsten steht, sondern eher der Vertreter einer Theologie der Herzlosigkeit. Einem solchen Menschen – offenkundig heillos in sich selber verstrickt, in die eigene höchstpersönliche Lebensgeschichte – darf man das höchste Amt, das in der Bundesrepublik zu vergeben ist, nicht anvertrauen. Eine derartige Absage an Mitgefühl und Solidarität darf unser Land nicht repräsentieren – weder nach innen noch nach außen hin.

Der „Kandidaten der Herzen“, wie Gauck 2010 gern von den Medien bezeichnet worden ist, ist also eher ein Theologe der Herzlosigkeit. Damit wäre er nicht unbedingt ein Mann der Reichen, – das also, was bei Christian Wulff in wachsendem Maße zutagegetreten ist -, mit Sicherheit aber ein Mann, der konsequent gegen die Ärmsten der Armen in diesem unserem Lande polemisiert.Unserem Land tut weder das eine noch das andere gut.

Selbstverständlich, wir brauchen keinen Heiligen an der Spitze unseres Staates, der Bundespräsidentensitz ist kein „Heiliger Stuhl“. Aber einen Scheinheiligen brauchen wir dort oben schon gar nicht! Und das sollte zumindest genauso selbstverständlich sein. (HP)

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