Mittwoch, 29. September 2010

DIE LINKE ist Lobby für Erwerbslose und Niedrigverdiener

20. September 2010, Katja Kipping


Statement von Katja Kipping, stellvertretende Vorsitzende der Partei DIE LINKE, auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus:

"Guten Tag, dieses Wochenende war ein gutes Wochenende für DIE LINKE. In Potsdam haben Bürgermeisterwahlen stattgefunden und unser Genosse Hans-Jürgen Scharfenberg hat es dort mit einem guten Ergebnis von 33,1% in die Stichwahl geschafft. Das ist jetzt nach Felicitas Weck auf Helgoland schon die zweite LINKE-Bürgermeisterkandidatin in kürzester Zeit, die es in eine Stichwahl geschafft hat, und wir wünschen natürlich dem Genossen Scharfenberg einen starken Stimmenzuwachs in der Stichwahl.

Außerdem hat an diesem Wochenende die Antiatomdemo stattgefunden. Mehr als 100.000 Teilnehmer haben deutlich gemacht, zum einen, dass sie sagen, wer weiter auf diese Technologie setzt, der spielt russisches Roulette mit der Gesundheit der gesamten Bevölkerung. Mehr als 100.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben zweitens deutlich gemacht, dass, was hier passiert, nicht nur eine ökologische Katastrophe ist, sondern auch Ausdruck einer Krise der Demokratie. Ganz offensichtlich hat die Atomlobby mehr zu sagen, als die Mehrheit der Bevölkerung in diesem Land. Es wird ganz offensichtlich: Für die schwarz-gelbe Bundesregierung ist sozusagen der Lobbyismus das Grundprinzip ihres Handelns. Wir werden den Protest natürlich ganz deutlich unterstützen. Es war sehr auffällig, dass der Protest gegen diesen Kompromiss im Sinne der Atomlobby ein sehr junges Gesicht hatte, das es also ein Thema ist, was vor allem junge Menschen wieder mit Politik in Verbindung bringt. Ich denke, sie fürchten zu Recht um ihre Zukunft.

Heute hat die Sozialministerin, Frau von der Leyen, ihre ersten Vorstellungen für die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze vorgestellt. Nach allem, was uns bisher bekannt ist, können wir ganz klar sagen, das Nachbohren unsererseits in den letzten Wochen und Monaten hat Schlimmeres erst einmal verhindert. Nachdem es im Ministerium bereits die klare interne Ansage gab, man müsse solange rechnen, bis der Satz unter 400 Euro liegt, man müsse jetzt auch nicht mehr die bisher übliche Referenzgruppe nehmen, nämlich die ärmsten 20% der Haushalte, sondern die ärmsten 15% oder die ärmsten 10% als Rechnungsgrundlage nehmen, hat das Öffentlichmachen dieser Geheimvorhaben unsererseits dazu geführt, dass doch etwas Bewegung im Ministerium eingekehrte. Heute gibt es zumindest die Verlautbarung, dass man nun doch die ärmsten 20% der Haushalte als Grundlage nimmt. Wir werden aber natürlich an diesem Thema dranbleiben müssen, denn der bisherige Zeitplan der Bundesregierung sieht ganz klar vor, dass dieser Gesetzentwurf im Bundestag in einer – quasi - Nacht-und-Nebelaktion durchgedrückt werden soll, also bereits zwei Nächte nach der Anhörung im Ausschuss. Wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, sollte es dann bereits abschließend behandelt werden. Das ist natürlich ein Zeitplan, bei dem es kritische Stimmen aus der Öffentlichkeit ganz ganz schwer haben, sich Gehör zu verschaffen. Ich, als Ausschussvorsitzende dieses Ausschusses, werde natürlich einen solchen demokratiefeindlichen Zeitplan nicht durchgehen lassen können. Wir werden an diesem Thema dranbleiben, wenn wir in der nächsten Woche genauere Zahlen haben. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Erwerbslosen und die Niedriglöhner auch wirklich eine Lobby im Bundestag haben.

Zum Thema Gesundheitsreform: Die Vorschläge, die hier auf den Tisch kommen, tragen ganz klar die Handschrift der Möwenpick-Partei, der FDP, Rösler begründet den Anstieg der Krankenversicherungsbeiträge mit der sogenannten demographischen Entwicklung und meint, dass man ja über die entsprechenden Tarifverhandlungen dann die Kostensteigerungen abdämpfen kann. Im Klartext bedeutet das Vorhaben von Rösler eines: Die Versicherten werden in Zukunft die Kostensteigerungen alleine zu tragen haben. Das ist ein vollkommen falscher Weg. Hier geht es nur darum, die Konzerne und Unternehmen zu entlasten. Wir als LINKE setzen diesem Modell von Schwarz-Gelb ein anderes Modell entgegen. Wir wollen eine solidarische Erwerbstätigenversicherung für alle.

Zu den Bonuszahlungen bei der HRE muss man festhalten, dass quasi einen Tag bevor ein weiterer Zuschuss in Höhe von 40 Milliarden Euro beschlossen worden ist, noch einmal kräftig Bonuszahlungen ausgeschüttet worden sind. Konkret ging es um Bonuszahlungen in Höhe von 25 Millionen Euro – nur einen Tag davor. Das muss man sich einfach einmal vorstellen. Dies ist ein ganz klares Zeichen dafür, dass hier die Verantwortlichen bei der HRE jeglichen Sinn zur Realität verloren haben. Für uns ist das so ein Missverhältnis, auf der einen Seite zu Lasten des Steuerzahlers einen gewissen Sicherheitsfond zu nutzen und im Gegenzug auch noch großartig Boni auszuschöpfen. Hier zeigt sich auch, dass alle bisherigen vagen Vorhaben, die Bonuszahlungen einzugrenzen, eben mit Nichten greifen. Deswegen sagen wir als LINKE: Was es wirklich braucht, ist ein grundlegendes Verbot der Bonuszahlungen, und es braucht auf jeden Fall eine gründliche Aufklärung im Bundestag über diese Vorgänge.

Zudem haben an diesem Wochenende Regionalkonferenzen der LINKEN zur Programmdebatte stattgefunden. Was man dazu festhalten kann, ist: Sobald es um programmatische, um inhaltliche Fragen geht, auf einmal ein ganz anderer Geist eingezogen ist. Es gab eine produktive, gute und offene Atmosphäre. Es ist über verschiedene Fragen diskutiert worden. Von verschiedenen Seiten ist angemerkt worden, dass das Programm noch einer deutlich feministischeren Auffrischung bedarf. Es ist über verschiedene Formen des Eigentums diskutiert worden, über Fragen, wie soll soziale Sicherung ausgestaltet werden. Das war ein guter Auftakt für die Programmdebatte. Das macht Lust auf eine weitere streitbare Programmdebatte."

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