Montag, 17. Oktober 2011

HAPPY FUCKIN' LABOR DAY!

Michael Moore in einem Brief vom 6. September 2010

übersetzt von Jens-Torsten Bohlke

auf Kommunisten-online am 3. Oktober 2011 –

Lieber Rahm Emanuel:

Happy Fuckin' Labor Day – Einen Schönen Fuckin' Tag der Arbeit! Ich lese hier gerade in dieser Woche, daß ... laut einem neuen Buch von Steven Rattner, dem einstigen „Auto-Zar“ Deiner Verwaltung ... in Gesprächen im Weißen Haus darüber, wie die Zehntausenden Arbeitsplätze gerettet werden sollen, die verloren wären, wenn General Motors und Chrysler zusammenbrechen ... Deine Antwort lautete: „Fuck the UAW!“

Ich kann jetzt gar nicht glauben, daß Du derzeit das gesagt hast. Möglicherweise war Rattner verwirrt, weil Du eine Menge F-Bomben fallengelassen hattest. Oder möglicherweise versuchte Deine Assistentin gerade, ein Mittagessen zu bestellen, und Du sagtest (zu Rattner): „„A&W, keine Fritten.“

Oder möglicherweise hast Du gemeint Fuck the UAW. Wenn dem so ist, dann laß mich Dir eine kleine fucking Lektion erteilen, eine Lektion, damit Dir klar wird, daß mein fucking Onkel bei dem Sitzstreik dabei war, welcher die fucking UAW gründete.

Einst gab es da die Gewerkschaften, es gab da gar keine Mittelklasse. Arbeiter schafften es nicht, ihre Kinder auf ein College zu schicken. Nur wenige Arbeiter konnten ihr eigenes fucking Häuschen besitzen.Niemand von ihnen konnte einen fucking arbeitsfreien Tag für ein Begräbnis oder einen Krankentag nehmen, weil sie da sonst ihren fucking Job verloren hätten.

Dann organisierten sich die Arbeiter selbst in Gewerkschaften. Die Bosse und die Unternehmen hatten einen fucking Haß darauf. In der Tat wurden sie oft überhört, wenn sie da sagten „Fuck the UAW!!!“. Dies geschah, weil die UAW einen der weltweit größten Industriekonzerne geschlagen hatte, als die UAW ihren Kampf am 11. Februar 1937 gewann. Das war 44 Tage nachdem sie die Werke von General Motors in Flint übernommen hatten. Angeregt durch ihren Sieg, schlugen dann auch die Arbeiter fast jeder anderen fucking Industrie zu. Und Gewerkschaft auf Gewerkschaft wurde geboren. Hätte der 2. Weltkrieg nicht begonnen und wäre Roosevelt nicht gestorben, dann wäre es zu einer wirtschaftlichen Revolution gekommen, die jederman --- jederman --- ein fucking menschenwürdiges Leben beschert hätte.

Bei all dem schufen die Arbeitergewerkschaften eine Mittelklasse für die Mehrheit. Sogar Unternehmen, die keine Gewerkschaften hatten, wurden dazu gezwungen, nahezu Gewerkschaftslöhne zu zahlen, um an Arbeitskräfte zu kommen. Und jene Mittelklasse erbaute ein großartiges Land und ein gutes Leben. Da siehst Du mal, Rahm, wenn die Leute einen fucking guten Lohn verdienen, geben sie ihn für Dinge aus, was dann wieder mehr gutbezahlte Arbeitsplätze schafft, und dann nimmt die Mittelklasse fucking-mäßig zu. Hast Du jemals gewußt, daß seinerzeit, als ich ein Kind war, wenn man da einen bei den Eltern mit einem gewerkschaftlichen Lohn hatte, daß dann nur einer von den Eltern arbeiten mußte?! Und die Arbeiter kamen um 15 Uhr oder 16 Uhr von der Arbeit nach Hause. Die letzten Arbeiter kamen um 17:30 Uhr nach Hause! Wir nahmen unser Abendessen gemeinsam ein! Vater hatte vier Wochen bezahlten Urlaub. Wir alle hatten kostenloses Gesundheitswesen und kostenlosen Zahnarzt. Und jeder mit guten Noten ging auf's College. Und das hat sie nicht pleite gemacht. (Und wenn Du da jemals das F-Wort benutzt hättest, dann hätten die Nonnen Dich derart rausgeschmissen, daß Du es nicht mehr ertragen hättest, auch nur mal davon zu hören.)

Dann feuerte ein Republikaner alle Fluglotsen. Ein Demokrat verabreichte uns das Freihandelsabkommen NAFTA, und Millionen Jobs wurden nach Übersee verlagert ... sag mal, hast Du da nicht auch in jenem Weißen Haus gearbeitet? „Fuck the UAW, baby!“ Die Gewerkschaften wurden ängstlich und niedergeschlagen. Ein patziger Junge wurde Präsident. Und wie ein außer Kontrolle geratener Betrunkener warf er all das fucking Geld und das Geld unserer Kinder weg. Fuck!

Und jetzt muß die Großmutter von Deiner Assistentin bei fucking McDonalds schuften. Frag sie mal nach Fotos, wie die Mittelklasse gewöhnlich ausgesehen hatte. Das war einst super cool! Ich wette, Großmutter sagt nicht „Fuck the UAW!“.

Hey, versteh' mich da nicht falsch, Rahm. I mag Dich ganz fucking. Du hast im Alleingang das Weiße Haus 2006 wieder an die Demokraten gebracht. Aber Du und Dein Boss tun besser was fucking schnelles, um die Leute wieder in Arbeit zu bringen. Wie wäre es denn mal damit, es zu einem Verbrechen werden zu lassen, einen US-amerikanischen Arbeitsplatz zu nehmen und ihn aus dem Land zu verlagern? In anderen Worten, behandle das mal, als ob es ein fucking nationaler Schatz wäre. Wie Du es tätest, würde jemand die Unabhängigkeitserklärung aus den Archiven oder würde irgendein Wilderer Eier aus dem Nest eines amerikanischen Weißkopfadlers stehlen.

Oder wie wäre es damit, ein paar von jenen Wall Street - Typen hinter Gittern zu bringen, die fucking unser Geld gestohlen haben. Und zwar das Geld, welches die US-amerikanische Wirtschaft am Laufen hielt. Das würde jetzt etwas fucking Mut erfordern.

Und möglicherweise, sehr möglicherweise wäre es so, daß ein Handeln mit wahrem Mut Deinen Arsch am kommenden 2. November rettet.

Oh, ich kann Dich jetzt schon hören: „Fuck Michael Moore!“ Kein Problem. Aber Fuck the UAW? Wie wäre es, wenn ich da nur das „A“ und das „W“ weglasse?

Gruß,

Michael Moore

P.S. Ich gebe gerne noch mit, was der Republikaner Alan Grayson heute schrieb:

Hier steht, was Robert Kennedy am Tag der Arbeit vor 42 Jahren sagen mußte:

„Zu oft und zu lange scheinen wir unseren Gemeinschaftssinn und unsere gemeinsamen Werte für die reine Anhäufung von materiellen Dingen aufgegeben zu haben. Unser Brutto-Inlands-Produkt ... wenn wir Amerika danach beurteilen sollten ... dann zählt da die Luftverschmutzung und die Zigarettenreklame, und die Rettungswagen zur Säuberung unserer Autobahnen von dem Gemetzel.

Es zählen die speziellen Schlösser für unsere Türen und die Gefängnisse für jene, die sie aufbrechen. Es zählt die Zerstörung unserer roten Wälder und der Verlust unserer Naturwunder in dem chaotischen Wildwuchs. Es zählt das Napalm und der Kostenbetrag für einen nuklearen Sprengkopf, und die gepanzerten Fahrzeuge für die Polizei, die die Unruhen auf unseren Straßen bekämpft. Es zählt Whitmans Gewehr und Specks Messer und die Fernsehprogramme, die die Gewalt verherrlichen, um Spielzeug an unsere Kinder zu verkaufen.

Doch das Brutto-Inlands-Produkt läßt nicht die Gesundheit unserer Kinder, die Qualität ihrer Bildung, oder die Freude an ihrem Spiel zu. Es erfaßt nicht die Schönheit unserer Dichtung oder die Stärke unserer ehelichen Gemeinschaften, die Intelligenz unserer öffentlichen Aussprache oder die Integrität unserer Amtsträger. Es mißt weder unseren Verstand noch unseren Mut., weder unsere Weisheit noch unser Lernen, weder unsere Mitgefühl noch unsere Hingabe gegenüber unserem Land. Es mißt alles, kurz gesagt, außer jenem, was das Leben menschenwürdig macht. Und es sagt uns alles über Amerika, außer, warum wir stolz sind, daß wir Amerikaner sind.“

Als Robert Kennedy diese Worte sagte, betrug die Arbeitslosenrate in Amerika 3,7%. Heute ist sie fast dreimal so hoch. Viel zuviele unserer arbeitenden Brüder und Schwestern haben keine Arbeit, dies dank mehr als einem Jahrzehnt der Mißwirtschaft. 10% von uns sind arbeitslos. Und die anderen 90% schuften wie die Hunde, nur um zu vermeiden, zu den Arbeitslosen noch hinzuzukommen. Was genau das ist, was die Bosse wollen.

Aber das muß nicht so sein. Ich freue mich auf einen Tag der Arbeit, an welchem jeder Arbeiter einen Arbeitsplatz hat, jeder Arbeiter eine Rente hat, jeder Arbeiter bezahlten Urlaub hat, und jeder Arbeiter eine Krankenversicherung hat, um sein Leben zu genießen.

Unsere republikanischen Gegenspieler nennen das Frankreich. Ich nenne es Amerika, und zwar ein Amerika, welches die Nummer Eins ist.

Nicht Nr. 1 in verschwendeten Militärausgaben.

Nicht Nr. 1 bei der Zahl besetzter Länder in Übersee.

Sondern:

Nummer Eins bei Arbeitsplätzen.

Nummer Eins beim Gesundheitswesen.

Nummer Eins beim Bildungswesen.

Nummer Eins beim Glück.

Wie einst Robert Kennedy sagte: „Ich träume von Dingen, die es nie gab. Und ich frage, 'warum nicht?'„

Warum nicht? Laßt uns das machen.

Und alle von uns, die Amerikaner sind, einschließlich derer, die heute arbeitslos, obdachlos, krank und notleidend sind, - wir alle können dann sagen: „Ich bin stolz darauf, ein Amerikaner zu sein.“

Quelle:
http://www.michaelmoore.com

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen